T 0166/00 () of 15.1.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T016600.20020115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2002
Aktenzeichen: T 0166/00
Anmeldenummer: 92100244.0
IPC-Klasse: B60T 8/88
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung mit Mitteln zur Fehlerkennung und -Anzeige
Name des Anmelders: WABCO STANDARD GmbH
Name des Einsprechenden: Robert Bosch GmbH
Continental Teves AG & Co. oHG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (verneint)
Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (ja)
Klarheit der Ansprüche (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 16. November 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0 503 225 wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen.

II. Während des Einspruchsverfahrens wurden im wesentlichen folgende Beweismittel genannt:

D1: DE-C-2 612 461 D2: US-A-4 271 402 D3: WO-A-89/04268

Anlage E: VDA Mitteilungen Nr. 14, 30. Oktober 1990, Seite 29.

III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Patentinhaberin am 11. Januar 2000 bei gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und sie begründet.

Die Beschwerdeführerin beantragte in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2002 gemäß Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, hilfsweise mit in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen (Ansprüche 1 bis 18 und Beschreibung). Die Beschwerdegegnerinnen beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:

"Einrichtung mit Mitteln zur Fehler-Erkennung und -Anzeige für Komponenten und/oder Funktionen eines Gerätes mit folgenden Merkmalen:

a) es ist eine Prüfeinrichtung (52) vorgesehen, die dazu dient, das Gerät mittels vorbestimmter erster Fehlerprüfungen auf Fehler erster Art hin zu überprüfen, die während eines ersten Betriebszustandes des Gerätes auftreten und festgestellt werden können;

b) die Prüfeinrichtung (52) dient weiter dazu, das Gerät mittels vorbestimmter zweiter Fehlerprüfungen auf Fehler zweiter Art hin zu überprüfen, die während eines zweiten Betriebszustandes des Gerätes auftreten und festgestellt werden können;

c) es ist eine Anzeigeeinrichtung (18) zur Anzeige der Prüfergebnisse der Prüfeinrichtung (52) vorgesehen;

d) es ist eine Einschalt-Steuereinrichtung (22) zur Erzeugung von Einschaltsignalen für die Prüfeinrichtung (52) und die Anzeigeeinrichtung (18) vorgesehen;

e) die mittels eines Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Anzeigeeinrichtung (18) ist so an die mittels eines Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Prüfeinrichtung (52) angeschlossen, daß sie im Normalbetrieb nach der Beendigung des ersten vollständigen wenigstens die ersten Fehlerprüfungen enthaltenden Prüfzyklus der Prüfeinrichtung (52) ausschaltbar ist, wenn kein Fehler erster Art festgestellt wurde;

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

f) es ist ein löschbarer nicht-flüchtiger Fehlerspeicher (47) zur Speicherung wenigstens der Fehler zweiter Art vorgesehen;

g) abweichend von dem Normalbetrieb kann die mittels des Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Anzeigeeinrichtung (18) beim Vorliegen wenigstens eines Fehlers zweiter Art im Fehlerspeicher (47) erst nach Beendigung des ersten nach Erreichen des zweiten Betriebszustandes des Gerätes ablaufenden und wenigstens die zweiten Fehlerprüfungen enthaltenden Prüfzyklus der Prüfeinrichtung (52) ausgeschaltet werden, wenn kein Fehler festgestellt wurde."

Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet:

"Einrichtung mit Mitteln zur Fehler-Erkennung und -Anzeige für Komponenten und/oder Funktionen in einem Fahrzeug mit folgenden Merkmalen:

a) es ist eine Prüfeinrichtung (52) vorgesehen, die dazu dient, das Fahrzeug mittels vorbestimmter erster Fehlerprüfungen auf Fehler erster Art hin zu überprüfen, die während eines ersten Betriebszustandes des Fahrzeuges auftreten und festgestellt werden können;

b) die Prüfeinrichtung (52) dient weiter dazu, das Fahrzeug mittels vorbestimmter zweiter Fehlerprüfungen auf Fehler zweiter Art hin zu überprüfen, die während eines zweiten Betriebszustandes des Fahrzeuges auftreten und festgestellt werden können;

c) es ist eine Anzeigeeinrichtung (18) zur Anzeige der Prüfergebnisse der Prüfeinrichtung (52) vorgesehen;

d) es ist eine Einschalt-Steuereinrichtung (22) zur Erzeugung von Einschaltsignalen für die Prüfeinrichtung (52) und die Anzeigeeinrichtung (18) vorgesehen;

