R 0004/21 (Antrag auf Überprüfung) of 19.12.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:R000421.20221219
Datum der Entscheidung: 19 Dezember 2022
Aktenzeichen: R 0004/21
Anmeldenummer: 15770794.4
IPC-Klasse: B25B 5/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: KNIEHEBELSPANNVORRICHTUNG, INSBESONDERE ZUR VERWENDUNG IM KAROSSERIEBAU DER KFZ-INDUSTRIE
Name des Anmelders: Olaf und Andre Tünkers GBR
Name des Einsprechenden: -
Kammer: EBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 112a(2)(c)
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention R 109(2)(a)
Schlagwörter: Antrag auf Überprüfung (offensichtlich unbegründet)
Verstoß gegen Art. 112a (2) c) (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
R 0003/15
R 0008/15
R 0010/18
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Am 15. November 2022 hat die Große Beschwerdekammer die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2023 geladen. Dieser Ladung war eine Mitteilung gemäß Artikel 13 und 14 (2) der Verfahrensordnung der Großen Beschwerdekammer beigefügt, in der Sachverhalt und Verfahren zusammengefasst und die vorläufige und unverbindliche Beurteilung der Angelegenheit dargestellt waren. Der Inhalt der Mitteilung ist nachfolgend wörtlich wiedergegeben.

[Beginn des Texts der Mitteilung vom 15. November 2022]

A. Sachverhalt und Verfahren

Mit Schreiben vom 16. März 2021, eingegangen am 19. März 2021, hat die Anmelderin und Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Beschwerdekammer, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zweier Gesellschafter, die Große Beschwerdekammer (nachfolgend auch: die GBK) gegen die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.07 in der Beschwerdesache T 1577/19 "Wegen erheblicher Verfahrensmängel und Versagung des rechtlichen Gehörs" (Seite 1) angerufen.

In dieser Sache hatte die Anmelderin Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung eingelegt, mit welcher diese die europäische Patentanmeldung Nr. 15 770 794.4 zurückgewiesen hatte. Die Anmelderin hatte im Beschwerdeverfahren u.a. beantragt, ein europäisches Patent gemäß Haupt- und Hilfsanträgen zu erteilen, die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen oder hilfsweise "diesen Fall" der Großen Beschwerdekammer vorzulegen (siehe Nr. III der Sachverhalts der Entscheidung).

Die Entscheidung der Beschwerdekammer wurde in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2020 verkündet, in welcher die Anmelderin - wie angekündigt - nicht vertreten war. Die mit Entscheidungsgründen versehene schriftliche Entscheidung wurde für die Anmelderin am 4. März 2021 zur Post gegeben. Mit der mündlich verkündeten Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Im Tenor der schriftlichen Entscheidung heißt es darüber hinaus, "der Antrag" auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer werde zurückgewiesen.

Die Bezeichnung der Erfindung lautet: Kniehebelspannvorrichtung, insbesondere zur Verwendung im Karosseriebau der Kfz-Industrie.

Die mit ihrem vorgenannten Schreiben vom 16. März 2021 beanstandeten "erheblichen Verfahrensmängel" sowie die beanstandete Versagung des rechtlichen Gehörs werden in dem Schreiben in der Reihenfolge der verschiedenen Erörterungspunkte der Entscheidung im Einzelnen unter Nr. 4a) bis 4j) begründet.

Die Antragstellerin beantragt wörtlich,

1. Den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

2. Die Angelegenheit an die erste Instanz oder eine Beschwerdekammer - in anderer Besetzung - zur Überprüfung der "Neuheit" und der "erfinderischen Tätigkeit" zurückzuverweisen. 3. Im Bedarfsfälle der Anmelderin einen Fragenkatalog zuzustellen, auf den gezielt geantwortet werden kann, falls Fragen offen geblieben sind, die für die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer von Bedeutung erscheinen.

4. Die Akten des Prüfungsverfahrens (erste Instanz) und der Beschwerdekammern beizuziehen.

5. Die Erstattung der Beschwerdegebühr an die Anmelderin und Beschwerdeführende anzuordnen.

B. Vorläufige und unverbindliche Beurteilung

I. Zulässigkeit

1. Die Große Beschwerdekammer legt das Begehren der Anmelderin als Überprüfungsantrag gemäß Artikel 112a EPÜ aus, da das der einzige im EPÜ vorgesehene Rechtsbehelf ist, bei Erfüllung dessen Voraussetzungen dem Antrag auf Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammer stattzugeben wäre.

2. Gemäß Regel 126 (2) EPÜ gilt die am 4. März 2021 zur Post gegebene, mit Gründen versehene Entscheidung als am 14. März 2021 zugestellt. Der Antrag auf Überprüfung gemäß Artikel 112a EPÜ ging am 19. März 2021, die entsprechende Gebühr am 8. April 2021, und damit fristgerecht (Artikel 112a (4) Sätze 2 und 4 EPÜ) ein.

