J 0019/82 (Teilweise Zurücknahme einer Beschwerde) of 28.7.1983

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1983:J001982.19830728
Datum der Entscheidung: 28 Juli 1983
Aktenzeichen: J 0019/82
Anmeldenummer: 81301388.5
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Toray
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: In der Regel kann eine bei einer Beschwerdekammer des EPA anhaengige Beschwerde ohne Zustimmung der betreffenden Kammer zurueckgenommen werden. Eine Beschwerde kann auch teilweise zurueckgenommen werden, wenn sich der betreffende Teil auf einen besonderen Punkt bezieht, auf den in der angefochtenen Entscheidung gesondert eingegangen worden ist.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 114(1)
European Patent Convention 1973 R 9(3)
European Patent Convention 1973 R 67
European Patent Convention 1973 R 69
European Patent Convention 1973 R 85a
European Patent Convention 1973 R 85b
European Patent Convention 1973 R 88
Schlagwörter: Beschwerde/teilweise Zurücknahme
Zurücknahme/teilweise/Beschwerde
Überschreitung der übertragenen Befugnisse
Verfahrensmangel/wesentlicher
Beschwerdegebühr/Rückzahlung
Rückzahlung/Beschwerdegebühr
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0695/89
T 0025/09
T 0086/10
T 0695/18

Sachverhalt und Anträge

I. Am 31. März 1981 reichte die Beschwerdeführerin die europäische Patentanmeldung Nr. 8 130 388.5 ein, die am 21. Oktober 1981 unter der Nummer 0 038 143 veröffentlicht wurde. Sie nahm dabei die Priorität dreier früherer Anmeldungen in Japan in Anspruch und benannte zehn Vertragsstaaten.

II. In der veröffentlichten Anmeldung wurden alle zehn Staaten als benannt angegeben, obwohl die Beschwerdeführerin am 22. April 1981 nur für vier der genannten Vertragsstaaten Benennungsgebühren gezahlt hatte; sie hatte allerdings mit Schreiben vom 16. April 1981 angekündigt, daß sie später eventuell noch für weitere Staaten Gebühren entrichten werde. Innerhalb der vorgeschriebenen Frist (vgl. Art. 79 (2) und R. 85a EPÜ) wurden jedoch keine weiteren Benennungsgebühren entrichtet. Im Europäischen Patentblatt vom 6. Januar 1982 erschien eine Berichtigung hinsichtlich der vier Benennungen. Der Prüfungsantrag zu der Anmeldung wurde am 4. März 1982 eingereicht.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom 27. April 1982 die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Benennungsgebühr für einen fünften Vertragsstaat. Die Wiedereinsetzungsgebühr, die zusätzliche Benennungsgebühr und die Zuschlagsgebühr nach Regel 85a EPÜ wurden am 28. April 1982 entrichtet. Hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin in dem obengenannten Schreiben die Berichtigung eines Mangels in ihrem Schreiben vom 16. April 1981 gemäß Regel 88 EPÜ durch Hinzufügung der Benennung des fünften Vertragsstaats.

IV. Am 13. Juli 1982 erging die Entscheidung des Leiters der Formalprüfungsstelle der Generaldirektion 2, daß der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückgewiesen und auch dem Antrag auf Berichtigung eines Fehlers in dem Schreiben vom 16. April 1981 nicht stattgegeben werde. In der Entscheidung wurde die Rückzahlung der Benennungsgebühr sowie der Zuschlagsgebühr nach Regel 85a EPÜ angeordnet, die für den fünften Vertragsstaat gezahlt worden waren.

V. Die Beschwerdeführerin legte am 7. September 1982 Beschwerde ein. Die Beschwerdegebühr wurde fristgerecht entrichtet und die auf den 21. Oktober 1982 datierte Beschwerdebegründung rechtzeitig eingereicht.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und die Gewährung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung oder hilfsweise auf Berichtigung. In ihrer Beschwerdebegründung ging sie auf die wesentlichen Beschwerdepunkte ein, machte jedoch nicht geltend, daß der Leiter der Formalprüfungsstelle der Generaldirektion 2 nicht befugt gewesen sei, auch über den Berichtigungsantrag zu entscheiden; sie beantragte auch nicht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

VII. Die Juristische Beschwerdekammer wies die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. März 1983 auf ihre Entscheidungen in den Sachen J 12/82 (ABl. EPA 6/1983, 221) und J 10/82 (ABl. EPA 3/1983, 94) hin. Im zweiten Fall hatte die Juristische Beschwerdekammer eine Entscheidung des Leiters der Formalprüfungsstelle der Generaldirektion 2 über einen Antrag nach Regel 88 EPÜ wegen Überschreitung seiner Befugnisse aufgehoben und die Sache an eine Prüfungsabteilung zurückverwiesen; gleichzeitig war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet worden.

