European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:J001604.20050428 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 April 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | J 0016/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02742991.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07F 7/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum Vermieten oder zum Aus- und Rückgeben von Waren | ||||||||
Name des Anmelders: | Rösler, Klaus-Dieter, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.1.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Nachforschung bei der Post - Mitteilung Ergebnis in Entscheidung - ohne vorherige Gelegenheit zur Stellungnahme - rechtliches Gehör verletzt | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung nach Regel 69 (2) EPÜ vom 16. Juni 2004, daß die Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ vom 31. März 2004 aufrechterhalten werde.
II. Die als internationale Anmeldung nach dem PCT (internationale Veröffentlichungsnummer WO 02/091314) eingereichte Patentanmeldung trat am 9. Dezember 2003 mit 15 Patentansprüchen in die europäische Phase vor dem Europäischen Patentamt ein, Anmeldenummer 02 742 991.9.
III. Mit einer laut ihrer Fußzeile per Einschreiben versandten Mitteilung nach Regeln 109 und 110 EPÜ vom 15. Januar 2004 (EPA Form 1226) wurden die Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß die fälligen Anspruchsgebühren für die Ansprüche 11 bis 15 nicht entrichtet worden seien und daß diese noch innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von einem Monat nach Zustellung dieser Mitteilung entrichtet werden könnten (Regel 110 (2) EPÜ).
Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß es als Verzicht auf den Anspruch gelte (Regel 110 (4) EPÜ), wenn die Anspruchsgebühr für einen Patentanspruch nicht rechtzeitig entrichtet werde.
IV. Mit Schreiben vom 31. März 2004 wurde die Feststellung eines Rechtsverlusts nach Regel 69 (1) EPÜ ausgesprochen. Die Anspruchsgebühren für die Patentansprüche 11 bis 15 seien innerhalb der in der Mitteilung nach Regel 31 (1), bzw. nach Regel 110 EPÜ gesetzten Frist nicht entrichtet worden. Dies gelte gemäß Regel 31 (2) EPÜ, bzw. Regel 110 (4) EPÜ als Verzicht auf diese Patentansprüche. Auf die Möglichkeiten, eine Entscheidung gemäß Regel 69 (2) EPÜ und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, wurde hingewiesen.
V. Mit im EPA am 20. April 2004 eingegangenem Schreiben erklärten die Beschwerdeführer, die Mitteilung nach Regel 110 (2) in EPA-Form 1226 nicht erhalten zu haben und beantragten eine Entscheidung nach Regel 69 (2) EPÜ dahingehend, daß die Feststellung eines Rechtsverlusts aufgehoben werde.
VI. Am 16. Juni 2004 erging die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung. Sie wurde wie folgt begründet:
Am 7. Mai 2004 sei bei der Deutschen Post ein Nachforschungsantrag über die Zustellung der Mitteilung nach Regeln 109 und 110 EPÜ vom 15. Januar 2004 gestellt worden. Die Deutsche Post habe die Auslieferung des Schreibens bestätigt. Damit gelte das Schreiben als zugestellt. Eine Kopie des Auslieferungsbeleges der Deutschen Post werde der Entscheidung beigefügt.
VII. Gegen diese Entscheidung legten die Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Begründung der Entscheidung und Entrichtung der Beschwerdegebühr am 25. August 2004 Beschwerde ein. Sie beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Prüfung auf der Basis von 15 Ansprüchen fortzuführen, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, den Vertretern unter Fristsetzung Gelegenheit zu geben, die zurückgezahlten notwendigen Anspruchsgebühren erneut einzuzahlen, sowie hilfsweise, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Ein ebenfalls zunächst hilfsweise gestellter Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde nach einem Zwischenbescheid der Kammer zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
2. Die Prüfungsabteilung hat ihrer Entscheidung ausschließlich das Ergebnis einer Nachforschung bei der Deutschen Post über die Zustellung der Mitteilung nach Regeln 109 und 110 EPÜ (EPA Form 1226) zugrunde gelegt, ohne die Beschwerdeführer zuvor über das Ergebnis dieser Nachforschung unterrichtet und ihnen Gelegenheit gegeben zu haben, zu den Beweisunterlagen Stellung zu nehmen.
Nach ständiger Rechtsprechung der Juristischen Beschwerdekammer im Anschluß an die Entscheidungen J 0020/85 (ABl. EPA 1987, 102) und J 0003/90 (ABl. EPA 1991, 550) verstößt das EPA gegen das Gebot der Wahrung rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ, wenn es die Beteiligten nicht vor einer Entscheidung über angestellte Ermittlungen und ihre Ergebnisse unterrichtet und ihnen nicht vor Ergehen der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Bereits in der Sache J 0020/85 hatte sich die Juristische Beschwerdekammer mit einem Fall zu befassen, in dem sich die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des Nichteingangs eines Schriftstücks auf eine Stellungnahme der Poststelle gestützt hatte, die der Beschwerdeführerin vor Erlaß der Entscheidung nicht mitgeteilt worden war.
So liegt der Fall auch hier.
3. Durch ihre voreilige Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Beschwerdeführer nicht nur daran gehindert, sich zu dem Beweiswert der Beweisunterlagen zu äußern, auf die die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung gestützt hat, sondern auch daran, noch im Verfahren vor der Prüfungsabteilung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen, wie es die Beschwerdeführer dann mit der Beschwerdeeinlegung getan haben. Unter diesen Umständen erscheint der Kammer nicht nur die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, sondern darüberhinaus auch die Zurückverweisung des Verfahrens an die Prüfungsabteilung gemäß Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ geboten, um den Beschwerdeführern die Überprüfung auch ihres Vorbringens zur hilfsweise beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in zwei Instanzen zu ermöglichen.
4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht unter den vorliegenden Umständen der Billigkeit, Regel 67, Satz 1 EPÜ.
5. In ihrer Beschwerdebegründung hatten die Beschwerdeführer hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung vor der Kammer gestellt. In Antwort auf einen Bescheid der Kammer, in der diese mitgeteilt hatte, daß sie die Beschwerde nach vorläufiger Auffassung für begründet erachte und das Verfahren zurückzuverweisen beabsichtige, haben die Beschwerdeführer ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen. Die vorliegende Entscheidung kann daher ohne mündliche Verhandlung ergehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.