e) die mittels eines Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Anzeigeeinrichtung (18) ist so an die mittels eines Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Prüfeinrichtung (52) angeschlossen, daß sie im Normalbetrieb nach der Beendigung des ersten vollständigen wenigstens die ersten Fehlerprüfungen enthaltenden Prüfzyklus der Prüfeinrichtung (52) ausschaltbar ist, wenn kein Fehler erster Art festgestellt wurde;

gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

f) es ist ein löschbarer nicht-flüchtiger Fehlerspeicher (47) zur Speicherung wenigstens der Fehler zweiter Art vorgesehen;

g) abweichend von dem Normalbetrieb kann die mittels des Einschaltsignals der Einschalt-Steuereinrichtung (22) eingeschaltete Anzeigeeinrichtung (18) beim Vorliegen wenigstens eines Fehlers zweiter Art im Fehlerspeicher (47) erst nach Beendigung des ersten nach Erreichen des zweiten Betriebszustandes des Fahrzeuges ablaufenden und wenigstens die zweiten Fehlerprüfungen enthaltenden Prüfzyklus der Prüfeinrichtung (52) ausgeschaltet werden, wenn kein Fehler festgestellt wurde;

h) als zweiter Betriebszustand gilt der Zustand des Fahrzeugs, in dem sich das Fahrzeug befindet, wenn es schneller als mit einer vorgegebenen Mindestgeschwindigkeit fährt;

i) es ist ein löschbarer nicht-flüchtiger Mindestgeschwindigkeits-Speicher (5) vorgesehen, der nach dem Erreichen der vorgegebenen Mindestgeschwindigkeit gesetzt wird;

k) abweichend von dem Normalbetrieb wird die mit oder unmittelbar nach dem Einschalten der Antriebseinrichtung des Fahrzeugs eingeschaltete Anzeigeeinrichtung (18) bei gelöschtem Mindestgeschwindigkeits-Speicher (5) erst nach der Beendigung eines nach Erreichen der vorgegebenen Mindestgeschwindigkeit des Fahrzeuges ablaufenden Prüfzyklus der Prüfeinrichtung (52) ausgeschaltet, wenn kein Fehler festgestellt wird."

Die Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag enthalten neben dem Anspruch 1 abhängige Ansprüche 2 bis 16, die bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstands des Anspruchs 1 betreffen, und Ansprüche 17 und 18, die ein "Verfahren zur Anwendung einer Einrichtung" gemäß einem der Vorrichtungsansprüche betreffen.

V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheide sich von der Offenbarung der Anlage E im wesentlichen durch das Merkmal g). Gemäß Anspruch 1 werde die Warnlampe nach einer negativen Überprüfung im ersten Betriebszustand ausgeschaltet. Beim Vorliegen eines Fehlers zweiter Art im Fehlerspeicher bleibe die Warnlampe jedoch bis zur erfolgten Überprüfung der Anlage im zweiten Betriebszustand eingeschaltet. Werde bei der Überprüfung der Anlage im zweiten Betriebszustand kein Fehler zweiter Art festgestellt, werde die Warnlampe trotz des Vorliegens eines Fehlers im Fehlerspeicher gelöscht. Die gegenüber dem Normalfall, bei dem kein Fehler gespeichert sei, verlängerte Brenndauer der Warnlampe weise den Benutzer darauf hin, daß eine Inspektion der Anlage ratsam sei.

Die Anlage E offenbare zwei voneinander unabhängige Sequenzen für das Aufleuchten der Warnlampe bei einem Antiblockierregelsystem. Es sei die Überprüfung der Bremsanlage auf Fehler lediglich einer Art, nämlich in der Sensor-Funktion ausdrücklich erwähnt. Weiterhin gehe es dort lediglich um das Einschalten der Warnlampe bei Beginn der Überprüfung und das Erlöschen der Warnlampe, wenn kein Fehler festgestellt wird. Das Systemverhalten beim Vorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher, insbesondere nach der Überprüfung der Sensor-Funktion bei niedriger Geschwindigkeit, sei offen.

Mittels der zusätzlichen Merkmale gemäß dem Hilfsantrag werde es ermöglicht, daß die Einrichtung zwischen einem Fehlerspeicher, der wegen des Nichtauftretens eines Fehlers zweiter Art leer ist, und einem aus anderen Gründen entleerten oder neuen Fehlerspeicher unterscheiden könne. Ein Mindestgeschwindigkeits-Speicher sei aus dem genannten Stand der Technik nicht bekannt. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag sei auch klar, weil es aus der Beschreibung und den Ansprüchen 10, 11 deutlich hervorgehe, unter welchen Umständen der Mindestgeschwindigkeits-Speicher löschbar sei.

VI Das Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Anlage E offenbare die Merkmale a) bis e) des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag. Insbesondere sei eine Überprüfung auf Fehler zweier Arten offenbart, indem eine Überprüfung der Anlage "inklusive der Sensor-Funktion" erwähnt werde. Die Anlage E sei an den Fachmann gerichtet und es sei für ihn eine Selbstverständlichkeit, daß gemäß der ersten Sequenz die Warnlampe erlischt, wenn bei der Überprüfung der Sensor-Funktion bei niedriger Geschwindigkeit kein Fehler feststellbar sei. Gemäß der zweiten Sequenz sei es sogar ausdrücklich angegeben, daß die Warnlampe erlischt, wenn bei der Überprüfung der Sensor-Funktion bei niedriger Geschwindigkeit kein Fehler festgestellt wird. Es sei bei Sensoren allgemein bekannt, daß "einmalige Fehler" auftreten können und daß, wenn diese nicht mehr auftreten, die entsprechende Warnung selbstverständlich ausgeschaltet werde.

Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag sei unklar, weil es offen bleibe, wie und wann der Mindestgeschwindigkeits-Speicher gelöscht werde. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit sei es bei der Umsetzung der Lehre gemäß Anlage E notwendig zu wissen, ob die Mindestgeschwindigkeit erreicht wurde. Ein Mindestgeschwindigkeits-Speicher an sich sei wohl bekannt, z. B. offenbare D1 ein bistabiles Glied und "Tag setting" finde in der Elektronik überall statt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Anlage E ist ein Auszug aus einem Bericht des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA) über eine Sitzung einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Zulässigkeit von Fehlerwarnungen in einem Antiblockierregelsystem im Rahmen einer Konstruktions-Regelung befaßt hat. Nach Auffassung der Kammer gilt die Anlage E als Stand der Technik. Weil die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung die Offenkundigkeit der Anlage E nicht bestritten hat, bedarf es keiner weiteren Erörterung dieser Frage.

3. Die Parteien sind mit der Kammer darin einig, daß der nächstliegende Stand der Technik durch die Anlage E gebildet wird. Unter Abschnitt 9 (c) der Anlage E werden zwei zulässige Sequenzen für das Aufleuchten der Warnlampe erörtert, die von der Industrie gewünscht wurden. Beiden Sequenzen gemeinsam ist, daß:

- die Warnlampe beim Aktivieren der Starteinrichtung aufleuchtet und die Anlage "inklusive der Sensor-Funktion über eine Memory-Schaltung" überprüft wird;

- die Warnlampe erlischt, wenn kein Fehler festgestellt wird.

3.1. Es ist allgemein bekannt, daß bei einem mit einem Antiblockierregelsystem ausgestatteten Fahrzeug bei der Aktivierung der Starteinrichtung, z. B. beim Drehen des Zündschlüssels, eine Überprüfung bestimmter Komponenten des Systems schon im Stillstand des Fahrzeugs stattfindet. Der Hinweis in der Anlage E, daß eine Überprüfung der Sensor-Funktion in der beim Aktivieren der Starteinrichtung stattfindenden Überprüfung "inklusive" ist, lehrt dem Fachmann daher, daß hierbei eine Überprüfung auf Fehler sowohl erster Art (Fehler, die gewöhnlich im Stillstand überprüft werden) als auch zweiter Art (Fehler in der Sensor-Funktion) stattfindet.

3.2. Gemäß beiden in der Anlage E erwähnten Sequenzen wird beim Nichtvorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher die Warnlampe gelöscht. Der Umkehrschluß ist, daß beim Vorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher, die Warnlampe eingeschaltet bleibt. Die weitere Funktion der Warneinrichtung gemäß beiden Sequenzen beim Vorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher ist jedoch nicht ausdrücklich angegeben.

3.2.1. Gemäß der ersten Sequenz wird angegeben, daß die Sensor-Funktion bei niedriger Geschwindigkeit überprüft wird. Hierdurch ist eine aktuellere Indikation der Funktionstauglichkeit der Sensoren erreichbar als bei der Überprüfung mittels des Fehlerspeichers. Nach Auffassung der Kammer geht es für den Fachmann aus der Anlage E daher hervor, daß die Überprüfung der Sensor-Funktion bei niedriger Geschwindigkeit der Überprüfung des Inhalts des Fehlerspeichers übergeordnet ist. Dies bedeutet aber für den Fachmann, daß bei wegen des Vorliegens eines Fehlers im Fehlerspeicher eingeschalteter Warnlampe die Warnlampe wieder ausgeschaltet wird, falls bei der Überprüfung bei niedriger Geschwindigkeit kein Fehler festgestellt wird. Andernfalls würde hierbei die Überprüfung zu keinem unterscheidbaren Ergebnis bezüglich des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens eines Fehlers führen.

3.2.2. Die zweite Sequenz unterscheidet sich von der ersten, indem die Warnlampe kurz nach dem Erlöschen bei Nichtvorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher wieder eingeschaltet wird. Wird bei der Überprüfung bei niedriger Geschwindigkeit kein Fehler festgestellt, dann wird die Warnlampe wieder ausgeschaltet. Weil, wie bei der ersten Sequenz, davon auszugehen ist, daß gemäß der zweiten Sequenz die Überprüfung bei niedriger Geschwindigkeit der Überprüfung des Inhalts des Fehlerspeichers übergeordnet ist, muß die wegen des Vorliegens eines Fehlers im Fehlerspeicher immer noch brennende Warnlampe bei negativer Überprüfung bei niedriger Geschwindigkeit wieder ausgeschaltet werden.

3.2.3. Die Funktionweisen beider der in der Anlage E erwähnten ersten und zweiten Sequenzen stimmen somit mit dem Gegenstand des Merkmals g) des geltenden Anspruchs 1 überein.

3.3. Somit sind folgende Merkmale des geltenden Anspruchs 1 aus der Anlage E bekannt:

(a) - die gewöhnlich im Stillstand stattfindende Überprüfung der Funktion (Fehler erster Art) durch eine Prüfeinrichtung (siehe Abschnitt 3.1 oben);

(b) - die Überprüfung der Sensor-Funktion (Fehler zweiter Art);

(c) - die Anzeigeeinrichtung wird durch die Warnlampe gebildet;

(d) - die Starteinrichtung dient als Einschalt-Steuereinrichtung für die Anzeigeeinrichtung und auch für die Prüfeinrichtung (mit erfaßt);

(e) - ausdrücklich angegeben;

(f) - es ist mit erfaßt, daß die Memory-Schaltung durch einen nicht-flüchtigen Fehlerspeicher gebildet ist;

(g) - siehe Abschnitt 3.2 oben.

Weil die Offenbarung der Merkmale (b) bis (f) durch die Anlage E von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde, bedürfen sie keiner weiteren Erörterung.

3.4. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung gemäß der Anlage E rein formal dadurch, daß:

- die Überprüfung auf Fehler beider Art durch eine einzige Prüfeinrichtung vorgenommen wird;

- der Fehlerspeicher löschbar ist.

3.4.1. Die unterschiedlichen Merkmale lösen die Aufgabe, bei der Umsetzung der Lehre gemäß der Anlage E die Einrichtung möglichst einfach bzw. kostengünstig herzustellen und zu reparieren. Diese Aufgabe und ihre Lösung gehören zu den üblichen Tätigkeiten bzw. zum allgemeinen Wissen des Fachmanns und bedürfen daher keiner erfinderischen Leistung.

3.5. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

Hilfsantrag

4. Gegenüber dem Hauptantrag wurde der Anspruch 1 dadurch geändert, daß das erwähnte Gerät als ein Fahrzeug spezifiziert wurde und daß die Merkmale h), i), k) hinzugefügt wurden. Die zusätzlichen Merkmale wurden im ursprünglichen Anspruch 8, Merkmal c) und Anspruch 9 offenbart. Die übrigen Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag und die Beschreibung wurden gegenüber der erteilten Fassung im wesentlichen lediglich zur Übereinstimmung mit dem Anspruch 1 geändert. Somit ist Artikel 123 (2), (3) EPÜ nicht verletzt worden, was auch von den Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten wurde.

5. Gemäß dem geltenden Anspruch 1 ist ein löschbarer Mindestgeschwindigkeits-Speicher vorgesehen. Ist er gelöscht, dann kann die Warnlampe erst nach Erreichen der vorgegebenen Mindestgeschwindigkeit des Fahrzeuges ausgeschaltet werden. Der Gegenstand des Anspruchs ist eine Mischung aus Vorrichtungs- und Funktionsmerkmalen, wobei letztere lediglich die Funktion der Einrichtung bei und kurz nach dem Aktivieren der Starteinrichtung betreffen. Demgegenüber ist das Löschen des Mindestgeschwindigkeits-Speichers das Ergebnis von z. B. Wartungsarbeiten (siehe Patentschrift Spalte 8, Zeilen 23 bis 30) und daher zur klaren Definition des Gegenstands des Anspruchs 1 nicht notwendig. Somit wird durch die Änderung im Anspruch 1 Artikel 84 EPÜ nicht verletzt.

6. Es ist von den Beschwerdegegnerinnen unbestritten, daß die Merkmale i), k) aus dem nächstliegenden Stand der Technik gemäß der Anlage E nicht bekannt sind. Gemäß beiden Sequenzen nach Anlage E wird die Warnlampe ausgeschaltet, wenn mit dem Fahrzeug im Stillstand kein Fehler u. a. im Fehlerspeicher festgestellt wird. Wurde aber z. B. wegen einer Reparatur am Fahrzeug der Fehlerspeicher ersetzt oder gelöscht, ist das Nichtvorliegen eines Fehlers im Fehlerspeicher kein Beweis für eine einwandfreie Sensor-Funktion während einer früheren Fahrt. Dieses Problem tritt auf, weil gemäß der Anlage E die Warnanzeige nicht nur durch die Feststellung eines aktuellen Fehlers, sondern auch durch die Speicherung eines früher festgestellten Fehlers eingeschaltet wird. Durch den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 wird daher die Aufgabe gelöst, bei einer Prüfeinrichtung gemäß der Anlage E zu verhindern, daß unter bestimmten Bedingungen ein leerer Fehlerspeicher zu einer Falschanzeige führt.

6.1. Das Problem einer Falschanzeige wegen eines gelöschten Fehlerspeichers wird im genannten Stand der Technik nicht angesprochen. D1 betrifft eine Prüfeinrichtung für ein Antiblockierregelsystem, bei dem die Prüfeinrichtung erst nach dem Erreichen einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit in Betrieb gesetzt wird. Bei Betätigung des Zündschalters wird ein bistabiles Glied gesetzt, um die Warnanzeige einzuschalten. Das bistabile Glied wird erst am Ende des Prüfzyklus rückgesetzt. Dieses bistabile Glied entspricht nicht dem Mindestgeschwindigkeits-Speicher gemäß dem geltenden Anspruch 1, weil es bei jedem Prüfvorgang gesetzt wird und daher nicht durch ein früheres Prüfergebnis beeinflußt wird. D2 betrifft ein diagnostisches System für einen Motor, bei dem aufgetretene Fehler gespeichert werden. Eine Warnlampe wird beim Auftreten eines Fehlers eingeschaltet. Der Speicher dient lediglich zum späteren Lesen seines Inhalts für die Diagnose. D3 betrifft eine Anordnung zur Überwachung der Funktion des Bremslichtschalters eines Fahrzeugs. Zwar wird gemäß D3 ein Fahrspeicher gesetzt, wenn das Fahrzeug eine Mindestgeschwindigkeit erreicht, aber er wird bei praktisch jeder Fahrt gesetzt und wieder gelöscht. Im Gegensatz dazu dient der Mindestgeschwindigkeits-Speicher bei der Einrichtung gemäß dem geltenden Anspruch 1 dazu, das einmalige Erreichen einer Mindestgeschwindigkeit aufzunehmen. Die Gefahr einer Falschanzeige durch frühzeitiges Erlöschen einer Warnlampe besteht bei der Einrichtung gemäß D3 nicht.

6.2. Die Kammer kommt somit zu dem Schluß, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag durch den genannten Stand der Technik nicht nahegelegt wird. Er beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

6.3. Weil die Ansprüche 2 bis 16 sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 enthalten, beruht der Gegenstand dieser Ansprüche ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit. Gleiches gilt auch für die Ansprüche 17, 18, die Verfahren "zur Anwendung einer Einrichtung" nach wenigstens einem der Vorrichtungsansprüche betreffen, weil eine Einrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 eine Voraussetzung zur Ausführung dieser Verfahren ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 18 und Beschreibung, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2002;

- Zeichnung gemäß Streitpatent.

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