VIII. Mit Schreiben vom 17. Mai 1983 bat die Beschwerdeführerin darum, ihre Beschwerde insoweit zurücknehmen zu dürfen, als sie sich auf den Wiedereinsetzungsantrag beziehe; hinsichtlich des Berichtigungsantrags hielt sie jedoch die Beschwerde aufrecht. Sie brachte keine Argumente zu der Frage vor, ob die Entscheidung über den Berichtigungsantrag an eine Prüfungsabteilung zurückverwiesen werden sollte, beantragte für diesen Fall jedoch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

IX. Die Beschwerdeführerin bestätigte mit Schreiben vom 1. Juni 1983 die Rücknahme eines zuvor gestellten Antrags auf mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.

2. In der Sache J 12/82 (ABl. EPA 6/1983, 221) hat die Juristische Beschwerdekammer die Auffassung vertreten, daß eine Wiedereinsetzung in die Fristen nach Regel 85b EPÜ ausgeschlossen sei. Die Beschwerdeführerin bittet im vorliegenden Fall darum, ihre Beschwerde insoweit zurücknehmen zu dürfen, als sie die Wiedereinsetzung betreffe; sie gibt als Begründung an, sie könne nicht überzeugend darlegen, daß in ihrem Fall, der Fristen nach Regel 85a EPÜ betreffe, andere Erwägungen gelten könnten.

3. In der Regel kann eine bei einer Beschwerdekammer des EPA anhängige Beschwerde ohne Zustimmung der betreffenden Kammer zurückgenommen werden. Dies ergibt sich aus dem Übereinkommen, in dem ausdrücklich angegeben ist, in welchen Fällen die Zurücknahme eines Antrags nicht zulässig ist (vgl. Verbot der Zurücknahme des Prüfungsantrags in Art. 94(2) EPÜ). Beim Einspruchsverfahren ist angegeben, welche Folgen bei Zurücknahme des Einspruchs eintreten können (vgl. R. 60(2) EPÜ), wenn auch die Zurücknahme selbst nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

4. Wenn eine Beschwerde als Ganzes zurückgenommen werden kann, dann muß es nach Auffassung der Kammer auch möglich sein, daß ein Beschwerdeführer nur einen Teil seiner Beschwerde zurücknimmt; dies gilt zumindest für die Fälle, in denen sich - wie hier - der Teil, der zurückgenommen werden soll, auf einen besonderen Punkt bezieht, auf den in der angefochtenen Entscheidung gesondert eingegangen worden ist. Die Beschwerdeführerin hätte ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, diesen Teil von der Beschwerde auszuschließen, als sie in ihrer Beschwerdeschrift entsprechend Regel 64 b) EPÜ den Umfang angab, in dem sie die Änderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrte. Daraus folgt, daß gegen die Zurücknahme eines Teils der Beschwerde im vorliegenden Fall nichts einzuwenden ist.

5. Die Juristische Beschwerdekammer hat in der Sache J 10/82 (ABl. EPA 3/1983, 94) folgende Auffassung vertreten: Da die Befugnisse, mit denen die Formalsachbearbeiter nach Regel 9 (3) EPÜ betraut worden sind, Entscheidungen über Anträge auf Berichtigung von Mängeln nach Regel 88 EPÜ nicht umfassen, sind alle derartigen Anträge während des Sachprüfungsverfahrens von einer Prüfungsabteilung zu bearbeiten. Diese Entscheidung ist auch auf den vorliegenden Fall anwendbar; die Kammer muß daher den Teil der angefochtenen Entscheidung, der sich auf den Berichtigungsantrag bezieht, aufheben und den Antrag an die für die Prüfung der europäischen Patentanmeldung zuständige Prüfungsabteilung zurückverweisen.

6. Da die zu dem Berichtigungsantrag ergangene Entscheidung mit der Begründung aufgehoben werden muß, daß der Leiter der Formalprüfungsstelle der Generaldirektion 2 seine Befugnisse überschritten hat, liegt nach Ansicht der Kammer ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne der Regel 67 EPÜ vor. In Anbetracht der Sachlage, unter anderem auch der lobenswert raschen Zurücknahme des Hauptantrags durch die Beschwerdeführerin, entspricht es der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entsprechend dieser Regel anzuordnen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:

1. Die Entscheidung des Leiters der Formalprüfungsstelle der Generaldirektion 2 vom 13. Juli 1982 wird insoweit aufgehoben, als sie die Zurückweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Berichtigung eines Mangels nach Regel 88 EPÜ betrifft.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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