European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1987:J003386.19870710 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 Juli 1987 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0033/86 | ||||||||
Anmeldenummer: | 84108883.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A01K 1/015 | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | Cattus | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | 1. Gebühren sind nach dem Fälligkeitsdatum grundsätzlich nicht rückzahlbar. 2. Liegt kein rechtliches Hindernis gegen die Prüfung vor, so kann die Prüfungsgebühr nicht mehr zurückgezahlt werden, wenn die Zuständigkeit für die Prüfung bereits auf die Prüfungsabteilung übergegangen ist (Im Anschluss an die Entscheidung J 14/85 vom vom 30. Juli 1986, ABl. EPA 2/1987,47). |
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Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Rückzahlung der Prüfungsgebühr Prüfungsgebühr/Rückzahlung Zuständigkeit der Prüfungsabteilung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Am 26. Juli 1984 reichte die Beschwerdeführerin eine europäische Patentanmeldung zusammen mit einem Prüfungsantrag nach Artikel 94 EPÜ ein.
II. Am 7. Juni 1985 wurde der Beschwerdeführerin der europäische Recherchenbericht übermittelt.
III. Am 10. Juli 1985 teilte die Eingangsstelle der Beschwerdeführerin mit, daß die Anmeldung am 4. September 1985 veröffentlicht werde.
IV. Mit Schreiben vom 2. September 1985 bestätigte die Beschwerdeführerin ihren Prüfungsantrag und entrichtete die Prüfungsgebühr in Höhe von 2 120 DEM.
V. Mit Schreiben vom 20. Februar 1986 nahm die Beschwerdeführerin die Anmeldung zurück und beantragte die Rückzahlung der Prüfungsgebühr, da die Sachprüfung noch nicht begonnen habe. In einem weiteren Schreiben vom 21. April 1986 beantragte sie eine Teilrückzahlung, falls eine Rückzahlung in voller Höhe nicht möglich sei.
VI. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 4. Juni 1986 wurde der Antrag auf Rückzahlung mit der Begründung abgelehnt, daß Gebühren nicht zurückgezahlt werden könnten, wenn sie erst einmal fällig geworden seien. Eine Rückzahlung sei entsprechend der Rechtsauskunft Nr. 1/79 nur möglich, wenn die Anmeldung zurückgenommen worden sei, bevor die Zuständigkeit von der Eingangsstelle auf die Prüfungsabteilung übergegangen sei; dies sei hier jedoch nicht der Fall.
VII. Mit Schreiben vom 13. August 1986 legte die Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und reichte mit Schreiben vom 13. Oktober 1986 die Beschwerdebegründung ein, in der sie sich auf die Rechtsauskünfte Nrn. 1/79 und 10/81 (ABl. EPA 1979, 61 bzw. 1981, 349) sowie die Entscheidungen der Juristischen Beschwerdekammer J 06/83 vom 25. September 1984 und J 08/83 vom 13. Februar 1985 (ABl. EPA 1985, 97 bzw. 102) berief, wonach eine Rückzahlung der Prüfungsgebühr möglich sei. Auch wenn die Zuständigkeit für die Anmeldung etwa drei Monate vor Zurücknahme der Anmeldung von der Eingangsstelle auf die Prüfungsabteilung übergegangen sei, könne die Prüfungsgebühr noch zurückgezahlt werden, da die Bescheide der Prüfungsabteilung erfahrungsgemäß meist erst vier Monate nach Stellung eines wirksamen Prüfungsantrags ergingen. Zumindest sei eine teilweise Rückzahlung gerechtfertigt, da der bisherige Prüfungsaufwand minimal sei. Schließlich werde ja auch die Recherchengebühr - die niedriger als die Prüfungsgebühr sei - nach Artikel 10 (4) der Gebührenordnung (GebO) zurückerstattet, wenn das Amt mit der Erstellung des Recherchenberichts noch nicht begonnen habe.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Wie in der der Entscheidung J 14/85 vom 30. Juli 1986 (ABl. EPA 1987, 49) zugrunde liegenden Sache wird hier die Frage aufgeworfen, ob und wann eine bereits entrichtete Prüfungsgebühr zurückgezahlt werden kann, wobei jedoch der allgemeine Grundsatz des EPA zu berücksichtigen ist, daß Gebühren, die vor oder bei Fälligkeit entrichtet worden sind, nicht rückzahlbar sind. Ohne diesen Grundsatz wären die Sonderbestimmungen über die Rückzahlung bestimmter Gebühren überflüssig. Diese besonderen Bestimmungen über die Rückerstattung der Recherchengebühr (Art. 10 GebO), der Gebühr für ein technisches Gutachten (Art. 10a GebO) oder der Beschwerdegebühr (Regel 67 EPÜ) bestätigen daher den allgemeinen Grundsatz, daß bereits entrichtete Gebühren nicht zurückgezahlt werden.
