J 0010/86 () of 4.5.1987

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1987:J001086.19870504
Datum der Entscheidung: 04 Mai 1987
Aktenzeichen: J 0010/86
Anmeldenummer: 85890058.2
IPC-Klasse: B01D 13/04
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Struktur mit Membranen, die durchgehende Poren aufweisen
Name des Anmelders: Sleytr Uwe, Sara Margit
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 71(1)
European Patent Convention 1973 Art 71(2)
European Patent Convention 1973 Art 79
European Patent Convention 1973 Art 91(4)
European Patent Convention 1973 R 69(1)
European Patent Convention 1973 R 85a
Rules relating to fees Art 7(2)
Rules relating to fees Art 9(2)
Schlagwörter: Berichtigung von Unrichtigkeiten
Vorsorgliche Benennung
Nichtentrichtung der Benennungsgebühren
Correction of errors
Designation
Precautionary designation
Non-payment of designation fees
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0019/96

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 85 890 058.2, für die die Priorität einer nationalen österreichischen Anmeldung vom 9. März 1984 in Anspruch genommen wurde, ist am 11. März 1985 eingereicht worden.

II. In dem Antrag auf Erteilung hatte die Anmelderin acht Staaten (Italien, Österreich, Belgien, Schweiz, Frankreich, Schweden, Vereinigtes Königreich, Niederlande) im Feld VII ausdrücklich benannt. Im Feld XVII des Formblattes hatte die Anmelderin eine vorsorgliche Benennung sämtlicher Vertragsstaaten gemacht; am 2. April 1985 entrichtete die Anmelderin Benennungsgebühren für die obengenannten acht Vertragsstaaten.

III. Am 19. Juli 1985 teilte die Eingangsstelle der Anmelderin die europäische Veröffentlichungsnummer mit und wies sie gleichzeitig darauf hin, daß die technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung abgeschlossen seien und die Anmeldung am 11. September 1985 veröffentlicht würde.

IV. Am 22. August 1985 kündigte der Vertreter der Anmelderin telefonisch die Einreichung eines Antrags auf Berichtigung der Staatenbenennung an, sodaß im Feld VIII auch die Benennung der BRD anzugeben wäre.

Obwohl von der Eingangsstelle dem Vertreter in diesem Telefongespräch klargemacht wurde, daß die technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung schon längst abgeschlossen seien und deshalb eine Mitteilung über die Einreichung des Berichtigungsantrags nicht mehr mitveröffentlicht und dem Antrag deshalb nicht stattgegeben werden könne, wurde am 26. April 1985 von dem Vertreter der Anmelderin ein Berichtigungsantrag beim Europäischen Patentamt eingereicht.

Zugleich wurde die Benennungsgebühr mit Zuschlag für die Benennung der BRD, die irrtümlicherweise im Feld VIII des Antrags auf Erteilung nicht benannt worden war, entrichtet. Die erforderlichen Beweismittel und eine ausführliche Begründung wurden angekündigt.

Ferner wurde auch beantragt, einen Hinweis auf den Berichtigungsantrag bei der kurzfristig vorgesehenen Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung zu veröffentlichen.

V. Am 11. September 1985 folgten eine ausführliche Begründung und eidesstattliche Erklärungen der mit der Einreichung der Anmeldung befaßten Personen, mit den der angebliche Irrtum im Erteilungsantrag nachgewiesen werden sollte. Darüber hinaus wurde beantragt, den Berichtigungsantrag sobald wie möglich, spätestens jedoch mit dem europäischen Recherchenbericht, zu veröffentlichen, falls die Veröffentlichung dieses Hinweises aus technischen Gründen nicht zusammen mit der Veröffentlichung der Anmeldung erfolgen könne.

VI. Am 31. Oktober 1985 traf die Eingangsstelle die angefochtene Entscheidung, den Berichtigungsantrag zurückzuweisen. In der Entscheidung vertrat die Eingangsstelle die Auffassung, ein Antrag auf Berichtigung einer Benennung wäre im Interesse der Öffentlichkeit zurückzuweisen, wenn der Antrag nicht so rechtzeitig gestellt wird, daß der Anmeldung in der veröffentlichten Form ein Hinweis für Dritte auf die Stellung dieses Antrags beigefügt werden kann. In dem zu entscheidenden Fall sei der Antrag erst zu einem Zeitpunkt gestellt worden, zu dem die technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung der Anmeldung längst abgeschlossen waren und es dem EPA auch nicht mehr möglich war, in den Veröffentlichungsprozeß einzugreifen. Außerdem ist die Veröffentlichung eines Hinweises auf einen Berichtigungsantrag, der sich auf eine als bereits zurückgenommene geltende Benennung bezieht, nicht zweckmäßig.

