T 0160/00 () of 29.5.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:T016000.20010529
Datum der Entscheidung: 29 Mai 2001
Aktenzeichen: T 0160/00
Anmeldenummer: 95101095.8
IPC-Klasse: B65D 51/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Behälter für fließfähige Medien mit Belüftungseinrichtung
Name des Anmelders: SOTRALENTZ S.A.
Name des Einsprechenden: PROTECHNA S.A.
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 669 263 (Anmeldenummer 95 101 095.8).

Patentanspruch 1 lautet:

"Behälter (1) für fließfähige Medien, insbesondere im Wege der Blasformgebung geformter Behälter aus Kunststoff,

- mit einer in bezug auf das fließfähige Medium geschlossenen Belüftungseinrichtung (2) in einer runden Kragenöffnung (3) der Behälterdecke,

- mit einem zylindrischen Zentralkörper (4) mit oberer Zentralkörperkammer (4a) und unterer Zentralkörperkammer (4b) und mit einem Boden (5),

- wobei der Zentralkörper (4) in die Kragenöffnung (3) eingesetzt und unter Zwischenschaltung eines Dichtungsringes (7) mit einem am Zentralkörper (4) angeformten Ringflansch (8) auf den Kragen (9) der Kragenöffnung (3) aufgesetzt ist,

- mit einer Filtersubstanz (10), die in dem Zentralkörper (4) angeordnet ist,

- und mit einem Flachdeckel (13), der mit Bundelementen (14) den Ringflansch (8) des Zentralkörpers (4) umfaßt,

- wobei der zylindrische Zentralkörper (4) eine am Boden (5) des Zentralkörpers (4) befestigte, zum Behälterinnenraum hin über den Boden (5) vorstehende Schutzkappe (11) mit zumindest einem Durchlaß (12) aufweist, und

- wobei der Flachdeckel (13) zwischen den Bundelementen (14) Schlitzräume (15) für die Belüftung besitzt,

dadurch gekennzeichnet, daß

- die untere Zentralkörperkammer (4b) über ein Rückschlagventil (20) mit der oberen Zentralkörperkammer (4a) verbunden ist, und daß

- sich die Filtersubstanz (10) in der oberen Zentralkörperkammer (4a) befindet."

II. Die Beschwerdeführerin legte gegen das erteilte Patent Einspruch ein und beantragte, das Patent wegen fehlender Patentfähigkeit zu widerrufen.

Sie berief sich dabei u. a. auf

D1: EP-A-0 110 046.

III. Mit am 14. Dezember 1999 zur Post gegebener Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 3. Februar 2000 unter Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein.

In der am 10. April 2000 eingereichten Beschwerdebegründung wurde erstmals das Dokument

D5: US-A-3 825 147

genannt.

V. In einem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid teilte die Kammer mit, daß Dokument D5 zwar verspätet genannt sei, jedoch für die Beurteilung der Patentfähigkeit von Bedeutung erscheine und daher im Verfahren zu berücksichtigen sein dürfte.

VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 29. Mai 2001 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und

i) die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag)

ii) hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in beschränktem Umfang auf der Basis des aus den erteilten Patentansprüchen 1 und 5 zusammengesetzten geänderten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag vom 7. Mai 2001.

VII. Zur Begründung ihrer Anträge führte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) im wesentlichen folgendes aus:

Bei dem nächstliegenden Stand der Technik nach D1 befinde sich eine "Entgasungsmembran" in der oberen Zentralkörperkammer, welche durch Lochscheiben begrenzt werde. Diese Entgasungsmembran bilde eine "Filtersubstanz" im Sinne der Erfindung des Streitpatents.

Somit sei festzuhalten, daß aus D1 eine Belüftungseinrichtung hervorgehe, deren Aufbau im wesentlichen dem beanspruchten Gegenstand entspreche, mit Ausnahme des Merkmals, daß die untere Zentralkörperkammer über ein Rückschlagventil mit der oberen Zentralkörperkammer verbunden sei.

Dokument D5 habe eine Be- und Entlüftungseinrichtung für Flüssigkeitsbehälter zum Gegenstand, die einen Zentralkörper mit einer oberen und einer unteren, beim Be- und Entlüften des Flüssigkeitsbehälters von der Luft durchströmten Zentralkörperkammer aufweise. In der oberen Zentralkörperkammer sei eine Filtersubstanz angeordnet und die beiden Zentralkörperkammern seien durch ein als Be- und Entlüftungsventil wirkendes Rückschlagventil verbunden, das die in der oberen Zentralkörperkammer befindliche Filtersubstanz vor der im Behälter befindlichen Flüssigkeit schütze.

Die Behauptung der Beschwerdegegnerin, das erfindungsgemäße Rückschlagventil schließe die Filteröffnung bei Überdruck im Behälter, sei irreführend und stehe im ausdrücklichen Widerspruch zu den Angaben im Streitpatent in Spalte 1, Zeilen 29 bis 30, wonach die Belüftungseinrichtung auch den Druckaufbau verhindere. Bleibe das Rückschlagventil bei Überdruck geschlossen, so könne der Druckaufbau nicht verhindert werden. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß das anspruchsgemäße Rückschlagventil genauso funktioniere, wie das der aus D5 bekannte Ventil.