Der Überprüfungsantrag der Anmelderin und Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Beschwerdekammer wurde eingereicht "Wegen erheblicher Verfahrensmängel und Versagung des rechtlichen Gehörs" (Seite 1 des Überprüfungsantrags; im Folgenden sind Seitenzahlen ohne weitere Angaben solche des Überprüfungsantrags). Damit wird jedenfalls ein im EPÜ vorgesehener Überprüfungsgrund, nämlich eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 112a (2) c) in Verbindung mit 113 (1) EPÜ, geltend gemacht. Die beanstandeten "erheblichen Verfahrensmängel" sowie die beanstandete Versagung des rechtlichen Gehörs werden von der Antragstellerin in der Reihenfolge der verschiedenen Erörterungspunkte der Entscheidung im Einzelnen begründet, so dass auch die Voraussetzungen von Artikel 112a (4) Satz 1 und Regel 107 (2) EPÜ erfüllt sind. Die Erfüllung der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere von Rügen nach Regel 106 EPÜ, soll offen bleiben. Denn der Antrag erweist sich vorläufig als offensichtlich unbegründet (Regel 109 (2) a) EPÜ), was nachfolgend im Einzelnen dargelegt wird.

II. Begründetheit

1. Die geltend gemachten Überprüfungsgründe: Allgemeines

Nach Prüfung des Vorbringens der Antragstellerin im Überprüfungsverfahren sowie im Verfahren vor der Beschwerdekammer sieht die Große Beschwerdekammer keine Möglichkeit, auf der Grundlage von Artikel 112a EPÜ den Anträgen der Antragstellerin stattzugeben. Die GBK kann eine zu überprüfende Entscheidung - unabhängig davon, ob sie von ihrer inhaltlichen Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit überzeugt ist - nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift aufheben.

Der Überprüfungsantrag wurde "Wegen erheblicher Verfahrensmängel und Versagung des rechtlichen Gehörs" (siehe Seite 1) gestellt. In der Begründung des Antrags wird ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör im Verfahren vor Ergehen der Entscheidung (Nr. 1 - 3) sowie ausgehend von der späteren, zu überprüfenden Entscheidung (Nr. 4 a) bis j) geltend gemacht. Der behauptete Gehörsverstoß nach Nr. 1-3 des Antrags steht im Zusammenhang mit dem Verfahrensmangel nach Nr. 4e) betreffend Nr. 5 der Entscheidung und wird daher zusammen mit diesem behandelt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Überprüfungsgründe (Rügen) der Antragstellerin, soweit sie dem Verfahrensmangel der Nichtgewährung des Rechts auf rechtliches Gehör zugeordnet werden können, offensichtlich unbegründet sind. Denn dieses Gehör wurde gewährt. Anderen Verfahrensmängeln aus dem abschließenden Katalog der Überprüfungsgründe gemäß Artikel 112a (2) und Regel 104 EPÜ lässt sich das Vorbringen der Antragstellerin nicht zuordnen. In Wahrheit begehrt die Antragstellerin eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit, wobei sie offenbar regelmäßig ein (inhaltliches) "Arbeiten am Fall" fordert und dessen Nichtdurchführung unter Berufung auf die Bestimmungen der VOBK über die Zulassung verspäteten Vorbringens ablehnt. Eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit über das Vorliegen der abschließend geregelten Überprüfungsgründe hinaus kann die GBK im Rahmen von Artikel 112a EPÜ aber nicht durchführen. Das ist ständige Rechtsprechung der GBK seit Beginn der Durchführung von Verfahren unter dieser Bestimmung nach dem EPÜ 2000.

Die Rügen (4a) und 4i)) sind gegenstandslos, da sie Äußerungen der Kammer ohne rechtliche Auswirkungen betreffen.

Die Rügen werden im Folgenden der Einfachheit halber der Reihenfolge im Antrag nach behandelt, welche ihrerseits der Reihenfolge der Erörterungspunkte in der zu überprüfenden Entscheidung entspricht.

2. Der rechtliche Rahmen

Zum Recht auf rechtliches Gehör bestimmt Artikel 113 (1) EPÜ:

Entscheidungen des Europäischen Patentamts dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Die Grundsätze zur Beurteilung des Vorliegens eines Gehörsverstoßes, der sich erst aus der schriftlichen Entscheidung ergeben soll, wurden im Fall R 10/18 dargelegt und sind in den Leitsätzen zusammengefasst. Diese lauten (in deutscher Übersetzung des englischen Originals durch die GBK):

1. Ein Aspekt des Rechts auf rechtliches Gehör, so wie es von Artikel 113 (1) EPÜ erfasst wird, verlangt, dass eine Kammer das Vorbringen eines Beteiligten erwägt, d.h. die Tatsachen, Beweismittel und Argumente auf ihre Relevanz und Richtigkeit hin überprüft.

Artikel 113 (1) EPÜ ist verletzt, wenn die Kammer Vorbringen, welches aus ihrer Sicht für die Entscheidung relevant ist, nicht in einer Weise behandelt, welche belegt, dass die Beteiligten hinsichtlich dieses Vorbringens gehört wurden, d.h. dass die Kammer dieses Vorbringen in der Sache berücksichtigt hat. (Siehe Entscheidungsgründe, Nr. 2.1.1, welche den maßgeblichen Teil des Leitsatzes 1 von R 8/15 bestätigen.)

2. Es wird vermutet dass eine Kammer das Vorbringen eines Beteiligten berücksichtigt hat, welches sie in den Entscheidungsgründen nicht behandelt hat, d.h. erstens, dass sie es zur Kenntnis genommen und zweitens erwogen hat, d.h. geprüft hat, ob es relevant und ggf. richtig ist.

Eine Ausnahme kann bei Anzeichen für das Gegenteil vorliegen, z.B. wenn eine Kammer in den Entscheidungsgründen das Vorbringen eines Beteiligten nicht behandelt, welches objektiv betrachtet entscheidend für den Ausgang eines Falles ist, oder derartiges Vorbringen von der Hand weist, ohne es zuvor auf seine Richtigkeit zu überprüfen. (Siehe Entscheidungsgründe, Nr. 2.1.1.2.)

In R 8/15 befand die Große Beschwerdekammer, dass Art. 113 (1) EPÜ enger auszulegen ist als R. 102 g) EPÜ. Nach dieser Regel muss eine Kammer ihre Entscheidung begründen, ein Verstoß gegen diese Regel ist aber für sich genommen kein Überprüfungsgrund. Die Begründung kann daher zwar unvollständig sein, doch solange sie den Schluss zulässt, dass die Kammer im Laufe des Beschwerdeverfahrens einen bestimmten von ihr für relevant befundenen Punkt sachlich geprüft hat, liegt kein Verstoß gegen Art. 113 (1) EPÜ vor.

Des Weiteren ist allgemein anerkannt, dass im Rahmen der Prüfung, ob das rechtliche Gehör gewahrt wurde, der Inhalt einer Entscheidung nicht auf seine materielle Richtigkeit hin überprüft werden kann.

Der Inhalt einer Entscheidung darf die Beteiligten allerdings nicht überraschen. So heißt es unter der Überschrift "Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ - überraschende Entscheidungsbegründung" in der Entscheidung im Fall R 3/15 (Abschnitt 4) unter Nr. 4.1:

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ erfordert es, dass die Entscheidung nur auf Gründe gestützt werden darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Dies bedeutet insbesondere, dass ein Beteiligter nicht durch bisher unbekannte Gründe und Beweismittel in der Entscheidungsbegründung überrascht werden darf ...

3. Anwendung des rechtlichen Rahmens auf die geltend gemachten Überprüfungsgründe (Rügen) im Einzelnen (Nr. 4a) bis 4j) des Überprüfungsantrags)

3.1 Rüge Nr. 4a) "Rechtliches Gehör"

Die Antragstellerin rügt die Aussage in der Entscheidung (auf Seite 15, letzter Absatz, Zeile 5 von unten), dass die Patentinhaberin der mündlichen Verhandlung "ferngeblieben" wäre. Das höre sich so an, als habe die Patentinhaberin willkürlich die Beschwerdekammer in ihrer mündlichen Verhandlung im Stich gelassen. Das sei nicht der Fall gewesen. Vielmehr sei vorher schriftlich mitgeteilt worden, dass die Patentinhaberin an der Beschwerdeverhandlung nicht teilnehmen würde.

Die Kammer hat im Sachverhalt (am Ende von Nr. IV) ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei "trotz ordnungsgemäßer Ladung entsprechend ihrer Ankündigung im Schriftsatz vom 2. September 2020 nicht erschien[en]". Sie hat damit deren vorherige schriftliche Mitteilung anerkannt (welche die frühere Mitteilung vom 11. August 2020 bestätigte).

Und unter Nr. 1 der Entscheidungsgründe (letzter Absatz von Seite 15) hat die Kammer zu erkennen gegeben, dass sie das Fernbleiben nicht kritisiert, sondern zur Stützung ihrer Auffassung heranzieht, sie habe das rechtliche Gehör gewahrt. Dort heißt es:

Obwohl die Beschwerdeführerin nicht an der mündlichen Verhandlung teilnahm, wurde das Prinzip des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ nicht verletzt, da es ausreicht, dass sie die Gelegenheit dazu hatte, gehört zu werden. Durch das Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung verzichtet die fernbleibende Partei auf diese Möglichkeit ...

Der Überprüfungsgrund Nr. 4a geht daher ins Leere.

3.2 Vorbemerkung zu den Überprüfungsgründen (Rügen) 4b, 4c und 4d: Vorlagefragen an die GBK

Mit Schreiben vom 12. März 2020 (auf Seiten 22-23) hat die Beschwerdeführerin bei Nichtzurückverweisung des Falles an die erste Instanz beantragt, "diesen Fall" der GBK vorzulegen. Bei Vorlage wären zwei Fragen, welche in der zu überprüfenden Entscheidung unter Nr. 2 und 3 (Überprüfungsgründe 4b) und 4c)) mit den Überschriften "Anwendbarkeit der VOBK 2020, einschließlich von Artikel 13 (1) VOBK 2020" bzw. "Beschwerdegegenstand" behandelt wurden, zu klären. (Siehe auch die Mitteilung der Kammer vom 30. März 2020, Nr. 2, wo zum Hilfsantrag auf Vorlage zweier Rechtsfragen vorläufig ablehnend Stellung genommen wurde.)

Mit Schreiben vom 10. Juni 2020 hat die Beschwerdeführerin Anträge 1 bis 8 (und mit Schreiben vom 11. August 2020 Anträge 9 bis 11) gestellt. Antrag 7 beinhaltet einen Hilfsantrag auf Zurückverweisung, Antrag 8 lautet: "Im Falle der Verweigerung der gestellten Anträge unter 1. bis 7. diesen Fall der Großen Beschwerdekammer vorzulegen."

Dieser Antrag Nr. 8 wird in den Entscheidungsgründen unter Nr. 4 mit der Überschrift "Vorlage des ,Falles'" behandelt (Überprüfungsgrund 4d)). Im Sachverhalt wird er unter Nr. III im Rahmen der Wiedergabe der Anträge aufgeführt, nicht jedoch die beiden anderen als Anträge auf Vorlage an die GBK unter Nr. 2 und 3 der Entscheidung behandelten Anträge vom 12. März 2020. Unter Nr. III (am Ende) heißt es:

Zuvor hatte die Beschwerdeführerin in ihrer mittels zwei Schriftsätzen eingereichten Beschwerdebegründung vom 14. Mai 2019 und vom 10. Juli 2019 sowie in ihren Schriftsätzen vom 31. Januar 2020 und vom 12. März 2020 Anträge formuliert, die jedoch durch die oben aufgeführten Anträge ersetzt wurden und deshalb nicht wiedergegeben werden. (Hervorhebung durch die GBK)

Nachdem die Kammer - entgegen dieser Passage - die beiden Vorlagefragen an die GBK vom 12. März 2020 in der zu überprüfenden Entscheidung behandelt hat, sind sie rechtswirksamer Bestandteil der Entscheidung. Daher ist auch der Überprüfungsantrag hierzu zu untersuchen.

3.2.1 Rüge Nr. 4b) "Vorlage an die Große Beschwerdekammer"

Unter Nr. 2 der Entscheidung behandelte die Kammer den Antrag der Anmelderin auf Vorlage der folgenden, die Anwendbarkeit der VOBK 2020 auf die Beschwerde betreffende Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer:

ob die neue Verfahrensbestimmungen, die Anfang des Jahres 2020 auf Verfahren vor den Beschwerdekammern anzuwenden sind, auf Altfälle, also mit Rückwirkung, angewendet werden dürfen.

Die Kammer entschied hierzu, diese Frage der Großen Beschwerdekammer nicht vorzulegen. Grund dafür war, dass diese Frage durch das Gesetz, die geltende Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020), selbst und durch die Rechtsprechung bereits einheitlich positiv beantwortet worden sei.

Die Antragstellerin rügt, dass die Entscheidung unter Nr. 2 über die Tatsache hinweggehe, dass die Beschwerdekammer der Anmelderin aufgegeben hätte, wie die Ansprüche zu fassen seien, damit das Verfahren an die Prüfungsabteilung der ersten Instanz zurückverwiesen werden könnte. Zu dem vorgenannten Grund meinen sie: "Eine Begründung fehlt."

Die Antragstellerin zielt mit dem Antrag auf Befassung der GBK mit der vorgenannten Frage in Wirklichkeit darauf ab, ob sie im Hinblick auf die Ankündigung der Kammer, die Angelegenheit bei Einreichung eines neuen Anspruchssatzes ggf. zurückzuverweisen, durch dessen Einreichung darauf vertrauen durften, dass dies auch geschehe und die Neufassung der VOBK dem jedenfalls nicht entgegenstehen dürfte.

Dieser Hintergrund ist in Nr. 1 bis 3 des Überprüfungsantrags näher erläutert. Die Antragstellerin beanstandet dort, die Beschwerdekammer habe ihr in der Mitteilung vom 15. November 2019 mitgeteilt, bei Vorlage eines Anspruchssatzes, der die Zurückweisungsgründe mangelnder Klarheit und unzulässiger Erweiterung ausräume, beabsichtige sie, die Angelegenheit "an die Einspruchsabteilung" zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen. Dem sei die Anmelderin mit Schreiben vom 31. Januar 2020 nachgekommen, mit dem ein Hauptantrag sowie ein 1. Hilfsantrag vorgelegt wurden. In der Mitteilung vom 30. März 2020 habe die Kammer unter Bezugnahme auf die VOBK 2020 die Auffassung vertreten, dass nunmehr eine Zurückverweisung nicht mehr in Betracht käme, zumal da die Anmelderin den Antrag gestellt habe, die mündliche Verhandlung aufzuheben.

Die Anmelderin sieht hierin eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes, da die Kammer selbst zum Ausdruck gebracht habe, dass, wenn die Auflagen erfüllt würden, was geschehen sei, sie die Angelegenheit an die erste Instanz zurückverweisen würde, damit Neuheit und erfinderische Tätigkeit einer Überprüfung zugeführt werden könnten.

Durch das Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung am 1. Januar 2020 habe sich die Kammer anscheinend in der Lage gesehen, sich des Vorgangs zu erledigen, ohne am Sachverhalt zu arbeiten.

Die GBK bemerkt hierzu, dass sich die zu überprüfende Entscheidung ausschließlich zu der Frage äußert, deren Befassung durch die GBK die Antragstellerin beantragt hat. Das bedeutet, dass die Kammer keinen Zusammenhang mit der in der vorgenannten Mitteilung vom 15. November 2019 aufgegebenen Anspruchsfassung hergestellt hat. Die Antragstellerin rügt (auf Seite 9, 2. Abschnitt), dass diese "unberücksichtigt geblieben" sei.

Aus Sicht der GBK hat die Kammer sich zu Recht auf die konkret beantragte Vorlagefrage beschränkt, da die maßgebliche Vorschrift, Artikel 112 (1) EPÜ, vorsieht, dass Rechtsfragen und nicht Sachfragen vorgelegt werden können.

Die Kammer hat die Ablehnung vorzulegen, in der Terminologie von Art. 112 (1) a) EPÜ, die GBK zu "befass[en]", begründet. Dabei kommt es für die Frage des rechtlichen Gehörs grundsätzlich nicht darauf an, ob diese Begründung vollständig ist und überzeugen kann. Das folgt aus den oben unter Nr. 2 zitierten Rechtsgrundsätzen.

Die Rüge, dass die Entscheidung unter Nr. 2 über die Tatsache hinweggehe, dass die Beschwerdekammer der Anmelderin aufgegeben hätte, wie die Ansprüche zu fassen seien, um eine Zurückverweisung zu ermöglichen, und die in diesem Zusammenhang geltende gemachte unzulässige Rückwirkung werden unten, unter Nr. 3.3, bei dem betreffenden Hauptantrag vom 31. Januar 2020, behandelt.

3.2.2 Rüge Nr. 4c) "Ausführung unter Ziffer 3.2"

Unter Nr. 3.2 der zu überprüfenden Entscheidung führt die Beschwerdekammer aus, sie sehe auch keine Grundlage und Notwendigkeit für die Vorlage der unter der vorangehenden Nr. 3.1 wiedergegebenen, weiteren Vorlagefrage. Das begründet sie näher.

Die Antragstellerin rügt, es fehle die Subsumierung des Tatbestandes unter die angeblich klare Gesetzesnorm.

Ohne auf die Frage und deren Behandlung durch die Kammer näher einzugehen, ist die GBK der Auffassung, dass ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör nicht gegeben ist. Die Kammer hat sich mit der betreffenden Frage befasst. Ob das in zutreffender Weise geschah, insbesondere ob sie - wie die Antragstellerin meint - das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu Unrecht verneint hat - ist eine Frage des materiellen Rechts, die - wie ausgeführt - im Rahmen der Prüfung eines Gehörsverstoßes nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens sein kann.

3.2.3 Rüge Nr. 4d) "Ausführungen unter Ziffer 4 bis 4.2"

Hier geht es um den Antrag Nr. 8, der lautet:

Im Falle der Verweigerung der gestellten Anträge unter 1. bis 7. diesen Fall der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.

Die Kammer befand, eine solche Vorlage sei im EPÜ nicht vorgesehen und begründete dies.

Die Antragstellerin erkennt an, dass die Große Beschwerdekammer keine Überprüfungsinstanz sei, weist aber darauf hin, dass nach Artikel 112a EPÜ "jeder Beteiligte an einem Beschwerdeverfahren, der durch die Entscheidung einer Beschwerdekammer beschwert ist, einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung durch die Große Beschwerdekammer stellen kann".

Hier sei jedoch das rechtliche Gehör der Anmelder missachtet worden, weil trotz Vorlage eines gegenüber dem Stand der Technik neuheitsmäßig abgegrenzten und nach ihrer Meinung auch klaren Patentanspruchs die Sache nicht an die erste Instanz zurückverwiesen und bestimmte Themen behandelt worden seien.

Die GBK weist diesbezüglich darauf hin, dass - unabhängig von der Frage, ob das rechtliche Gehör der Anmelderin missachtet worden ist - die Beschwerdekammer die Voraussetzungen einer Vorlage nach Artikel 112 EPÜ geprüft und verneint hat. Die erkennende GBK kann die Richtigkeit dieser Beurteilung nicht überprüfen.

Im Übrigen hat eine Beschwerdekammer keine Befugnis, von sich aus eine Überprüfung nach Art. 112a EPÜ wegen eines eigenen denkbaren Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör zu beantragen. Vielmehr hat sie dieses zu wahren, und wenn ein Beteiligter der Meinung ist, das sei nicht geschehen, kann dieser dann einen Antrag nach Art. 112a EPÜ stellen - so wie hier erfolgt.

3.3 Rüge Nr. 4e) "Ausführungen unter Ziffer 5" in Zusammenhang mit Nr. 4b) und 1 bis 3

3.3.1 Der Einwand unter Nr. 4e)

Die Kammer behandelt in Nr. 5 den Antrag vom 31. Januar 2021 als "Hauptantrag im Beschwerdeverfahren" (siehe Nr. 5.1 und 5.2 und III).

Die Antragstellerin trägt vor, es sei ausdrücklich und ausführlich dargelegt worden, warum die Ansprüche jetzt klar seien, wo die Offenbarungen zu finden seien und warum die zu patentierende Lehre eine wiederholbare Lehre zum technischen Handeln jedem Fachmann auf dem vorliegenden Fachgebiet gebe.

Warum die Kammer dann in der Entscheidung abermals unter Nr. 5.4 zu der Aussage komme, es seien "keinerlei Gründe angegeben", sei völlig unverständlich und schlicht falsch. Im Schriftsatz vom 10. Juni 2020 fänden sich diese Gründe.

Die GBK bemerkt hierzu, dass die Kammer in Nr. 5 ausgeführt hat, die Beschwerdeführerin habe im Schreiben vom 31. Januar 2020, insbesondere unter dessen Nr. 6, keinerlei Gründe nach Artikel 13 (1) VOBK 2020 für die verspätete Vorlage des Hauptantrags geltend gemacht. - Die GBK bemerkt, dass die Antragstellerin in Nr. 6 ihres Schreibens die Änderungen von Patentansprüchen erläutert hat. - In Nr. 5.5 der Entscheidung kommt die Kammer dann zum Schluss, dass sie keinen Grund sieht, den Hauptantrag ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Demgemäß geht es in Nr. 5 nicht um die vorgenannten, von der Antragstellerin geltend gemachten ausdrücklichen und ausführlichen Darlegungen zu den Erteilungsvoraussetzungen für ein Patent, sondern ausschließlich um die Frage der Zulassung des Hauptantrags gemäß den Voraussetzungen von Artikel 13 (1) VOBK 2020.

Der Einwand unter Nr. 4e) des Überprüfungsantrags ist damit gegenstandslos.

3.3.2 Der Zusammenhang mit Nr. 4b) und 1 bis 3

Allerdings ist im Zusammenhang mit Nr. 5 der Entscheidung der unter Nr. 4b) sowie in Nr. 1-3 des Überprüfungsantrags erhobene Einwand zu behandeln, es liege eine Gehörsverstoß vor, weil die Kammer unter Nr. 2 der Entscheidung über die Tatsache hinweggegangen sei, dass sie in der Mitteilung vom 15. November 2019 der Anmelderin aufgegeben hätte, wie die Ansprüche zu fassen seien, damit das Verfahren an die Prüfungsabteilung der ersten Instanz zurückverwiesen werden könnte. Dem sei sie mit dem Schreiben vom 31. Januar 2020 nachgekommen. Daher stelle die Anwendung des am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Artikel 13 (1) ... [VOBK] eine unzulässige Rückwirkung dar.

In Nr. 2 hatte die Kammer die Vorlage an die Große Beschwerdekammer der Frage der Rückwirkung der VOBK 2020 auf Altfälle abgelehnt. Der Hintergrund der Rüge ist in Nr. 1 bis 3 des Überprüfungsantrags - wie oben unter Nr. 3.2.1 zu Rüge 4b) wiedergegeben - näher erläutert.

Nach Auffassung der GBK hätte der letztgenannte Einwand in der Entscheidung erörtert werden müssen. Der Grundsatz aus R 10/18 (oben, Leitsatz 2) findet Anwendung: Nicht nur war dieser Punkt nach Meinung der Antragstellerin entscheidend, sondern er ist es auch objektiv. Denn wenn eine Beschwerdekammer ankündigt, eine Angelegenheit bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückzuverweisen, dann kann sie das nicht ohne Weiteres alleine auf der Grundlage einer neuen Verfahrensbestimmung, hier Artikel 13 (1) VOBK 2020, die im Zeitpunkt der Ankündigung bereits erlassen, aber noch nicht in Kraft getreten war, nach deren Inkrafttreten unter Verweis alleine hierauf verweigern. Hiergegen sprechen die Grundsätze des rechtsstaatlichen Verfahrens. Ob dabei eine unzulässige Rückwirkung der neuen Rechtsvorschrift allgemein oder im konkreten Einzelfall vorliegen könnte, ist für diese Schlussfolgerung nicht entscheidend.

Allerdings führt der vorliegende Begründungsmangel in einem entscheidenden Punkt mangels Kausalität für das Ergebnis ausnahmsweise zu keinem Gehörsverstoß. Das liegt daran, dass die Kammer in ihrer Mitteilung vom 30. März 2020 (unter Nr. 4) darauf hingewiesen hatte, dass das Vorbringen vom 31. Januar 2020 - und damit der damalige wie jetzige Hauptantrag - und 12. März 2020 nichts an der Sach- und Rechtslage ändere.

Darüber hinaus heißt es in Nr. 5 a.E. dieser Mitteilung:

Die Zurückverweisungsmöglichkeit wurde in der Mitteilung vom 15. November 2020 (Punkt 10.) nur erwähnt für den Fall, dass ein Anspruchssatz die Zurückweisungsgründe mangelnder Klarheit und unzulässiger Erweiterung ausräumen könnte, was vorliegend nicht der Fall ist.

Damit wäre die Ankündigung, die Angelegenheit ggf. zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzuverweisen, auch ohne Ausspruch der Nichtzulassung des Hauptantrags nach Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung 2020 in der zu überprüfenden Entscheidung nicht umsetzbar gewesen. Unter Nr. 6 der Mitteilung vom 30. März 2020 hatte die Kammer bereits angekündigt, dass der in Reaktion auf ihre Mitteilung vom 15. November 2020 eingereichte Haupt- und Hilfsantrag vom 31. Januar 2020 nach seinerzeitiger Sach- und Rechtslage nicht zum Verfahren zugelassen werden könnten.

Die Frage einer verbotenen Rückwirkung stellt sich demnach nicht. Das hätte in der Entscheidung aber ausgeführt werden müssen.

Im Ergebnis liegt aber kein Gehörsverstoß im Hinblick auf das in diesem Abschnitt behandelte Vorbringen unter Nr. 4b) sowie das Vorbringen unter Nr. 1 bis 3 des Überprüfungsantrags vor.

3.4 Rüge Nr. 4f: "Ausführungen unter Ziffer 6"

Die Ziffer trägt die Überschrift: "Anträge, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen". Dabei handelte es sich, so die Kammer, um den Hauptantrag, sowie die Hilfsanträge 1-4, die gemäß der angefochtenen Entscheidung als nicht patentfähig zurückgewiesen worden seien. Die Beschwerdekammer hat in Nr. 6 ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe diese Anträge mit Schriftsatz vom 10. Juni 2020 erstmals im Beschwerdeverfahren eingeführt, ohne hierfür rechtfertigende Gründe geltend zu machen. Die Kammer entschied, sowohl den Hauptantrag als auch die Hilfsanträge, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020.

Die Anmelderin rügt, hier seien erneut nur Behauptungen aufgestellt worden, ohne zu den Ausführungen der Anmelderin im Einzelnen Stellung zu nehmen.

Die GBK hält im Hinblick auf die Behandlung und Berücksichtigung der Frage der Zulassung der Anträge die oben wiedergegebenen Grundsätze des anwendbaren Rechtsrahmens offenkundig für gegeben und verneint daher einen Gehörsverstoß.

3.5 Rüge Nr. 4g) "Beweisangebot"

Die Antragstellerin rügt, das Beweisangebot sei in der Entscheidung lapidar abgelehnt worden.

Die Kammer hat (unter Nr. 9) ausgeführt, die Beweisangebote seien nicht entscheidungsrelevant, da keine zulässige Anspruchsfassung vorgelegt worden sei. Vielmehr stütze sich die dargelegte Begründung der Entscheidung auf die in den VOBK 2020 vorgesehenen Zulässigkeitskriterien und auf die besondere Verfahrensführung der Beschwerdeführerin, ohne dass es auf das Fachwissen oder die Beurteilung von Einschätzungen Dritter ankäme.

Nach Meinung der GBK ist diese Rüge wie die vorherige Rüge 4f) zu beurteilen: Die Behandlung und Berücksichtigung der Frage der Beweisangebote erfüllen die relevanten Rechtsgrundsätze, so dass ein Gehörsverstoß erneut zu verneinen ist.

3.6 Rüge Nr. 4h) "Weitere Gründe, aus denen ersichtlich ist, dass das rechtliche Gehör versagt wurde"

Der Antragstellerin zufolge gehen die Ausführungen in den beiden letzten Absätzen auf Seite 26 des angefochtenen Beschlusses an der Sach- und Rechtslage vorbei. Denn es seien vielfältige Gründe vorgeschlagen worden, die allerdings von der Kammer nicht erwähnt, nicht einmal geprüft worden seien.

Die letzten beiden Absätze auf Seite 26 zum Antrag auf Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung lauten:

Eine Kammer verweist die Angelegenheit nur dann zur weiteren Entscheidung an das Organ zurück, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen. Besondere Gründe liegen in der Regel vor, wenn das Verfahren vor diesem Organ wesentliche Mängel aufweist (Artikel 11 VOBK 2020).

Eine Zurückverweisung ist im vorliegenden Fall aber nicht geboten, weil die Patentinhaberin es versäumt hat, einen zulässigen Anspruchssatz zu formulieren, auf dessen Basis die Vorinstanz die Prüfung überhaupt wiederaufnehmen könnte.

Hier gelten die obigen Ausführungen der GBK zu Rügen 4f) und 4g) entsprechend, so dass auch hier kein Gehörsverstoß vorliegt.

3.7 Rüge Nr. 4i) "Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung, Ziffer 10.3"

Nr. 10.3 der zu überprüfenden Entscheidung lautet:

Zum Antrag auf Zurückverweisung an eine Einspruchsabteilung merkt die Kammer an, dass diese ohnehin gemäß dem EPÜ nicht möglich ist, da die Einspruchsabteilung die angefochtene Entscheidung nicht erlassen hat, und für das Prüfungsverfahren überhaupt nicht zuständig sein könnte.

Die Antragstellerin weist hierzu darauf hin, dass die Kammer bei der Prüfung der Anmelderbeschwerde eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung selbst vorgeschlagen hatte, und zwar in der Mitteilung vom 15. November 2019, Seite 7, letzter Absatz. Die Anmelderin habe das so interpretiert, dass die Kammer bei der Zurückverweisung einen anderen Spruchkörper einschalten wollte.

Nach Auffassung der GBK ist diese Beanstandung von Nr. 10.3 der Entscheidung berechtigt. Allerdings ist die Entscheidung in diesem Punkt ohne Rechtsfolge; es liegt offenbar ein Redaktionsversehen vor. Die Beanstandung läuft daher im Ergebnis ins Leere.

3.8 Rüge Nr. 4j) "Fragenkatalog"

Die Antragstellerin rügt die Aussage der Kammer (unter Ziffer 11.1), es sei nicht Aufgabe einer Beschwerdekammer, "Fragenkataloge zu erstellen" oder mit "verfahrensleitenden Verfügungen" die Beschwerdeführung aktiv zu unterstützen. Die Antragstellerin meint, es gehe nicht um eine Unterstützung, sondern darum, gemeinsam zu einer möglicherweise gewährbaren Fassung zu kommen, falls die Voraussetzungen dafür vorlägen.

Hier gelten die obigen Ausführungen der GBK zu Rügen 4f), 4g) und 4h) entsprechend, so dass auch hier ein Gehörsverstoß zu verneinen ist.

4. Ergebnis

Mangels erfolgreich geltend gemachter Überprüfungsgründe kann dem Antrag Nr. 1, "[d]en angefochtenen Beschluss aufzuheben", voraussichtlich nicht stattgegeben werden. Vielmehr beabsichtigt die Große Beschwerdekammer, den Antrag auf Überprüfung gemäß Artikel 109 (2) a) EPÜ als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Eine Zurückverweisung der Angelegenheit "an die erste Instanz oder eine Beschwerdekammer - in anderer Besetzung - zur Überprüfung der ,Neuheit' und der ,erfinderischen Tätigkeit'" gemäß Antrag Nr. 2 kommt damit nicht in Betracht. Denn die Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens vor den Beschwerdekammern gemäß Artikel 112a (5) Satz 2 EPÜ ist nur im Falle eines begründeten Überprüfungsantrags vorgesehen.

Die mit Antrag Nr. 3 im Bedarfsfalle beantragte Zustellung eines Fragenkatalogs war nicht erforderlich, da keine für die GBK bedeutsamen Fragen offen geblieben sind.

Dem Antrag Nr. 4, "[D]ie Akten des Prüfungsverfahrens (erste Instanz) und der Beschwerdekammer[] beizuziehen", ist die GBK hingegen nachgekommen. Schließlich kann die Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß Antrag Nr. 5 nach Regel 110 EPÜ voraussichtlich nicht angeordnet werden, da das Verfahren vor den Beschwerdekammern nach derzeitiger Auffassung der GBK nicht wiedereröffnet werden wird.

C. Weiteres Verfahren

Etwaige Stellungnahmen der Antragstellerin sollten die GBK bis spätestens einen Monat vor dem anberaumten Termin für die mündliche Verhandlung erreichen.

[Ende des Texts der Mitteilung vom 15. November 2022]

II. Mit Telefax vom 28. November 2022 hat der Vertreter der Antragstellerin in deren Namen beantragt, im schriftlichen Verfahren Beschluss zu fassen. Für den Fall, dass die GBK dennoch den Verhandlungstermin für den 1. Februar 2023 aufrechterhalten sollte, werde weder ein Vertreter noch die Antragstellerin selbst zum Termin erscheinen.

III. Die GBK hat daraufhin mit Mitteilung vom 7. Dezember 2022 den Termin aufgehoben.

Entscheidungsgründe

1. In ihrer Mitteilung vom 15. November 2022 hat die Große Beschwerdekammer ihre vorläufige und unverbindliche Beurteilung des Überprüfungsantrags der Antragstellerin zum Ausdruck gebracht. Die Mitteilung ist im vorhergehenden Teil dieser Entscheidung vollständig wiedergeben.

2. Die Antrgstellerin hat mit ihrem Telefax vom 28. November 2022 eine Entscheidung der GBK im schriftlichen Verfahren beantragt, ohne auf den Inhalt der vorgenannten Mitteilung der GBK einzugehen.

3. Die Mitglieder der GBK haben einhellig keinen Anlass, von Mitteilung vorgenommenen Beurteilung abzuweichen. Diese Beurteilung wird daher endgültig. Nach alledem ist - wie in der Mitteilung angekündigt - der Antrag auf Überprüfung gemäß Regel 109 (2) a) EPÜ als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Überprüfungsantrag wird einstimmig als offensichtlich unbegründet verworfen.

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