T 0180/00 (Datenträger/GIESECKE & DEVRIENT) of 28.1.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T018000.20040128
Datum der Entscheidung: 28 Januar 2004
Aktenzeichen: T 0180/00
Anmeldenummer: 91121612.5
IPC-Klasse: G06K 19/077
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 26 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Datenträger mit integriertem Schaltkreis
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: GEMPLUS
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent 0 493 738 zurückzuweisen. Im Einspruchsverfahren wurde unter anderem vorgetragen, dass der beanspruchte Gegenstand durch den aus den Schriften

D2': US-A-4 897 534 und

D6: EP-A-0 299 530

bekannten Stand der Technik nahe gelegt sei.

Das Streitpatent weist vier unabhängige Ansprüche auf: die Vorrichtungsansprüche 1 und 5, wobei Anspruch 5 den am breitesten gefassten Vorrichtungsanspruch darstellt, und die Verfahrensansprüche 7 und 11.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt in ihrer Beschwerdebegründung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf den Umfang der Ansprüche 4 und 6 bis 11 einzuschränken, weil der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 und 5. in Hinblick auf die Kombination von D2' mit D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sollte die Beschwerde aber erfolgreich sein, bittet sie um Gelegenheit, die Unterlagen an die nicht angegriffenen Ansprüche anzupassen. Sie hat ferner einen Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

IV. Die angegriffenen unabhängigen Ansprüche 1 und 5 lauten wie folgt:

"1. Datenträger, bestehend aus einem Kartenkörper (1) mit einer Aussparung, in der ein Trägerelement angeordnet ist, welches aus einem Substrat (8) besteht mit einer ersten Seite mit mehreren Kontaktflächen (9) und mit einer der ersten gegenüberliegenden zweiten Seite mit einem IC Baustein (5), dessen Anschlußpunkte Aber elektrische Leiter (14) mit den Kontaktflächen verbunden sind, wobei wenigstens der IC-Baustein von einer Gußmasse (10) umgeben ist und die zweite Seite des Trägerelements mit Hilfe einer thermoaktivierbaren Klebeschicht (7) mit dem Kartenkörper verbunden ist, wobei die thermoaktivierbare Klebeschicht mit einer Öffnung (19) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung derart bemessen und zum Trägerelement positioniert ist, daß sie die Gußmasse zumindest in den Randbereichen, teilweise überdeckt."

"5. Trägerelement für einen IC Baustein, bestehend aus einem Substrat (8) mit einer ersten Seite mit mehreren Kontaktflächen (9) und mit einer der ersten gegenüberliegenden zweiten Seite mit einem IC Baustein (5), dessen Anschlußpunkte über elektrische Leiter (14) mit den Kontaktflächen verbunden sind, wobei wenigstens der IC-Baustein von einer Gußmasse (10) umgeben ist und die zweite Seite des Trägerelements eine thermoaktivierbare Klebeschicht (7) aufweist, wobei die Klebeschicht mit einer Öffnung (19) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Öffnung derart bemessen und zur Gußmasse positioniert ist, daß sie diese zumindest in den Randbereichen, teilweise überdeckt."

V. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 17. Februar 2003 dargelegt, dass nach ihrer vorläufigen Meinung der Gegenstand des Anspruchs 5 und somit auch der des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

VI. Mit Schreiben vom 13. Juni 2003 teilte die Beschwerdegegnerin mit, dass sie die vorläufige Meinung der Kammer teile und nicht beabsichtige, weiter auf den Bescheid zu antworten.