Im Erteilungsantrag wurden im Feld XVII sämtliche Staaten vorsorglich mit dem Ersuchen benannt, die Benennung als von der Anmelderin zurückgenommen zu betrachten, wenn für diese Staaten die Benennungsgebühr nicht bis zum Ablauf der in Regel 85a EPÜ vorgesehenen Nachfrist entrichtet würden.

Die BRD sei zwar vorsorglich benannt gewesen, jedoch sei innerhalb der Nachfrist der Regel 85a EPÜ keine entsprechende Benennungsgebühr entrichtet worden, so daß die Benennung dieses Staates als zurückgenommen gelte (Art. 91 (4) EPÜ). Die Zurücknahme der Benennung der BRD erfolgte auch nach der im Feld XVII des Erteilungsantrags enthaltenen Bedingung, die eindeutig auf Seite 4 des Formulars ohne weiteren Vorbehalt erklärt wurde.

VII. Der Vertreter der Beschwerdeführerin legte gegen die Entscheidung der Eingangsstelle Beschwerde ein, die am 27. Dezember 1985 beim Amt einging.

In ihrer Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Entscheidung der Eingangsstelle sowie die Berichtigung des Erteilungsantrags in der Weise, daß die BRD im Feld VIII des Erteilungsantrags angegeben werde, weiter die Veröffentlichung des Hinweises auf den Berichtigungsantrag mit der gesonderten Veröffentlichung des europäischen Recherchenberichts.

Die Beschwerdegebühr wurde am 27. Dezember 1985 ordnungsgemäß entrichtet.

VIII. In ihrer Begründung, die am 10. März 1986 beim Amt eingereicht wurde, machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes geltend:

- Da die Benennung sämtlicher Vertragsstaaten vorsorglich erfolgt ist, sei nicht auszuschließen, daß alle im Feld XVII des Erteilungsantragsformular angegebenen Vertragsstaaten definitiv benannt seien.

- Die im Feld XVII des Erteilungsantrags enthaltenen Erklärungen (Ersuchen, die Benennung der zusätzlich benannten Vertragsstaaten als zurückgenommen zu betrachten für den Fall, daß die Benennungsgebühr nicht innerhalb der Nachfrist der Regel 85a EPÜ entrichtet wird und Antrag, von einem Hinweis auf Regel 85a EPÜ und einer Mitteilung gemäß Regel 69 (1) EPÜ abzusehen) wären nicht rechtswirksam; ferner könnten sie der Anmelderin im Hinblick auf ein faires Verfahen nicht entgegengehalten werden und würden im Widerspruch zum Übereinkommen und der Ausführungsordnung stehen.

- In Ermangelung sowohl eines Hinweises auf die Regel 85a EPÜ als auch einer Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ könne die Nachfrist zur Entrichtung der Benennungsgebühr für die BRD gemäß Regel 85a EPÜ nicht als abgelaufen angesehen werden und zugleich ein Rechtsverlust gemäß Art. 91 (4) EPÜ nicht angenommen werden.

- Wenn der Berichtigungsantrag erst nach Abschluß der technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung der Anmeldung eingereicht wurde, sodaß ein entsprechender Hinweis nicht mehr veröffentlicht werden konnte, könne er zeitlich wohl bei der nach Art. 93 (2) EPÜ erforderlichen Veröffentlichung des Recherchenberichts erfolgen. Der Berichtigungsantrag sei nämlich am 26. August 1985 eingereicht und der Recherchenbericht am 8. Januar 1986 veröffentlicht worden.

IX. In einem Bescheid vom 5. August 1986 gemäß Art. 110, 2 EPÜ wurde vom Berichterstatter der juristischen Beschwerdekammer auf folgendes hingewiesen:

- Bei Berichtigung einer Benennung muß die Zahlung der Benennungsgebühr bezüglich des aufzunehmenden Staates innerhalb der Frist nach Art. 79 (2) EPÜ oder innerhalb der Nachfrist gemäß Regel 85a EPÜ erfolgen, andernfalls tritt der Rechtsverlust ein.

- Der Hinweis des EPA auf den Ablauf der Nachfrist zur Bezahlung der Benennungsgebühr und die Rechtsfolgen bei deren Versäumung ist eine freiwillige Dienstleistung des EPA, aus dessen Fehlen kein Rechtsanspruch hergeleitet werden kann.