Daraus folge, daß der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 im Hinblick auf die Kombination des nächstliegenden Standes der Technik nach D1 mit der Lehre des Dokuments D5 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VII. Die Patentinhaberin trat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in allen Punkten entgegen und vertrat die Auffassung, daß der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit - Hauptantrag

Die Neuheit des Gegenstands des erteilten Patentanspruchs 1 ist offensichtlich. Sie wurde weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.

3. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag

3.1. Die Erfindung nach dem Streitpatent betrifft einen Behälter für fließfähige Medien, insbesondere einen im Wege der Blasformgebung geformter Behälter mit einer in bezug auf das fließfähige Medium geschlossenen Belüftungseinrichtung in einer runden Kragenöffnung der Behälterdecke.

Als Stand der Technik wird u. a. in der Streitpatentschrift das Dokument D1 angeführt, das einen "nahezu gattungsgemäßen Behälter" zeigen und beschreiben soll.

Der Behälter gemäß D1 weist einen Zentralkörper mit einem mit zwei Lochscheiben abgedeckten Hohlraum sowie eine Kappe auf (vgl. Figur 1). Zwischen den beiden Lochscheiben ist eine als gasdurchlässige Abdichtung wirkende Entgasungsmembran angeordnet. Der unterhalb der unteren Lochscheibe sich erstreckene Hauptteil des Zentralkörpers bildet einen Hohlraum, der teilweise mit Füllkörpern gefüllt ist, wobei es sich um chemisch inerte Kunststoffkügelchen vorzugsweise aus Polyethylen, insbesondere in Granulatform, handelt.

Die Entgasungsmembran hat die Funktion, das Eindringen von feinteiligen Verunreinigungen oder Wasser in den Behälterinnenraum zu verhindern. Sie wirkt als "gasdurchlässige Abdichtung" und kann mithin als eine "Filtersubstanz" im Sinne der Erfindung angesehen werden. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) wirken die Füllkörper, die sich in der unteren Zentralkörperkammer befinden, in erster Linie nicht als "Filtersubstanz", sondern als "Schwallhemmer" (vgl. Seite 3, Zeilen 19, 20 von D1), damit die als gasdurchlässige Abdichtung wirkende Entgasungsmembran nicht von den im Behälter befindlichen fließfähigen Medien benetzt wird.

Die Patentinhaberin hat es bei diesem bekannten Behälter als nachteilig angesehen, daß die gasdurchlässige Abdichtung vor den im Behälter befindlichen fließfähigen Medien nur bedingt geschützt wird, weil die als Schwallhemmer wirkenden Füllkörper in der unteren Zentralkörperkammer lediglich in loser Packung vorliegen und die obere Zentralkörperkammer, in welcher sich die gasdurchlässige Abdichtung befindet, lediglich von einer Lochscheibe gegen die untere Zentralkörperkammer abgegrenzt ist. Es ist mithin nicht ausgeschlossen, daß die in die untere Zentralkörperkammer eindringende Flüssigkeit durch die Füllkörper und auch die Lochscheibe hindurch in die obere Zentralkörperkammer eindringt und dort die gasdurchlässige Abdichtung benetzt und sie verstopft. Dies gelte insbesondere dann, wenn eine Füllung mit Füllkörpern vorgesehen wird, wie sie in Figur 1 von D1 dargestellt ist, oder wenn der Behälter gekippt wird.

Ausgehend von D1 kann daher - wie im angefochtenen Patent angegeben - die durch die Erfindung zu lösende Aufgabe darin gesehen werden, einen Behälter der im Oberbegriff genannten Art zu schaffen, welcher sicherstellt, daß einerseits feinteilige Schadstoffe oder Wasser nicht mit der Luft in den Behälter eindringen können, andererseits die gasdurchlässige Abdichtung vor den fließfähigen Medien besser geschützt wird.

3.2. Diese Aufgabe wird nach Auffassung der Kammer durch die Belüftungseinrichtung gemäß Patentanspruch 1 gelöst, in welcher die untere Zentralkörperkammer über ein Rückschlagventil mit der oberen Zentralkörperkammer verbunden ist, wobei die als Filtersubstanz ausgebildete gasdurchlässige Abdichtung sich in der oberen Zentralkörperkammer befindet.

Diese Lösung beruht auf dem Gedanken, die Belüftungseinrichtung so zu gestalten, daß einerseits bei Unterdruck im Behälterinnenraum die zu der oberen Zentralkörperkammer führende Filteröffnung freigegeben wird, andererseits bei Überdruck die Filteröffnung verschlossen wird, um die Filtersubstanz vor dem im Behälter befindlichen fließfähigen Medium zu schützen.

