J 0016/87 () of 28.7.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:J001687.19870728
Datum der Entscheidung: 28 Juli 1987
Aktenzeichen: J 0016/87
Anmeldenummer: 85902021.6
IPC-Klasse: B65G 21/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Förderanlagen aus Sektionen von Tragkonstruktionen
Name des Anmelders: Schröder KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules relating to fees Art 7(2)
Schlagwörter: Umbuchung - nachträgliche
Particulars concerning payments
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0023/82
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf der Grundlage einer frühesten Priorität vom 12. Mai 1984 reichte der Vertreter der Beschwerdeführerin (nachfolgend "Vertreter" genannt) am 16. März 1985 beim EPA als Anmelderamt die Euro-PCT-Anmeldung PCT/EP 85/00168, später europäische Patentanmeldung 85 90 221.6, ein.

II. Bei Abschluß der internationalen Phase (13. Januar 1986) hatte der Vertreter beim EPA als Anmeldeamt ein Gebührenguthaben von 2 081.- DM. Er beantragte am 20. Mai 1986 dessen Rückzahlung. Am 13. Juni 1986 wurde ihm ein Verrechnungsscheck zugeschickt (Bl. 50, 51a und 51b d.A.).

III. Am 13. Februar 1986 lief die "Grundfrist" nach Regel 104b (1) EPÜ zur zuschlagsfreien Nachzahlung der nationalen Gebühr von 560.- DM und je 280.- DM für die 10 Benennungen ab.

IV. Mit Schreiben vom 24. Juni 1986 legte der Vertreter (erneut) dar, daß die Zahlung der Gebühren nach III. unterblieben ist, weil er von der Vorstellung ausgegangen war, daß ein von ihm erklärter Prioritätsverzicht eine Fristverschiebung "bis zum 12. November 1986" bewirkt habe. Außerdem kündigte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung jener Gebühren (III.) an. Er sei nämlich an der, spätestens am Montag, den 14. April 1986 notwendigen Zahlung (Ende der "Nachfrist" nach Regel 85a EPÜ) durch einen am 10. April 1986 in der Schweiz erlittenen Verkehrsunfall verhindert gewesen. Ferner wies er (Seite 2, Mitte, seines Schreibens) darauf hin, daß ein Guthaben von 2 081.- DM zur Verrechnung zur Verfügung stehe. Den ihm übersandten Scheck habe er nicht eingelöst. Im weiteren Verlauf stellte er dann den Wiedereinsetzungsantrag unter Zahlung der Gebühr und eines "Restbetrags" von 1 221.- DM zur Deckung des nach Verrechnung der 2 081.- DM noch offenen Fehlbetrages zur Deckung der genannten (III.) Gebühren.

V. Am 12. Juni 1986 (Bl. 43 d.A.) erließ die Eingangsstelle des EPA eine Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ, daß die europäische Patentanmeldung wegen Nichtzahlung der Gebühren (III.) innerhalb der Fristen nach Regel 104 b (1) bzw. 85a EPÜ als zurückgenommen gelte. Mit der Entscheidung vom 30. Januar 1987 wies die Eingangsstelle unter Bestätigung des Rechtsverlusts an der Anmeldung den Wiedereinsetzungsantrag zurück.

VI. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde. Die Darlegung aller Vorgänge und Ausführungen, die sich auf die Wiedereinsetzung beziehen, kann unterbleiben. Der Vertreter hat sich nämlich mit Schreiben vom 14. Juli 1987 auf die Benennung von 5 Vertragsstaaten beschränkt, also auf die übrigen 5 Benennungen verzichtet.

Entscheidungsgründe

1. Die Prüfung der zulässigen Beschwerde kann sich nach Verzicht auf 5 Benennungen auf die Frage beschränken, ob eine Verrechnung des am 13. Februar 1986, also bei Ablauf der Frist nach Regel 104b (1) EPÜ zur Verfügung stehenden Guthabens aus der internationalen Phase von 2 081.-DM auf die Eingangsgebühren der regionalen Phase möglich ist.

2. Zunächst ist allerdings festzustellen, daß der Beschwerdeführer weder bei Ablauf der "Grundfrist" (13. Februar 1986), noch bei Ablauf der "Nachfrist" (14. April 1986) die Absicht hatte, die Gebühren nach Regel 104 b (1) EPÜ zu zahlen. Der Grund war keineswegs sein Autounfall, sondern seine mehrfach und auch noch nach dem Unfall (10. April 1986) und nach dem Ablauf der Nachfrist schriftlich dargelegte Auffassung, daß die Zahlungsfrist infolge eines Prioritätsverzichts erst im Dezember 1986 ende. Dieser Irrtum läßt es aber andererseits als folgerichtig erscheinen, daß er sein am 13. Februar 1986 (Ende der "Grundfrist") bestehendes Guthaben mit Schreiben vom 20. Mai 1986 zunächst einmal zurückverlangte, denn er glaubte, erst im Dezember 1986 weitere Gebühren zahlen zu müssen.

3. Als nächstes ist festzuhalten, daß am 13. Februar 1986 (Ende der "Grundfrist") eine Situation bestand, in der einerseits die Gebühren nach Regel 104 b (1) EPÜ fällig waren und andererseits ein (damals noch nicht zurückgefordertes) Guthaben von 2.081,- DM aus derselben Anmeldung vorhanden war. Nach der Praxis des EPA (siehe Richtlinien Teil A, Kap. XII - 10.5) hätte dieses Guthaben zur Zahlung eines Teiles der Gebühren verwendet werden können, wenn ein Umbuchungsauftrag spätestens an dem genannten Tag erteilt worden wäre. Dies wäre nicht davon abhängig gewesen, ob dieses Guthaben aus derselben Patentanmeldung (wie hier) oder einer anderen herrührt.

4. Diese an sich mögliche Verwendung des Guthabens ist - wie dargelegt -nicht erfolgt. Es bleibt nun weiter zu prüfen, ob eine Verrechnung auch noch nach dem 13. Februar 1986 hätte beantragt und vorgenommen werden können, weil es sich nicht um irgendein, sondern um ein dieselbe Patentanmeldung betreffendes Guthaben handelte. Dieser Gedanke drängt sich auch deswegen auf, weil es naheliegt, überschüssige Gebühren, die am Ende der internationalen Phase verbleiben, für die unmittelbar daran bei Eintritt in die regionale Phase fällig werdenden Gebühren zu verwenden. Der Kammer erscheint es nicht schlechthin ausgeschlossen, daß für eine bestimmte Anmeldung gezahlte Gebühren, die ihren Zweck verloren haben und zurückgezahlt werden müßten, auf später für dieselbe Anmeldung fällig werdende Gebühren angerechnet werden, auch wenn diese Anrechnung erst nach der Fälligkeit der letztgenannten Gebühren beantragt wird. Es besteht hier eine Artikel 7 (2) GebO EPÜ analoge Situation.

5. Der Rechtsgedanke, daß für ein und dieselbe Patentanmeldung gezahlte Gebühren nachträglich in ihrer Zweckbestimmung geändert werden können, obwohl die Situation entsprechend Artikel 7 (2) GebO EPÜ nicht im strengen Sinne, sondern nur in ähnlicher Weise besteht, ist in der Praxis des EPA bereits verschiedentlich zum Ausdruck gekommen. So können beispielsweise nach den Richtlinien Teil A, Kap. III-9, Anspruchsgebühren, die für die Ansprüche "11. und folgende" gezahlt sind, aber nicht für alle diese Ansprüche ausreichen, nachträglich bestimmten Ansprüchen der Gruppe "11. und folgende" zugerechnet werden. Die Entscheidung J 23/82 (Amtsbl. EPA 1983, 127) läßt es zu, daß der Anmelder, der innerhalb der Nachfrist nach Regel 85a EPÜ 8 Benennungsgebühren ohne den erforderlichen Zuschlag gezahlt hat, nachträglich die Zweckbestimmung dieser Gebühren so ändert, daß für einen auszuwählenden Teil der benannten Vertragsstaaten die Benennungsgebühren mit Zuschlag entrichtet sind und damit der Rechtsverlust für die Anmeldung insgesamt vermieden wird.

6. Die Kammer hätte es dementsprechend auch nach Ablauf der "Grundfrist" (13. Februar 1986) für möglich gehalten, daß der Anmelder analog Artikel 7 (2) GebO-EPÜ gefragt worden wäre, was mit dem damals bestehenden Guthaben geschehen soll. Setzt man Zahlungswillen voraus, so wäre die Antwort zwangsläufig gewesen, daß der Gebührenüberschuß aus der internationalen Phase mit den bei Eintritt in die regionale Phase fällig gewordenen Gebühren verrechnet wird.

7. Zu einer solchen Entwicklung, die hier die vernünftige Entwicklung gewesen wäre, ist es aber nicht gekommen. Der Vertreter lebte in der irrtümlichen Vorstellung, daß die Gebühren nach Regel 104 b (1) EPÜ infolge eines Prioritätsverzichts erst im Dezember 1986 zu zahlen sind. Entsprechend diesem Irrtum beantragte er mit Schreiben vom 20. Mai 1986 die Auszahlung seines Guthabens von 2 081,- DM und erklärte dabei, daß die fraglichen Gebühren erst später zu zahlen seien. Erst durch ein Schreiben des Juristischen Dienstes des EPA vom 16. April 1986 ließ er sich überzeugen, daß er sich in einem Irrtum befunden hatte. Daraufhin beantragte er mit Schreiben vom 12. Juni 1986 die Verrechnung seines nach wie vor bestehenden Guthabens rückwirkend zum 13. Februar 1986 (Ende der "Grundfrist").

8. Es bleibt nun die Frage, ob diesem späten Verrechnungsantrag nicht die Tatsache entgegensteht, daß der Vertreter mit Schreiben vom 20. Mai 1986 die Auszahlung seines Guthabens von 2081,- DM beantragt, einen Scheck über diesen Betrag erhalten, wenn auch nie eingelöst, sondern zurückgeschickt hat. Der Antrag auf Auszahlung vom 20. Mai 1986 ist sicher eine Verfügung über das Guthaben und das Gegenteil eines Antrags auf Verrechnung. Für das EPA war aber erkennbar, daß der Antrag auf Auszahlung auf einem Irrtum beruhte und der Vertreter diesen Antrag bei verständigerWürdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. In demselben Schreiben, mit dem er die Auszahlung begehrt, trägt der Vertreter seine irrige Vorstellung vor, daß die fraglichen Gebühren infolge eines Prioritätsverzichts erst Ende 1986 zu zahlen seien. Dabei ist aber unzweifelhaft, daß er die Aufrechterhaltung der Anmeldung wünscht und ihren Rechtsverlust nicht hinnehmen will. Bei einer Gesamtwürdigung des Schreibens vom 20. Mai 1986 ist daher für das EPA erkennbar, daß der Vertreter bei vernünftiger Würdigung des Falles keine Auszahlung seines Guthabens begehren konnte. Für das EPA war zu diesem Zeitpunkt erkennbar, daß - wenn überhaupt - nur noch die Verrechnung des Guthabens die Anmelderin vor dem vollständigen Rechtsverlust an der Anmeldung bewahren konnte. Der Antrag auf Auszahlung in dem in sich selbst in Widerspruch stehenden Schreiben vom 20. Mai 1986 ist daher nicht als eine Verfügung über das Guthaben anzusehen, die eine Verrechnung ausschließt. Der Antrag auf Verrechnung folgte dann auch bald mit Schreiben vom 12. Juni 1986. Die Situation ist daher so zu bewerten, wie wenn nie ein Antrag auf Auszahlung des Guthabens gestellt worden wäre. In diesem besonders gelagerten Fall ist daher nachträglich die Verrechnung des Guthabens in der Weise möglich, daß das Guthaben vom 13. Feburar 1986 über 2 081.- DM verrechnet wird als nationale Gebühr von 560.- DM und als Gebühr für 5 Benennungen nach getroffenen Wahl mit 1 400,-DM, wobei ein zurückzuzahlender Rest von 121.- DM verbleibt.

9. Die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr von 125.- DM kann angeordnet werden, da der Wiedereinsetzungsantrag unter dem Eindruck eines Rechtsverlusts an der Anmeldung insgesamt gestellt war. Bei einer Verrechnung, wie sie nunmehr erfolgt, unter Verzicht auf 5 Benennungen wäre eine Wiedereinsetzung von vorneherein nicht notwendig gewesen. Im übrigen wird die Gebührensituation insbesondere unter Berücksichtigung der Anspruchsgebühren, von der Eingangsstelle zu regulieren sein.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Mitteilung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts nach Regel 69 (1) vom 12. Juni 1986 und ihre Entscheidung vom 30. Januar 1987 werden aufgehoben.

2. Die Rückzahlung der Wiedereinsetzungsgebühr von 125.- DM wird angeordnet.

3. Die Sache wird zur Fortführung des Verfahrens an die Eingangsstelle des Europäischen Patentamts zurückverwiesen.

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