- Der Rechtsakt einer Benennung wird in die Gebührenzahlung verlagert und die Rücknahmefiktion durch Nichtzahlung bewirkt, unabhängig von der Benachrichtigung des Anmelders vom Ablauf der Nachfrist.

X. In ihrer Erwiderung vom 13. Oktober 1986 hat die Beschwerdeführerin die in der Beschwerdebegründung enthaltenen Auffassungen aufrechterhalten. Im wesentlichen räumte die Beschwerdeführerin ein, daß die vom Berichterstatter in seinem Bescheid angeführte Entscheidung der Beschwerdekammer (J 21/84, ABl. EPA 3/1986, S. 75) einen anderen Sachverhalt zu entscheiden hatte und deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden könne.

XI. Die Beschwerdeführerin führte ferner aus, daß nach Versäumung der Grundfrist der Hinweis auf die Nachfrist der Regel 85a einer Verwaltungspraxis entspräche und daß die Entscheidung J 21/84 (zit.) mit der für Jahresgebühren angeführten Beurteilung nicht für die Regel 85a EPÜ herangezogen werden könne, weil die Regel 85a EPÜ eine Sonderregelung darstellt.

Darüberhinaus behauptete die Beschwerdeführerin, daß nach Regel 69 (1) EPÜ eine Mitteilung zwingend vorgeschrieben sei, wenn ein Rechtsverlust ohne eine Entscheidung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung oder über die Erteilung eingetreten ist. Wenn in dem vorliegenden Fall eine Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ vom EPA an die Beschwerdeführerin ergangen wäre, so wäre das Fehlen der Bundesrepublik Deutschland erkennbar geworden und die Zahlung der Benennungsgebühr mit Zuschlag hätte innerhalb der Nachfrist der Regel 85a EPÜ erfolgen können.

XII. Schließlich meinte die Beschwerdeführerin 11 Vertragsstaaten benannt, jedoch nur 8 Benennungsgebühren entrichtet zu haben, ohne daß der Bezahlung bestimmte Staaten zugeordnet worden seien. Die Eintragung der Benennungen im Feld VIII hätte keine konstitutive Wirkung. Eine Klärung der Zuordnung der Benennungen wäre erforderlich laut Art. 7 (1) GebO bei der Prüfung gemäß Art. 91 (c) EPÜ.

XIII. Die Beschwerdeführerin hatte eine mündliche Verhandlung beantragt, wenn ihrer Beschwerde ohne Verhandlung nicht stattgegeben würde.

Mit Schreiben vom 10. März 1987 wurde die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung am 4. Mai 1987 geladen, bei welcher die Beschwerdeführerin im wesentlichen ihre früheren Argumente wiederholte und ausführte, daß das EPA selbst bemerkt hätte, daß das Formblatt für den Erteilungsantrag "Form 1001.02.82" in Bezug auf die Benennung der Staaten die Anmelderin benachteiligen könnte. Um das zu verhindern, hätte das EPA für den Erteilungsantrag ein neues Formblatt eingeführt (Form 1001.10.86 im ABl. 9/1986, S. 306 ff.), in dem die Benennung von Vertragsstaaten durch Ankreuzung gemacht werden könnte und in dem ausdrücklich angegeben ist, daß die vorsorgliche Benennung der zusätzlich benannten Staaten als vom Anmelder zurückgenommen zu betrachten ist, wenn für diese Staaten die Benennungsgebühren nicht bis zum Ablauf der in Regel 85a EPÜ vorgesehenen Nachfrist entrichtet worden sind.

XV. Die Beschwerdeführerin beantragte dann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Berichtigung des Antrags auf Erteilung eines europäischen Patents dahin, daß die Bundesrepublik Deutschland im Feld VIII des Erteilungsantrags den benannten Vertragsstaaten hinzugefügt wird und das europäische Patent demgemäß auch für die Bundesrepublik Deutschland zu erteilen.

Hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und als benannte Vertragsstaaten die 8 Vertragsstaaten: Bundesrepublik Deutschland, Niederlande, Vereinigtes Königreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Belgien und Schweden anzuerkennen und entsprechend zu veröffentlichen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.

2. Durch die Benennung der Vertragsstaaten des EPÜ, in denen für eine Erfindung ein Anmelder Schutz begehren möchte, wird die territoriale Wirkung einer europäischen Patentanmeldung festgelegt. Gemäß Artikel 79 (2) EPÜ ist die Benennung erst wirksam, wenn die Benennungsgebühr entrichtet worden ist.