3. Das Übereinkommen sieht keine Rückzahlung der Prüfungsgebühr vor; Regel 6 (3) EPÜ in Verbindung mit Artikel 12 GebO sieht lediglich eine Ermäßigung um 20 % unter bestimmten Bedingungen vor.
4. Stellt der Anmelder Prüfungsantrag und entrichtet die Prüfungsgebühr, bevor ihm der europäische Recherchenbericht zugegangen ist, und erklärt er nicht innerhalb der in Artikel 96 (1) EPÜ genannten Frist, ob er seine Anmeldung aufrechterhält, so gilt die Anmeldung nach Artikel 96 (3) als zurückgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die Eingangsstelle für die Prüfung der Anmeldung zuständig (vgl. Art. 16 EPÜ). Die Zuständigkeit geht nicht auf die Prüfungsabteilung über (vgl. Art. 18 (1) EPÜ), und die Prüfungsgebühr wird nach allgemeiner Praxis des Amts zurückgezahlt (vgl. Rechtsauskunft Nr. 1/79, ABl. EPA 1979, 61; Prüfungsrichtlinien A-XI, 10.2.4; Gall, "Münchner Gemeinschaftskommentar", Kommentar zu Artikel 51, Nrn. 380 ff.). Die Juristische Beschwerdekammer hat diese Praxis bestätigt (vgl. J 08/83, ABl. EPA 1985, 102, Nrn. 3 bis 6 und J 06/83, ABl. EPA 1985, 97, Nr. 6).
5. Im vorliegenden Falle findet diese Praxis jedoch keine Anwendung, da der Anmelder nach Erhalt des Recherchenberichts vom 7. Juni 1985 durch Entrichtung der Prüfungsgebühr unmißverständlich zu verstehen gab, daß er die Anmeldung aufrechterhalten wolle. Die Zuständigkeit für die Anmeldung ging damit gemäß den Artikeln 16 und 18 (1) EPÜ eindeutig auf die Prüfungsabteilung über. Außerdem wurde in früheren Entscheidungen folgendes befunden: Wird die Anmeldung zurückgenommen, nachdem die Zuständigkeit für die Prüfung auf die Prüfungsabteilung übergegangen ist, aber noch bevor diese tatsächlich mit der Sachprüfung begonnen hat, so kann die Prüfungsgebühr nur dann zurückgezahlt werden, wenn die Prüfung aus rechtlichen Gründen nicht in Angriff genommen werden konnte (J 14/85, ABl. EPA 1987, 47). Solche Hinderungsgründe lagen im vorliegenden Fall nichtvor.
6. Es gibt auch keine andere rechtliche Grundlage für eine Rückzahlung dieser Gebühr. Die Anmelderin beruft sich auf Artikel 10 GebO über die Rückerstattung der Recherchengebühr; dort heißt es in Absatz 4, daß die Recherchengebühr in voller Höhe zurückerstattet wird, wenn die Anmeldung zu einem Zeitpunkt zurückgenommen wird, in dem das Amt mit der Erstellung des europäischen Recherchenberichts noch nicht begonnen hat. Die Anmelderin argumentiert, daß die Regelung für die Recherchengebühr auch für die - höhere - Prüfungsgebühr gelten solle. Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Wie in Nummer 2 erläutert, sieht Artikel 10 GebO eine spezielle Ausnahme von der allgemeinen Regelung vor; nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen kann eine Ausnahme nicht auf Fälle ausgedehnt werden, für die sie gar nicht gedacht ist. Um das von der Anmelderin angestrebte Ergebnis zu erreichen, müßte man besondere Bestimmungen in die Gebührenordnung aufnehmen. Auch stellt der Umstand, daß eine Rückzahlung möglicherweise "billig" wäre, an sich noch keinen rechtlichen Grund dar, sie auch vorzunehmen, es sei denn, die "Billigkeit" würde in den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen zum Kriterium für die Rückzahlung gemacht, wie dies in Regel 67 EPÜ hinsichtlich der Beschwerdegebühr der Fall ist.
7. Da im vorliegenden Falle somit keine rechtliche Grundlage für eine Rückzahlung der Prüfungsgebühr gegeben ist, wird die angefochtene Entscheidung vom 4. Juni 1986 aufrechterhalten und die Beschwerde zurückgewiesen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.