VII. Die Beschwerdeführerin hat sich zu dem Bescheid nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

1. Technischer Hintergrund

Das Patent betrifft laut Beschreibungseinleitung Datenträger mit integriertem Schaltkreis, die beispielsweise als Identifikations-, Kredit- oder Buchungskarten eingesetzt werden können. Bei der Herstellung der Karten wird ein sogenanntes Trägerelement in eine entsprechend angepasste Aussparung des Kartenkörpers eingeklebt. Das Trägerelement besteht aus einem Substrat, auf dem ein oder mehrere integrierte Schaltkreise montiert und mit Leiterbahnen verbunden sind. Die integrierten Schaltkreise und Leiterbahnen sind von einer Gussmasse umgeben (Spalte 1, Zeilen 7 bis 24). Zur Verklebung wird herkömmlicherweise ein Heißklebefilm vorab in die Aussparung eingesetzt, um später unter Anwendung von Wärme und Druck das Trägerelement mit dem Kartenkörper zu verbinden (Spalte 2, Zeilen 1 bis 22).

Es stellt sich dabei das Problem, dass wegen der Toleranzen in den Abmaßen des Klebefilms und des Trägerelements nicht die gesamte zur Verfügung stehende Klebefläche genutzt wird, was zu einer geringeren Festigkeit in der Verbindung zwischen Trägerelement und Karte führt. Die Erfindung zielt auf eine verbesserte Verklebung des Trägerelementes im Datenträger ab bei gleichzeitig gutem Schutz des IC-Bausteins gegen mechanische Belastungen (vgl. Spalte 2, Zeilen 42 bis 47 des Streitpatents), indem der Klebefilm mit einer Öffnung versehen ist, die derart bemessen und zum Trägerelement bzw. zur Gussmasse positioniert ist, dass sie die Gussmasse zumindest in den Randbereichen teilweise überdeckt (siehe erteilte Ansprüche 1 und 5).

2. Neuheit

2.1. D2' zeigt in Figur 10 (vgl. auch Spalte 5, Zeile 47 bis Spalte 6, Zeile 17) ein Trägerelement für einen IC Baustein (3), bestehend aus einem Substrat (10) mit einer ersten Seite mit mehreren Kontaktflächen (2) und mit einer der ersten gegenüberliegenden zweiten Seite mit einem IC Baustein (3), dessen Anschlusspunkte über elektrische Leiter (4) mit den Kontaktflächen verbunden sind, wobei die zweite Seite des Trägerelements eine thermoaktivierbare Klebeschicht ("melt adhesive film") aufweist (vgl. Spalte 3, Zeilen 39 bis 41; Figur 2).

Der Gegenstand des Anspruchs 5 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik durch die folgenden Merkmale:

i. Der IC-Baustein ist von einer Gussmasse umgeben. Aus D2' (Spalte 5, Zeilen 61 bis 65) geht nämlich hervor, dass lediglich die in den Figuren 9 und 10 gezeigten Vertiefungen 40 mit Harz ausgefüllt sind.

ii. Die Klebeschicht ist mit einer Öffnung versehen, die derart bemessen und zur Gussmasse positioniert ist, dass sie diese zumindest in den Randbereichen teilweise überdeckt.

2.2. D6 zeigt in den Figuren 3 und 4 ein Trägerelement bestehend aus einem Substrat (8) mit einer ersten Seite mit mehreren Kontaktflächen (9) und mit einer der ersten gegenüberliegenden zweiten Seite mit einem IC Baustein (5), dessen Anschlusspunkte über elektrische Leiter mit den Kontaktflächen verbunden sind, wobei wenigstens der IC-Baustein von einer Gussmasse (10) umgeben ist und die zweite Seite des Trägerelements eine thermoaktivierbare Klebeschicht (7) aufweist, wobei die Klebeschicht mit einer Öffnung (16) versehen ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 5 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik dadurch, dass die Öffnung derart bemessen und zur Gussmasse positioniert ist, dass sie diese zumindest in den Randbereichen teilweise überdeckt.