2.1 Die Verpflichtung zur sofortigen Benennung der Vertragsstaaten wurde im Entwurf zum PCT im Jahre 1969 eingeführt und in das EPÜ übernommen. Es wurde mit Recht hervorgehoben, daß die Anmeldung in den benannten Vertragsstaaten die Wirkung einer nationalen Anmeldung hat. Nachdem es wiederholt Fälle gegeben hatte, wo Anmelder ihre ursrünglichen Angaben ändern wollten, ist vom EPA die Möglichkeit in Betracht gezogen worden, bei der Einreichung der Anmeldung sämtliche Staaten zu benennen. Es wurden dann im Antragsformular (Feld VIII) die Staaten aufgeführt, für deren Benennung die Anmelder sich bereits entschieden haben und es wurden zugleich im Feld XVII alle Staaten vorsorglich benannt.

Nach der Einführung der vorsorglichen Benennung ist der Verfahrensablauf gegenüber dem vorigen Vorgangsverfahren nicht geändert, aber mit der Möglichkeit einer Vorsorge- Benennung hat das EPA dem Anmelder die Gelegenheit gegeben, sich die Schutzwirkung für die "Reservestaaten" dadurch zu sichern, daß die Benennungsgebühren innerhalb der Fristen nach Artikel 79 (2) EPÜ sowie noch innerhalb der Nachfrist nach Regel 85a EPÜ beglichen werden können.

2.1.2 Die Rechstsfolge der Vorsorge-Benennung ist die völlige Verlagerung der Wahlentscheidung auf die Gebührenzahlung oder auf die Zuordnung der nachträglich, aber innerhalb der offenen Fristen gezahlten Gebühren für die Vertragsstaaten, die alle bereits benannt sind.

Nach Artikel 79 (2) EPÜ ist die Benennung in ihrer Wirksamkeit zahlungsabhängig: die Benennung als Verfahrenshandlung bekommt ihre Funktion durch die entsprechende Gebührenzahlung, die eigentlich zum Funktionsträger der Benennung geworden ist (s. dazu Bossung, Münchner Gemeinschaftskommentar zur EPÜ, 8. Lief., 1986, zu Art. 79, S. 36 und 39).

2.2 Die Benennungsgebühren gemäß Artikel 79 (2) EPÜ sind innerhalb einer Grundfrist von zwölf Monaten nach Einreichung der europäischen Anmeldung, oder wenn eine Priorität in Anspruch genommen worden ist, nach dem Prioritätstag zu entrichten, oder können innerhalb einer Nachfrist von zwei Monaten nach Ablauf der Grundfrist wirksam entrichtet werden, sofern innerhalb der Nachfrist eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird (Regel 85a EPÜ, Art, 2, Nr. 3b GebO).

Wird eine Benennungsgebühr für einen Vertragsstaat bis zum Ablauf der Nachfrist der Regel 85a nicht wirksam entrichtet, so gilt die Benennung dieses Staates als zurückgenommen. (Art. 91 (4) EPÜ).

3. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin im Feld VIII des vom EPA vorgeschriebenen Formblatts für den Erteilungsantrag acht Staaten am 11. März 1985 benannt (Italien, Österreich, Belgien, Schweiz, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Niederlande, Schweden). Am 2. April 1985 hat die Beschwerdeführerin acht Benennungsgebühren bezahlt.

Am 11. März 1985, im Erteilungsantrag, ist durch Ankreuzung des Felds XVII des vorgeschriebenen Formblatts die Vorbenennung sämtlicher Vertragsstaaten vorgenommen worden und zugleich ist von der Beschwerdeführerin ersucht worden, die Benennungen der in diesem Feld benannten Vertragsstaaten als zurückgenommen zu betrachten, falls für diese Staaten die Benennungsgebühren nicht bis zum Ablauf der in Regel 85a EPÜ vorgesehenen Nachfrist entrichtet sein würden.

Darüberhinaus hat die Beschwerdeführerin durch Ankreuzung des Feldes XVII beantragt, von einem Hinweis auf die Regel 85a EPÜ und einer Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ betreffend der zusätzlich benannten Vertragsstaaten abzusehen.

3.1 Das genannte Ersuchen und die vorsorgliche Benennung, die im Feld XVII des Formblatts enthalten sind, ergeben sich aus den durch Ankreuzen ausgedrückten Willenserklärungen, die in ihrer Gesamtheit betrachtet und beurteilt werden müssen.

3.1.2 Von dem ausdrücklich angegebenen Verzicht auf einen Hinweis auf die Regel 85a EPÜ und einer Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ abgesehen, in Bezug auf den Verfahrensablauf nach Vorsorge-Benennung ist zu erwähnen, daß dann, wenn für die benannten und/oder nur vorsorglich benannten Staaten die entsprechenden Benennungsgebühren nicht innerhalb der in Artikel 79 (2) EPÜ vorgesehenen Fristen entrichtet wurden, die Frist gemäß Regel 85a EPÜ abzulaufen beginnt. Eine Benachrichtigung des Anmelders ist dann in keinem Fall erforderlich, weil der Ablauf einer Regelfrist die nachfolgende Zahlung zuschlagspflichtig macht, aber noch nicht den Rechtsverlust (Rücknahmefiktion) i. S. von Artikel 91 (4) i.V.m. Regel 69 (1) EPÜ bewirkt (s. dazu Bossung, Münchner Gemeinschaftskommentar zit., Rdn. 123, S. 37).

3.2 Mit der Frage der Rechtsfolge aus der Nichtentrichtung der Benennungsgebühr befaßt, hat die Beschwerdekammer in einem anderen Fall (J 21/84, zit. ) gemäß Artikel 91 (4) EPÜ den Eintritt des Rechtsverlusts bestätigt, weil die Zahlung der entsprechenden Benennungsgebühr für einen der Vertragsstaaten nicht innerhalb der Frist nach Artikel 79 (2) oder nach Regel 85a EPÜ bewirkt worden war.

3.2.1 Unabhängig von dem Verzicht auf den Hinweis auf die Regel 85a EPÜ, der von der Anmelderin im Formblatt ausdrücklich erklärt worden ist, scheint es angebracht, die Rechtsnatur des Hinweises des EPA auf den Ablauf der Nachfrist zur Bezahlung der Benennungsgebühr und die Rechtsfolgen bei deren Versäumung näher zu untersuchen.

3.2.1.1 Es mußt zuerst festgestellt werden, daß das EPÜ keine Vorschrift enthält, wonach der Anmelder zur Entrichtung der Benennungsgebühren aufgefordert werden muß. Tatsächlich hat die Eingangsstelle inzwischen eine Praxis von sich aus eingeführt, wonach nach Versäumung der Grundfrist der Anmelder auf die Nachfrist der Regel 85a EPÜ und auf die Rechtsfolge der Nichtentrichtung hingewiesen wird.

Obwohl eine solche Mitteilung den Hinweis auf die Einräumung der Nachfrist enthält, kann aus dessen Unterlassung der Anmelder keine Ansprüche herleiten(STREBEL, Münchner Gemeinschaftskommentar zum EPÜ, 2. Lief. zu Art. 91, Rdn. 137, 138 Seite 45).

3.2.1.2 In einer ähnlich gelagerten Situation, wie der hier zu entscheidenden, nämlich im Falle der Nichteinzahlung der Jahresgebühr, hat die Beschwerdekammer das Prinzip festgelegt und die Auffassung vertreten, daß der Anmelder dafür sorgen muß, daß die Gebühren für europäische Patentanmeldungen rechtzeitig entrichtet werden, unabhängig davon, ob er den vom EPA nach Ablauf der Zahlungsfrist nach Regel 37 (1) EPÜ (unverbindlich) abgeschickten Hinweis, daß die Jahresgebühren gemäß Artikel 86 (2) EPÜ unter Zahlung einer Zuschlagsgebühr noch wirksam entrichtet werden können, tatsächlich erhält (J 12/84, zit.). Auch in den Fällen, in denen das Europäische Patentübereinkommen wie z.B. in Regel 50 (1) EPÜ ausdrücklich vorschreibt, daß der Anmelder über eine Frist unterrichtet werden muß, kann der Anmelder aus der Tatsache, daß die Mitteilung nicht erfolgt, keine Rechte herleiten (Regel 50 (2) EPÜ). Dieses Prinzip muß dann um so mehr in diesem vorliegenden Fall gelten, in dem die Beschwerdeführerin mit der Ankreuzung des Felds XVII des Formblatts für den Erteilungsantrag auf den Hinweis auf die Regel 85a EPÜ verzichtet hat.

4. Die Entrichtung der acht Benennungsgebühren, die am 2. April 1985 erfolgt ist, entsprach vollkommen der Zahl der Benennungen, die im Antrag auf Erteilung angeführt wurden.

Somit war der Wille der Beschwerdeführerin zweifellos erkennbar, daß die gezahlte Summe für die acht angegebenen Benennungen verwendet werden sollte.

Der von der Beschwerdeführerin bei den Benennungsgebühren angegebene Zahlungszweck bezieht sich auf die Bezeichnung derjenigen Staaten, für die die Gebühren entrichtet worden sind. Diese Meinung ist von der Beschwerdekammer schon bestätigt worden (J 23/82, ABl. 1983, S. 130).

4.1 Wenn die Zahl der Benennungsgebühren der Zahl der im Feld VIII des Erteilungsantrages benannten Staaten entspricht, so kann ohne weiteres jedem benannten Staat eine Benennungsgebühr zugeordnet werden; die Angabe "Benennungsgebühren" wie in dem Brief vom 27. März 1985 an das EPA ist dann vollkommen ausreichend. Nur in dem Fall, daß weniger Benennungsgebühren entrichtet wurden, als Staaten benannt sind, dürfen die Gebühren bestimmten Staaten nicht zugewiesen werden, solange der Anmelder nicht bekanntgegeben hat, für welche Staaten die Gebühren bestimmt sind.

4.1.2 Unter den geschilderten Umständen wäre nämlich der Zweck der Zahlung nicht ohne weiteres zu erkennen und daher wäre auch Artikel 7 (2) GebO für das EPA nicht anwendbar.

Wie in der Literatur behauptet worden ist, gilt für die Benennungsgebühren die spezielle Regelung nach Artikel 9 (2) GebO, wonach die Zahlung für jene Staaten wirksam bleibt, die in der Reihenfolge ihrer Benennung durch den gezahlten Betrag gedeckt sind; nur für die weiteren Staaten würde es dann an einer wirksamen Zahlung fehlen (Gall, Mitteilungen der deutschen Patentanwälte 1981, S. 231).

5. Mit Nichtentrichtung der zusätzlichen Benennungsgebühren außer den für die im Feld VIII des Erteilungsantrages benannten acht Vertragsstaaten innerhalb der in Regel 85a EPÜ vorgesehenen Nachfrist, ist die Bedingung für die Zurücknahme der vorsorglich angegebenen Benennungen eingetreten (Artikel 91 (4) EPÜ).

6. Der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin ist auch zurückzuweisen. Aus dem von der Beschwerdeführerin eingereichten Beweismaterial ist zu entnehmen, daß sie keinen Irrtum in der im Feld VIII maschinenegeschriebenen Liste der benannten Staaten begangen hat.

In der Tat war der Irrtum den sie begangen hatte, ein Irrtum sowohl in der Unterlassung der Benennung der Bundesrepublik Deutschland wie auch in der Entrichtung der entsprechenden Gebühren.

Die Beschwerdekammer kann auch nicht annehmen, daß die Beschwerdeführerin die Absicht hatte, die Vertragsstaaten in der im Feld XVII vorgedruckten Reihenfolge zu nennen, da sie freiwillig im Feld VIII eine andere Reihenfolge gewählt hat.

Selbst wenn die Beschwerdeführerin der Eingangsstelle beweisen hätte können, daß sie im Feld VIII einen Irrtum begangen hatte, hätte die Eingangsstelle den Antrag zurückweisen müssen, da er nicht so rechtzeitig gestellt war, daß die Anmeldung in der veröffentlichten Form einen Hinweis für Dritte auf die Stellung des Antrages hätte enthalten können.

6.1 Schon in einem anderen Fall (JO 03/81, ABl. 1982, S. 104) ist die Beschwerdekammer der Ansicht gewesen, daß der Antrag, eine Unrichtigkeit der Benennung von Staaten in einer europäischen Patentanmeldung durch Hinzufügen der Benennung eines weiteren Staates zu berücksichtigen in der Regel im öffentlichen Interesse abzuweisen sei, es sei denn, der Antrag wird so frühzeitig gestellt, daß in der veröffentlichten Anmeldung ein entsprechender Hinweis für Dritte beigefügt werden kann.

6.2 Darüberhinaus hat es die Eingangsstelle mit Recht als nicht zweckmäßig angesehen, daß in der Veröffentlichung der Anmeldung ein Hinweis auf einen Berichtigungsantrag betreffend eine zurückgenommene Benennung erscheint. Ein solches Vorgehen würde nicht dem Interesse der Öffentlichkeit entsprechen, und dem Bedürfnis nach klarer Information widersprechen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Eingangsstelle des Europäischen Patentamts vom 31. Oktober 1985 wird zurückgewiesen.

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