Das Argument der Beschwerdeführerin, das Verschließen der Filteröffnung bei Überdruck sei technisch nicht sinnvoll, ist unter dem Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit ohne Bedeutung, sofern die beiden vorstehend erwähnten, der Erfindung zugrundeliegenden Teilaufgaben durch das beanspruchte Rückschlagventil tatsächlich gelöst sind, was hier der Fall ist. Zuerst einmal kann Luft von außen bei Unterdruck und geöffnetem Rückschlagventil in den Behälter eindringen, wobei die in der oberen Zentralkörperkammer untergebrachte Filtersubstanz dafür sorgt, daß "feinteilige Schadstoffe oder Wasser nicht mit der Luft in den Behälter eindringen können", wie in Spalte 2, Zeilen 10, 11 der Streitpatentschrift gefordert. Darüber hinaus sind, wie aus den Figuren 4 und 5 der Streitpatentschrift hervorgeht, die beiden dargestellten Rückschlagventile in der unteren Zentralkörperkammer untergebracht. Durch entstehenden Überdruck im Behälterinnenraum bewegen sie sich aufwärts in Richtung auf den Boden der oberen Zentralkörperkammer zu, legen sich an diesen an und verschließen die Ventilöffnung, die zum Filter führt. Im geschlossenen Zustand können weder Luft von innen noch die in die untere Zentralkörperkammer eindringende Flüssigkeit in die obere Zentralkörperkammer eindringen. Das heißt, daß auch die zweite von der Erfindung angestrebte und erzielte Wirkung, die Filtersubstanz vor dem fließfähigen Medium besser zu schützen, durch das geschlossene Rückschlagventil bei entstehendem Überdruck erreicht ist.

Es ist zwar nicht zu leugnen, daß bei geschlossenem Rückschlagventil Überdruck nicht abgebaut werden kann, was in der Tat den Angaben in der Beschreibungseinleitung in Spalte 1, Zeilen 29 bis 30 widerspricht, wonach die Belüftungseinrichtung auch den Druckaufbau verhindern soll. Jedoch umfaßte, wie die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) ausgeführt hat, die ursprünglich beanspruchte Erfindung auch die Ausführungsform der Figur 2, die kein Rückschlagventil vorsieht, so daß ein Überdruck nicht entstehen kann. Im Erteilungsverfahren wurde die beanspruchte Erfindung auf den Einsatz eines Rückschlagventils beschränkt, ohne daß die strittige Passage geändert oder gestrichen wurde. Dieser Widerspruch resultiert mithin aus einer unvollständigen Anpassung der Beschreibung im Erteilungsverfahren.

3.3. Dokument D5 gibt dem Fachmann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keinen Hinweis, die untere Zentralkörperkammer mit der oberen Zentralkörperkammer über ein Rückschlagventil zu verbinden, das bei Überdruck im Behälterinnenraum die zu der oberen Zentralkörperkammer führende Filteröffnung verschließt, um die dort befindliche Filtersubstanz vor den fließfähigen Medien zu schützen.

Diese Druckschrift betrifft vielmehr eine mit einer Be- und Entlüftungseinrichtung ausgestattete Verschlußkappe für einen Einfüllstutzen eines Kraftstofftanks. Die Verschlußkappe weist eine durch einen Dom gebildete obere Kammer, eine durch das Ventilgehäuse (62) gebildete untere Kammer und einen durch einen Haltering (42) gebildeten Boden auf. In der oberen Kammer ist ein zylindrischer Filter (50) angeordnet.

Die Be- und Entlüftungseinrichtung setzt sich aus einem Überdruck-Ausgleichventil und einem Unterdruck-Ausgleichventil zusammen. Bei Unterdruck im Tankinnenraum öffnet sich das Unterdruck-Ausgleichventil im Bereich des "Ventilsitzes (72)" und der Dichtung (43) (vgl. Figur 5), so daß die Luft von außen über die Luftlöcher (45) und den Filter in den Behälterinnenraum eindringen kann. Bei Überdruck im Tankinnenraum bleibt dieses Ventil geschlossen und es öffnet sich das Überdruckventil (vgl. Figur 6), so daß Luft durch das Ventilgehäuse (62), den Filter und die Luftlöcher (45) ins Freie strömen kann.

Diese beiden Ventile verbinden die obere Kammer und die untere Kammer jeweils direkt mit dem Tankinnenraum. Die Idee, die untere Kammer und die obere Kammer über ein Rückschlagventil zu verbinden, taucht somit nicht auf. Darüber hinaus funktioniert das bei dem erfindungsgemäßen Behälter verwirklichte Rückschlagventil in diametralem Gegensatz zu der nach D5 bekannten Ausführungsform, weil bei letzterer ein sich bei entstehendem Überdruck öffnendes Überdruckventil verwirklicht ist. Dies hat zur Folge, daß bei dieser bekannten Ausführungsform der Filter keinesfalls gegen das fließfähige Medium "Benzin" geschützt wird, wenn in dem Benzinbehälter Überdruck entsteht.

3.4. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht. Er ist daher patentfähig.

4. Die geltenden abhängigen Patentansprüche 2 bis 10 betreffen besondere Ausführungsformen der Erfindung gemäß Patentanspruch 1 und werden von dessen Patentfähigkeit getragen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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