2.3. Der Gegenstand des Anspruchs 5 und somit auch der des Anspruchs 1 ist deshalb neu, Artikel 52 (1) und 54 (1,2) EPÜ. Die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes ist im Beschwerdeverfahren auch nicht bestritten worden.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass der Gegenstand des Anspruchs 5 in Hinblick auf die Kombination von D2' mit D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. In der angefochtenen Entscheidung (Entscheidungsgründe, Punkt 12.1) wurde D6 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Beschwerdeführerin ist in der Beschwerdebegründung jedoch von D2' ausgegangen (Abschnitt II). Die Kammer wird deshalb bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von sowohl D2' als auch D6 ausgehen.

3.2. Von D2' ausgehend

Die Parteien sind sich einig, dass es am Prioritätstag üblich war, einen IC-Baustein mit einer Gussmasse zu umgeben (obiges Unterschiedsmerkmal "i"). Sie haben jedoch unterschiedliche Auffassungen dazu, ob das obige Unterschiedsmerkmal "ii" naheliegend ist.

Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass der von D2' ausgehende Fachmann, der sich die im Streitpatent (vgl. Spalte 3, Zeilen 17 bis 27) beabsichtigte Verbesserung des mechanischen Schutzes zum Ziele setze, das in D6 erwähnte Abschleif-Verfahren (vgl. Spalte 2, Zeilen 29 bis 33) anwenden und somit ohne erfinderisches Zutun zu der im Unterscheidungsmerkmal "ii" angegebenen Anordnung gelangen würde.

Die Kammer ist jedoch nicht überzeugt, dass der Fachmann, der die Lehre der D6 auf die D2' anwendet, einen Überschuss an Gussmasse abschleifen würde, weil diese Maßnahme in D6 lediglich als Stand der Technik erwähnt wird. In D6 versucht man vielmehr, das Abschleifen der Gussmasse zu vermeiden, indem man mit einer ringförmigen Klebeschicht die Ausbreitung der Gussmasse begrenzt; vgl. Figur 3 und Spalte 3, Zeilen 9 bis 34. Aber selbst wenn der Fachmann das aus D6 bekannte Abschleif-Verfahren auf D2' anwenden würde, ist es nicht unbedingt naheliegend, einen Überschuss an Gussmasse erst abzuschleifen, nachdem die Gussmasse mit einer Klebeschicht überzogen worden ist. Erstens lehrt D6, den Überschuss an Gussmasse direkt nach deren Aushärten abzuschleifen, also ohne Zwischenschritte. Zweitens erscheint es wenig realistisch, die erfindungsgemäß vorgesehene Öffnung durch ein partielles Abschleifen der Schmelzkleberfolie erreichen zu wollen (vgl. die Beschwerdeerwiderung, Punkt 3.6), da hierbei offensichtlich die Gefahr bestünde, dass ein Schleifvorgang die Klebeschicht beschädigen könnte.

3.3. Von D6 ausgehend

Mit D6 als Ausgangspunkt liegt die technische Aufgabe darin, die Verklebung des Trägerelements mit dem Kartenkörper zu verbessern.

Während diese Aufgabe als naheliegend angesehen werden könnte, ist für die Kammer nicht erkennbar, dass die vorgeschlagene Lösung, die Öffnung derart zu bemessen und zur Gussmasse zu positionieren, dass sie diese zumindest in den Randbereichen teilweise überdeckt, aus D2' bekannt oder nahe gelegt ist.

Im Einspruchsverfahren wurde seitens der Einsprechenden behauptet, dass die Kleberschicht beim Einkleben des Trägerelements in den Kartenkörper zwangsläufig verfließt, so dass sich die kennzeichnenden Merkmale automatisch ergeben würden. Die Einspruchsabteilung ist dieser Argumentation nicht gefolgt, mit der Begründung, dass D6 eine Verfließung nicht erwähnt und dass die Einsprechende keinen Nachweis für diese Behauptung erbracht habe (vgl. Punkt 17 der Entscheidung). Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Argumentation der Einspruchsabteilung abzuweichen.

3.4. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 5 und somit auch der des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruhen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation