J 0020/87 (Rückerstattung der Recherchengebühr) of 30.7.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:J002087.19870730
Datum der Entscheidung: 30 Juli 1987
Aktenzeichen: J 0020/87
Anmeldenummer: 86307766.5
IPC-Klasse: C07D 501/36
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Upjohn
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: 1. Die Annahme, das EPA sei befugt, bei der Rückzahlung der Gebühr für den europäischen Recherchenbericht ein pflichtgemäßes Ermessen auszuüben, entbehrt jeder Grundlage. Die Vorschriften des Artikels 10 der Gebührenordnung müssen genau eingehalten werden.
2. Die Beschwerdekammer kann einen vom Anmelder im Beschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung der Eingangsstelle gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurückweisen, wenn sie diese nicht für sachdienlich erachtet und auch nicht beabsichtigt, die europäische Patentanmeldung zurückzuweisen (Art. 116 (2) EPÜ in Verbindung mit Art. 111 (1) EPÜ).
Relevante Rechtsnormen:
Rules relating to fees Art 10
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 116(2)
Schlagwörter: Rückerstattung der Recherchengebühr
Recherchengebühr/Rückerstattung
Priorität der Voranmeldung nicht beansprucht - kein Ermessen des EPA
Antrag auf mündliche Verhandlung (abgelehnt)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0006/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 86 307 766.5, in der unter anderem Griechenland und Spanien als Vertragsstaaten benannt sind, in denen um Schutz für die anmeldungsgemäße Erfindung nach gesucht wird, wurde am 8. Oktober 1986 eingereicht. Die Recherchengebühr wurde innerhalb der ordnungsgemäß entrichtet. Eine Priorität wurde nicht in Anspruch genommen.

II. Auf dem Anmeldeformblatt hieß es, daß die vorliegende Anmeldung der am 31. Juli 1986 eingereichten internationalen Patent anmeldung Nr. PCT/US 86/01635 entspreche und daß die Recherche zu dieser Anmeldung vom EPA durchgeführt werde. Es wurde eine teilweise Rückerstattung der Recherchengebühr für die vorliegende Anmeldung beantragt.

III. Mit Bescheid vom 17. November 1986 teilte die Eingangsstelle der Anmelderin mit, daß im vorliegenden Fall weder die internationale Recherchengebühr (für die Anmeldung PCT/US 86/01635) noch die europäische Recherchengebühr (für die vorliegende Anmeldung) erstattet werden könne. Auf diesen Bescheid hin erklärte sich die Anmelderin damit einverstanden, daß die internationale Recherchengebühr nicht zurückerstattet werde, hielt jedoch ihren Antrag auf teilweise Erstattung der europäischen Recherchengebühr unter Berufung auf den Grundsatz der Billigkeit aufrecht.

IV. Am 16. Januar 1987 erging eine Entscheidung der Eingangsstelle, mit der der Antrag auf teilweise Erstattung der europäischen Recherchengebühr zurückgewiesen wurde. Die Entscheidung wurde unter anderem damit begründet, daß die Kriterien für die Rückerstattung der europäischen Recherchengebühr in Artikel 10 GebO definiert seien und dieser Artikel keine Ermessensausübung zugunsten der Anmelderin zulasse; im vorliegenden Fall seien diese Kriterien nicht in vollem Umfang erfüllt, da die Anmeldung die Priorität der früheren Anmeldung, nämlich PCT/US 86/01635, nicht in Anspruch nehme.

V. Die Anmelderin legte am 16. März 1987 Beschwerde ein; sie beantragte darin die Aufhebung der Entscheidung der Eingangsstelle und die teilweise Rückerstattung der europäischen Recherchengebühr. Außerdem beantragte sie eine mündliche Verhandlung. Die Beschwerdegebühr wurde fristgerecht entrichtet.

VI. In ihrer am 21. April 1987 eingereichten Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vor:

a) Der Gegenstand der vorliegenden Anmeldung sei identisch mit dem der internationalen Patentanmeldung Nr. PCT/US 86/01635, die die Priorität der US-Voranmeldung Nr. 764 877 in Anspruch nehme und am 31. Juli 1986 beim US-Patent- und Markenamt als Anmeldeamt eingereicht worden sei; die Recherche zu dieser Anmeldung sei von der Internationalen Recherchenbehörde in Den Haag durchgeführt worden. Die Anmeldung PCT/US 86/01635 sei am 12. April 1987 als europäische Patentanmeldung Nr. 86 905 098.9 in die regionale Phase eingetreten und enthalte die Benennung aller damals benennbaren Staaten. Spanien und Griechenland hätten erst in den ab 1. Oktober 1986 eingereichten europäischen Patentanmeldungen benannt werden können. ... Die vorliegende Patentanmeldung enthalte jedoch nichts, was nicht auch in der früheren Anmeldung beansprucht worden sei. Somit seien alle im Recherchenbericht zu der früheren Anmeldung (PCT/US 86/01635) angeführten Dokumente wahrscheinlich auch für die vorliegende Anmeldung relevant; es könne mit einer Ausnahme wohl keine Entgegenhaltungen gegen die vorliegende Anmeldung geben, die nicht bereits gegen die frühere Anmeldung angeführt worden seien. Die einzige Ausnahme könnten Dokumente sein, die für die frühere Anmeldung irrelevant seien, weil sie an oder nach dem beanspruchten Prioritätstag vom 12. August 1985 veröffentlicht worden seien, für die vorliegende Anmeldung jedoch relevant seien, weil sie vor deren Anmeldetag veröffentlicht worden oder gleichzeitig anhängige europäische Anmeldungen seien, deren Prioritätstag nach dem der früheren Anmeldung, aber vor dem der vorliegenden Anmeldung liege. Der Zeitraum, auf den diese Ausnahme zutreffe, sei kurz im Vergleich zu der Zeit, die eine Recherche entweder zu der früheren oder zu der vorliegenden Anmeldung (getrennt genommen) in Anspruch nehmen würde.

c) Die vorliegende Anmeldung hätte unter Inanspruchnahme der Priorität der Anmeldung PCT/US 86/01635 eingereicht werden können. Wäre dies geschehen, dann wäre wohl die Recherchengebühr für die vorliegende Anmeldung aufgrund von Artikel 10 (1) GebO ganz oder teilweise zurückerstattet worden. Die Priorität sei jedoch deshalb nicht beansprucht worden, weil sie nicht wirksam gewesen wäre; der in der vorliegenden Anmeldung beanspruchte Gegenstand sei auch Gegenstand der US-Patentanmeldung 764 877 gewesen, die jedoch mehr als zwölf Monate zurückliege ....

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. Was den Antrag auf mündliche Verhandlung anbelangt, so ist die Kammer der Auffassung, daß die Beschwerdeführerin in ihrer unter Nummer VI genannten umfassenden Beschwerdebegründung alle nur denkbaren Aspekte zur Stützung ihres Vorbringens berücksichtigt hat. Außerdem weist der vorliegende Fall kaum Sachverhalte auf, die in einer mündlichen Verhandlung geklärt werden müßten, um eine tragfähige Grundlage für die Entscheidung der Kammer zu schaffen. Unter diesen Umständen erachtet die Kammer, die hier gemäß Artikel 116 (2) in Verbindung mit Artikel 111 (1) EPÜ im Rahmen der Zuständigkeit der Eingangsstelle tätig wird, eine mündliche Verhandlung nicht für sachdienlich. Dem Antrag kann deshalb nicht stattgegeben werden.

3. Die Bestimmungen, die die Rückzahlung der Gebühr für den europäischen Recherchenbericht regeln, sind in Artikel 10 GebO enthalten. In Absatz 1 dieses Artikels heißt es - soweit dies hier von Belang ist - daß die Recherchengebühr ganz oder teil weise zurückzuerstatten ist, wenn der europäische Recherchenbe richt auf einen früheren Recherchenbericht gestützt wird, den das Amt bereits für eine Patentanmeldung erstellt hat, deren Priori tät für die (vorliegende) europäische Patentanmeldung beansprucht wird. Diese Bestimmungen sind in der Rechtsauskunft Nr. 14/83 des Europäischen Patentamts (veröffentlicht in ABl. EPA 1983, 189-198) kommentiert worden.

4. Im vorliegenden Fall liegt klar auf der Hand, daß das Erfor dernis der Inanspruchnahme der Priorität der früheren Anmeldung (PCT/US 86/01635) nicht erfüllt ist. Die Beschwerdeführerin, die sich dessen durchaus bewußt ist, stützt ihren Antrag auf teil weise Rückzahlung der Gebühr für den europäischen Recherchen bericht denn auch nicht auf eine wie auch immer geartete Ausle gung des Artikels 10 GebO, sondern "auf dieselben Grundsätze", die auch diesem Artikel zugrunde liegen, nämlich auf den Grund satz der Billigkeit; sie macht dabei geltend, daß weder das EPÜ als Ganzes noch die Gebührenordnung alle Umstände nennen, unter denen eine Rückerstattung der Recherchengebühr in Frage kommt.

5. Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen. Die Annahme, das EPA sei befugt, bei der Rückzahlung der Gebühr für den europäischen Recherchenbericht ein pflichtgemäßes Ermes sen auszuüben, entbehrt jeder Grundlage. Ein solches Ermessen könnte auch angesichts der großen Zahl von Anmeldungen beim EPA und der Vielfalt der Grenzfälle, die auf einer derart allgemeinen Grundlage im einzelnen geprüft werden müßten, in der Praxis zu ernstlichen Schwierigkeiten führen.

6. Außerdem ist festzuhalten, daß das Erfordernis der Prioritäts beanspruchung in diesem Zusammenhang nicht als reine Formalität angesehen werden darf, sondern auf der wichtigen Tatsache beruht, daß ein solcher begründeter Prioritätsanspruch im allgemeinen die Erstellung des Recherchenberichts für die spätere Anmeldung auf der Grundlage des für die frühere, prioritätsbegründende Anmel dung erstellten erleichtert, da keine Zeitdifferenz vorliegt, die durch eine zusätzliche Recherche zur späteren Anmeldung über brückt werden müßte. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß die vorliegende Anmeldung mit einem Prioritätsrecht aus der Anmeldung PCT/US 86/01635 hätte eingereicht werden können, ist nicht überzeugend. Die Kammer teilt in dieser Hinsicht die in der Rechtsauskunft Nr. 14/83 (Nr. 8) vertretene Ansicht, daß aus der bloßen Beanspruchung eines nicht bestehenden Prioritätsrechts keine Rechte hergeleitet werden können.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

7. Bei der Entscheidung darüber, ob der Anmelder Anspruch auf die Rückerstattung der Gebühr für den europäischen Recherchenbericht hat, müssen daher die in Artikel 10 GebO genannten Kriterien streng angewandt werden. Aus Nummer 4 geht hervor, daß diese Kriterien im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Daher muß die Beschwerde zurückgewiesen werden.

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