R 0001/16 (Antrag auf Überprüfung) of 22.5.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:R000116.20170522
Datum der Entscheidung: 22 Mai 2017
Aktenzeichen: R 0001/16
Antrag auf Überprüfung von: T 0894/14
Anmeldenummer: 04739284.0
IPC-Klasse: C08G 63/78
C08G 63/80
C08G 63/88
B65D 1/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG VON HOCHKONDENSIERTEM POLYESTERGRANULAT
Name des Anmelders: Technip Zimmer GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: EBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 112a(2)
European Patent Convention Art 112a(2)(c)
European Patent Convention Art 112a(2)(d)
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 125
European Patent Convention R 104
European Patent Convention R 106
European Patent Convention R 109(2)(a)
European Patent Convention R 126(2)
Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms Art 6(1)
Schlagwörter: Antrag auf Überprüfung (soweit nicht offensichtlich unzulässig, offensichtlich unbegründet)
Verstoß gegen Art. 112a(2)c) (nein)
Zulässige Rüge eines angeblichen Verstoßes gegen Art. 6(1) EMRK im Verfahren nach Art. 112a EPÜ (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
R 0017/14
R 0006/15
R 0008/15
T 1018/02
T 1107/06
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1958/19

Sachverhalt und Anträge

I. Mit ihrem am 18. Januar 2016 eingereichten Überprüfungsantrag macht die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin geltend, im Verfahren T 894/14, das in der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2015 zur Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Widerruf ihres europäischen Patents mit der Nr. 1742981 führte, in ihrem Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs und in ihrem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein. Sie beantragt,

1. die Entscheidung der Beschwerdekammer aufzuheben;

2. die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens anzuordnen;

3. anzuordnen, dass die Mitglieder der Beschwerdekammer, die an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben, zu ersetzen sind; und

4. die Rückzahlung der Gebühr für den Antrag auf Überprüfung anzuordnen.

Die schriftlich begründete Entscheidung der Beschwerdekammer wurde am 17. November 2015 zur Post gegeben und gilt als am 27. November 2015 zugestellt (Regel 126(2) EPÜ).

II. In einem fortgeschrittenen Stadium der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erklärte der Vorsitzende, dass keine der vorgelegten Fassungen des Patents dem EPÜ entspräche. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin, einen Text in das Protokoll aufzunehmen. Dieser Text enthielt keinen ausdrücklichen Bezug zu Regel 106 EPÜ.

III. Am Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des mit Schreiben vom 16. Juni 2014 (Beschwerdebegründung) eingereichten Hilfsantrags 1, weiterhin hilfsweise auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2, weiterhin hilfsweise auf der Grundlage der mit Schreiben vom 16. Juni 2014 eingereichten Hilfsanträge 3 bis 18.

IV. Der Überprüfungsantrag stützt sich zum einen auf Artikel 112a(2)(c) EPÜ und macht drei schwerwiegende Verstöße gegen Artikel 113(1) EPÜ geltend. Er stützt sich zum anderen auf Artikel 112a(2)(d) EPÜ in Verbindung mit Artikel 125 EPÜ und Artikel 6(1) EMRK.

Die erste Gehörsrüge: Mangelnde Berücksichtigung des Tatsachenvorbringens der Patentinhaberin

V. Die Beschwerdekammer habe ihre Entscheidung sowohl zum Hauptantrag als auch zum Hilfsantrag 2 darauf gestützt, dass die Patentinhaberin dem Begriff der „Latentwärmekristallisation“ keine allgemeine Bedeutung zumesse.

Dies zeige sich an den folgenden Ausführungen der Kammer:

Seite 21/22 der Entscheidung (Punkt 2.6):

„Mangels sowohl einer Angabe der Beschwerdeführerin für eine allgemein erkannte Bedeutung dieses Begriffes und von Dokumenten, die auf eine solche übliche Bedeutung hinweisen würden, stellt sich die Frage, ob dem Begriff LWK in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht eine Bedeutung zugewiesen wird.“

S. 29 der Entscheidung (Punkt 5.2):

„Wie im obigen Punkt 2.6 angegeben, wurde von der Beschwerdeführerin nicht gezeigt, dass der Begriff LWK-Verfahren im einschlägigen Stand der Technik eine allgemein erkannte Bedeutung besitzt. Stattdessen hat sie auf die Beschreibung verwiesen, die ihrer Meinung nach eine klare Definition dieses Begriffs angeben soll.“

Dies sei unzutreffend. In der Beschwerdebegründung vom 16. Juni 2014, Seite 3, Zeilen 1-4 findet sich folgende Formulierung:

„Wie der Name Latentwärmekristallisation bereits ausdrückt, soll bei dieser die in der Polymerschmelze vorhandene Eigenwärme zur Kristallisation des Granulats genutzt werden.“

Im Schriftsatz vom 10. März 2015, Seite 2, Ziffer 1.2.a sei erläutert:

„... am Wortsinn orientierte grammatikalische Auslegung des Begriffs „Latentwärmekristallisation“...“

Weiter werde Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 10. März 2015, Seite 2:

„Dies steht im Einklang mit der Bedeutung des Begriffs „latent“, der üblicherweise etwas nicht direkt erkennbar Vorhandenes, hier die in der Schmelze „verborgene“ Eigenwärme bezeichnet.“

In Ergänzung des schriftlichen Vortrags sei auch während der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden, dass der Begriff der „Latentwärmekristallisation“ losgelöst von der Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen eine konkrete Bedeutung habe. Die Wörter „latent“ und „Latentwärme“ hätten Eingang in den „Duden“ gefunden und die Bedeutung einer verborgenen, gebundenen Wärme sei aus sich heraus verständlich, ohne dass es einer Definition innerhalb des Patents bedurft hätte. In Kombination mit dem Begriff „Kristallisation“ sei für einen Fachmann ohne Heranziehung weiterer Dokumente erkennbar, dass damit eine Kristallisation unter Ausnutzung der Latentwärme, das heißt, der in dem Granulat enthaltenen Wärme, gemeint sein müsse.

Alle diese oben aufgeführten Angaben habe die Beschwerdekammer übergangen. Die fehlende Berücksichtigung des Vortrags der Beschwerdeführerin sei auch entscheidungserheblich gewesen. Beim Hauptantrag sei es auf den Offenbarungsgehalt des Begriffs angekommen, weil dieser in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung enthalten und Grundlage von Änderungen gewesen sei und beim 2. Hilfsantrag sei es auf die Klarheit des Begriffs angekommen.

Die zweite Gehörsrüge: Keine Gewährung des rechtlichen Gehörs hinsichtlich der Relevanz der Reihenfolge von „Transport“ und „Trocknung“

VI. Es sei zunächst nicht besprochen worden, dass die Reihenfolge von Transport und Trocknung Auswirkungen auf die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ oder des Artikels 84 EPÜ haben könnte. Insbesondere wurde nicht besprochen, ob es technisch möglich sei, dass das Granulat sehr rasch trocknet und erst während eines nachfolgenden Transports des getrockneten Granulats ein Kristallisationsgrad von 38% erreicht werde.

Bekannt gegeben worden sei dieses Verständnis nach Abschluss der Diskussionen insgesamt. Die Beratung sei abgeschlossen gewesen und neue Anträge würden nach Mitteilung des Vorsitzenden nur dann zugelassen, wenn sie die grundlegenden Bedenken der Kammer ausräumten, was wegen der Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ nicht zu erwarten sei.

Die Antragstellerin ist weiter der Auffassung, dass ein Vorgehen dieser Art auch gegen den Grundsatz der Konzentration und Straffung des Verfahrens verstoße.

Die dritte Gehörsrüge: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

VII. Der Vorsitzende der Beschwerdekammer habe auf wiederholte Nachfrage unmissverständlich deutlich gemacht, dass Anspruch 1 des Hauptantrags ausschließlich deshalb nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genüge, weil keine der beiden Varianten, nämlich entweder das Merkmal der Unterwassergranulation oder das Merkmal der ausschließlichen Nutzung der Eigenwärme für die Kristallisation, in den Anspruch 1 aufgenommen worden sei. Wenn davon abgewichen werde, bedürfe es eines Hinweises.

Die Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren

VIII. Das Recht auf ein faires Verfahren ergebe sich aus Artikel 6 EMRK. Das durch diese Vorschrift geschützte Recht auf rechtliches Gehör und der Grundsatz des Vertrauensschutzes seien verletzt worden. Daneben sei die richterliche Aufklärungspflicht nicht beachtet worden.

IX. In einer Mitteilung als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Große Beschwerdekammer erläutert, weshalb nach vorläufiger Beurteilung der Überprüfungsantrag keinen Erfolg haben wird.

X. Daraufhin hat die Antragstellerin zur ersten Rüge noch einmal wiederholt, woraus es sich ihrer Auffassung nach ergebe, dass das von der Antragstellerin vorgetragene Begriffsverständnis der Latentwärmekristallisation von der Beschwerdekammer nicht erwogen wurde. Sie bleibe auch dabei, dass die Beschwerdekammer fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass die Beschwerdeführerin nichts zu dem von ihr angenommenen Begriffsverständnis der Latentwärmekrisallisation vorgetragen habe.

Zur dritten Rüge hat die Antragstellerin ergänzt, dass sich eine rechtzeitige Hinweispflicht der Beschwerdekammer aus der Änderung ihrer Rechtsauffassung während der mündlichen Verhandlung ergebe. Im vorliegenden Fall sei der Hinweis so spät und nach der Entscheidung über den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 und 2 erfolgt, dass keine Gelegenheit mehr bestand, zu diesen Aspekten Stellung zu nehmen. Damit sei ihr das rechtliche Gehör verwehrt worden.

XI. Am 22. Mai 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer statt. Die Antragstellerin trug noch folgendes vor:

Im Hinblick auf die erste Rüge sei es zutreffend, dass der Begriff der „Latentwärmekristallisation“ in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde. Der Beschwerdekammer sei aber bei der Detailprüfung ein Fehler unterlaufen. Die Beschwerdeführerin habe vorgetragen und durch die Duden-Wörterbuch-Erläuterung zum Begriff der Latentwärme belegt, dass der Begriff der Latentwärme ein eindeutiger sei. Mit diesem Vortrag habe sich die Beschwerdekammer nicht auseinandergesetzt. Vielmehr sei die Beschwerdekammer gleich zum logisch nachrangigen Schritt übergegangen und habe anhand der Beschreibung geprüft, was unter dem Merkmal „Latentwärmekristallisation“ zu verstehen sei. Die Nachrangigkeit dieses Schritts ergebe sich aus der Rechtsprechung der Beschwerdekammern, zum Beispiel aus den Entscheidungen T 1018/02 und T 1107/06.

Bei der dritten Gehörsüge sei zu beachten, dass die Verhandlungsführung des Vorsitzenden verhinderte, dass neue Unterlagen eingereicht werden konnten. Wäre bereits zu Beginn der Mittagspause klar gewesen welche Einwände die Kammer unter den Artikeln 123 und 84 EPÜ habe, hätte durch Einreichung neuer Unterlagen darauf reagiert werden können.

Entscheidungsgründe

1. Der Überprüfungsantrag ist rechtzeitig gestellt. Die entsprechende Gebühr ist entrichtet.

2. Der Überprüfungsantrag ist hinsichtlich der zweiten und dritten Gehörsrüge, sowie der Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren offensichtlich unzulässig und hinsichtlich der ersten Gehörsrüge offensichtlich unbegründet.

Die erste Gehörsrüge (Ziffer V.)

3. Zutreffend geht die Antragstellerin im Überprüfungsverfahren davon aus, dass Artikel 113(1) EPÜ auch dann verletzt sein kann, wenn erheblicher Sachvortrag einer Partei nicht zur Kenntnis genommen und in Betracht gezogen wird (siehe R 8/15, Leitsatz). Die Antragstellerin hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die Kammer das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Begriffsverständnis der Latentwärmekristallation nicht zur Kenntnis genommen und in Betracht gezogen hat. Nach dem Begriffsverständnis der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung handelt es sich bei der Latentwärmekristallisation um eine Kristallisation, bei der die in der Polymerschmelze vorhandene Eigenwärme zur Kristallisation des Granulats genutzt wird. Wörtlich hat sie ausgeführt:

„Wie der Name Latentwärmekristallisation bereits ausdrückt, soll bei dieser die in der Polymerschmelze vorhandene Eigenwärme zur Kristallisation des Granulats genutzt werden.“

In der Entscheidung wird in Punkt 2.3 Bezug genommen auf die von der Beschwerdeführerin genannte Grundlage für die vorgenommenen Änderungen des Hauptantrags, nämlich Seite 8, Absatz 1 der Beschreibung:

„Bei der Latentwärmekristallisation wird die in der Polyesterschmelze vorhandene Eigenwärme zur Kristallisation des Granulats genutzt. ...“

In 2.7 der Entscheidung wird ebenfalls auf diese Textstelle Bezug genommen.

Dies belegt, dass das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Begriffsverständnis durchaus erwogen wurde.

Die weiter vorgetragenen Argumente, dass im Schriftsatz vom 10. März 2015, Seite 2, Ziffer 1.2.a erläutert worden sei, dass es sich dabei um eine am Wortsinn orientierte grammatikalische Auslegung des Begriffs „Latentwärmekristallisation“ handelt und dass im Schriftsatz vom 10. März 2015, Seite 2 vorgetragen wurde, dass dies im Einklang mit der Bedeutung des Begriffs „latent“ steht, der üblicherweise etwas nicht direkt erkennbar Vorhandenes, hier die in der Schmelze „verborgene“ Eigenwärme bezeichnet, haben keine zusätzliche Aussagekraft.

Die Entscheidung der Beschwerdekammer, dass die Begriffe Latentwärmekristallisationsverfahren und Latentwärmekristallisation nicht eindeutig sind (siehe 2.10 und 2.11 der Entscheidung) ist eine materiell-rechtliche Bewertung, die nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens ist.

Hinzu kommt, dass die von der Antragstellerin im Überprüfungsverfahren angegebenen Stellen der Entscheidung

Seite 21/22 der Entscheidung (Punkt 2.6):

„Mangels sowohl einer Angabe der Beschwerdeführerin für eine allgemein erkannte Bedeutung dieses Begriffes und von Dokumenten, die auf eine solche übliche Bedeutung hinweisen würden, stellt sich die Frage, ob dem Begriff LWK in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht eine Bedeutung zugewiesen wird.“

und Seite 29 der Entscheidung (Punkt 5.2):

„Wie im obigen Punkt 2.6 angegeben, wurde von der Beschwerdeführerin nicht gezeigt, dass der Begriff LWK-Verfahren im einschlägigen Stand der Technik eine allgemein erkannte Bedeutung besitzt. Stattdessen hat sie auf die Beschreibung verwiesen, die ihrer Meinung nach eine klare Definition dieses Begriffs angeben soll.“

als Ganzes zu lesen sind. Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin im Überprüfungsverfahren annehmen würde, „Angaben“ der Beschwerdeführerin seien übergangen worden, dann wäre das kein schwer wiegender Verstoß gegen Artikel 113(1) EPÜ, da jedenfalls keine Dokumente vorgelegt wurden, die einen bestimmten Begriffsinhalt einer „Latentwärmekristallisation“ belegen.

Der Wörterbuchauszug aus dem Duden, einem maßgeblichen Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache, ist lediglich zu entnehmen, dass Latentwärme ein in der deutschen Sprache bekannter Begriff ist. Ob ein Eintrag in einem Rechtschreibwörterbuch ohne weiteres und in jedem Fall Aussagen treffen kann, wie der Fachmann, auf dessen Verständnis es ankommt (siehe zum Beispiel Artikel 56 EPÜ), ist zweifelhaft, kann aber dahinstehen, da der in seiner Bedeutung streitige Begriff der Latentwärmekristallisation nicht im angeführten Rechtschreibwörterbuch enthalten ist. Es mag sein, dass dem Begriff zu entnehmen ist, dass in einem entsprechenden Verfahren vorhandene Eigenwärme zur Kristallisation verwendet wird. Aus dem Begriff allein ergibt sich nach den Feststellungen der Beschwerdekammer aber noch kein entsprechendes Verfahren. Gegenteiliges hat die Antragstellerin im Überprüfungsverfahren nicht aufgezeigt. Auch der Hinweis auf die Entscheidungen der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts mit den Aktenzeichen T 1018/02 und T 1107/06 führt nicht weiter. Die Entscheidung T 1018/02 enthält die Aussage, dass die Beschreibung nicht zur Auslegung eines Begriffs in Widerspruch zu seinem Wortlaut herangezogen werden kann. T 1107/06 ist eine umfangreiche Entscheidung zur Frage der Offenbarung eines Disclaimers. Worauf genau sich die Antragstellerin mit ihrem Zitat bezieht, ist nicht klar. In der Entscheidung wird an mehreren Stellen die Verbindlichkeit des Texts der Beschreibung bestätigt. Diese Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht, weil es sich nach den Feststellungen der Kammer gerade um keine klare eindeutige Charakterisierung eines Latentwärmekristallisations-Verfahrens handelt.

Die zweite Gehörsrüge (Ziffer VI.)

4. Diese Rüge ist nicht zulässig.

4.1 Nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer muss eine Rüge ausdrücklich den Bezug zu Regel 106 EPÜ enthalten. Die erkennende Kammer nimmt insoweit Bezug auf die Entscheidung R 17/14, dort Punkt 18, zweiter und dritter Satz:

„Eine Rüge gemäß Regel 106 EPÜ muss sich explizit auf diese Regel beziehen damit sie als solche erkennbar wird. Alternativ muss die Rüge explizit auf "einen schwerwiegenden Verstoß gegen Artikel 113 EPÜ" hinweisen.“

Dies war nicht der Fall, weshalb der Überprüfungsantrag mangels wirksamer Rüge nicht zulässig ist.

4.2 Ein Verstoß gegen ein Erfordernis der Konzentration und Straffung des Verfahrens kann nicht in zulässiger Weise im Überprüfungsverfahren geltend gemacht werden, weil Rügen dieser Art nicht unter den abschießenden Katalog des Artikels 112a(2) EPÜ, ergänzt durch Regel 104 EPÜ, fallen.

Die dritte Gehörsrüge (Ziffer VII.)

5. Auch eine allein auf fehlenden Vertrauensschutz gestützte Rüge ist nicht zulässig, weil sie nicht unter den abschießenden Katalog des Artikels 112a(2) EPÜ, ergänzt durch Regel 104 EPÜ, fällt. Die Überprüfung beschränkt sich jedoch auf die dort aufgeführten Verstöße.

Keine Hinweispflicht der Kammer

5.1 Das rechtliche Gehör beinhaltet keine Hinweispflicht der Kammer auf die als relevant erachteten Gründe (siehe R 8/15, Punkt 2.1.2.2). Dies wurde von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Frage gestellt.

Fehlender Hinweis auf die Änderung der geäußerten Auffassung

5.2 Auch diese Rüge ist nicht zulässig. Selbst wenn es so gewesen sein sollte, dass die Kammer es versäumt hatte, eine Änderung ihrer Auffassung bekannt zu geben und die Beschwerdeführerin dadurch in der Verfolgung ihrer Rechte beeinträchtigt war, so hätte sie dies jedenfalls gemäß Regel 106 EPÜ rügen müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist der Überprüfungsantrag auch hinsichtlich der dritten Gehörsrüge unzulässig.

Die Rüge der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Ziffer VIII.)

6. Die auf eine Verletzung des aus Artikel 6(1) EMRK folgenden Rechts auf ein faires Verfahren und fehlenden Vertrauensschutz, sowie die Nichtbeachtung der richterlichen Aufklärungspflicht gestützte Rüge ist als solche nicht zulässig, weil die Gründe nicht unter den abschießenden Katalog des Artikels 112a(2) EPÜ, ergänzt durch Regel 104 EPÜ, fallen.

Hinzugefügt sei, dass der vorgenannte abschließende Katalog der überprüfbaren Verstöße in Artikel 112a(2)c) EPÜ die Voraussetzungen für ein faires Verfahren im Sinne von Artikel 6(1) EMRK im Hinblick auf das rechtliche Gehör konkretisiert. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör, der über den in Ziffer 3. abgehandelten Sachverhalt hinausgeht, ist nicht in zulässiger Weise geltend gemacht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Der Überprüfungsantrag wird einstimmig, soweit er nicht als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen wird, als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

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