J 0022/03 (Sprache der Anmeldungsunterlagen/N.N.) of 22.6.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:J002203.20040622
Datum der Entscheidung: 22 Juni 2004
Aktenzeichen: J 0022/03
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verbesserungen in einem Funk-Kommunikationssystem
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.1.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 14
European Patent Convention 1973 Art 80
European Patent Convention 1973 Art 90
European Patent Convention 1973 Art 91
European Patent Convention 1973 Art 96(2)
European Patent Convention 1973 R 39
European Patent Convention 1973 R 42
European Patent Convention 1973 R 43
Schlagwörter: Einsprachigkeit von Anmeldeunterlagen/der Beschreibung
Zuerkennung eines Anmeldetages
Vertrauensschutz
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0018/96
T 0382/94
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0019/13

Sachverhalt und Anträge

I. Am 11. Dezember 2000 wurden die Unterlagen für eine europäische Patentanmeldung eingereicht, für welche keine Priorität beansprucht wurde und welche die Anmeldenummer 00. ... erhielt. Im Erteilungsantrag und in der von der Anmelderin vorbereiteten Empfangsbescheinigung war zur Erfindernennung angegeben: "wird nachgereicht".

II. Die Unterlagen enthielten eine 9-seitige Beschreibung, deren Seiten 1 bis 4 in deutscher, die Seiten 5 bis 9 in englischer Sprache abgefaßt waren, sowie einen Patentanspruch in deutscher Sprache und zwei (in englischer Sprache beschriftete) Zeichnungsblätter.

III. Am 31. Januar 2001 erging die Mitteilung gemäß Regel 42 EPÜ, mit welcher die Anmelderin auf das Fehlen der Erfindernennung und die 16-Monatsfrist zu deren Nachreichung hingewiesen wurde.

IV. Mit Mitteilung gemäß Regel 39 EPÜ vom 8. Juni 2001 wurde die Anmelderin davon in Kenntnis gesetzt, daß die Anmeldung nicht den Erfordernissen des Artikel 80 EPÜ für die Zuerkennung eines Anmeldetages genüge, weil die Beschreibung nicht in einer der in Artikel 14 (1) und (2) EPÜ vorgesehenen Sprache eingereicht worden sei. Die Anmelderin wurde zur Beseitigung des Mangels innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von einem Monat aufgefordert und darauf hingewesen, daß bei Behebung der Anmeldetag neu auf den Tag des Eingangs dieser Unterlagen festgesetzt werde.

V. Daraufhin reichte sie mit am 18. Juni 2001 eingegangenem Schreiben eine "deutsche Übersetzung der Beschreibung sowie der Figuren" ein, wobei die ersten 4 Seiten des nunmehr 10- seitigen, vollständig in Deutsch gehaltenen Beschreibungstextes mit den ursprünglich eingereichten ersten vier (deutschsprachigen) Seiten identisch waren. Gleichzeitig beantragte die Anmelderin unter Berufung auf die Entscheidung J 18/96 und den Grundsatz des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die in diesem Fall erfolgte Umkehr der zeitlichen Reihenfolge der amtlichen Mitteilungen gemäß Regel 42 und 39 EPÜ eine beschwerdefähige Entscheidung, sollte der Anmeldetag "nicht zuerkannt werden".

VI. Nach Mitteilung gemäß Artikel 113 EPÜ vom 30. Januar 2002 erging am 10. März 2003 die Entscheidung der Eingangstelle, mit der der Antrag auf Zuerkennung des 11. Dezember 2000 als Anmeldetag zurückgewiesen und statt dessen als Anmeldetag der 18. Juli 2001 zuerkannt wurde. Zur Begründung führte die Eingangsstelle unter Heranziehung der Entscheidung J 18/96 aus, daß eine Mischung mehrerer Amtssprachen als Verfahrensprache nicht zulässig sei. Was den Zeitraum der Eingangs- und Formalprüfung angehe, sei die von der Anmelderin vertretene Ansicht richtig, daß die Eingangsprüfung hinsichtlich des Anmeldetages der Formalprüfung nach Artikel 91. EPÜ vorauszugehen habe. Dies schließe aber eine Überprüfung des Anmeldetages in einem späteren Verfahrensstadium nicht aus. Das Prinzip des Vertrauensschutzes greife nur, wenn der Anmelder über einen längeren Zeitraum über Mängel im Unklaren gelassen werde. Dies sei hier nicht der Fall. Zwar sei die Anmelderin etwas spät, aber noch innerhalb eines vernünftigen Zeitraumes über den Mangel unterrichtet worden.

VII. Gegen diese Entscheidung legte die Anmelderin am 16. Mai 2003 unter gleichzeitiger Entrichtung der Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ist am 18. Juli 2001 eingegangen.

VIII. Mit Mitteilung vom 24. März 2004 hat die Kammer der Anmelderin und Beschwerdeführerin ihre vorläufige Würdigung der Sachlage zur Kenntnis gebracht und insbesondere die Möglichkeit des Streichens der englischsprachigen Beschreibungsteile angesprochen.

IX. Am 22. Juni 2004 ist mündlich verhandelt und die Entscheidung der Beschwerdekammer verkündet worden.

X. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die ursprünglich eingereichten Unterlagen wiesen sowohl eine Beschreibung als auch einen Patentanspruch in einer Sprache auf. Der ursprünglich nicht in deutscher Sprache eingereichte Beschreibungsteil betreffe nur Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung, sei daher von geringerer Wertigkeit und für die Zuerkennung eines Anmeldetages ohne Belang. Die maßgebenden Bestandteile der Beschreibung lägen in einer Sprache i. S. von Artikel 80 d) EPÜ, nämlich in Deutsch, vor. Deshalb sei die Festlegung der Verfahrenssprache hier möglich gewesen. Der Entscheidung J 18/96 habe eine unterschiedliche Fallkonstellation zugrunde gelegen, indem dort kein Teil der Beschreibung in der Sprache des mindestens einen Patentanspruchs abgefaßt gewesen sei. Es stelle ein venire contra factum proprium bzw. eine Verletzung des Grundsatzes der Vertrauensschutzes dar, wenn so lange Zeit nach Einreichung der ursprünglichen Unterlagen und erst nach Erlaß einer Mitteilung nach Regel 42 EPÜ, welche das Feststehen des Anmeldetages voraussetze (Artikel 91 (1) EPÜ), nicht der Tag der ursprünglichen Einreichung der Anmeldung als Anmeldetag zuerkannt werde, sondern erst der 18. Juli 2001. Ein solch später Anmeldetag könne dazu führen, daß durch zwischenzeitlich veröffentlichten Stand der Technik die Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstandes überhaupt in Frage gestellt werde.

Im vorliegenden Fall sei auch der Vertrauensschutz der Öffentlichkeit betroffen, weil die internationale (Nach-)Anmeldung WO ... veröffentlicht worden sei, und zwar unter Angabe der vorliegenden europäischen (Erst-)Anmeldung mit einem Prioritätsdatum 11.12.2000; damit habe das Amt, sollte es dieses Datum nicht als Anmeldetag anerkennen, keine Möglichkeit mehr, eine korrigierende Information der Öffentlichkeit, z. B. durch eine erneute Veröffentlichung der PCT-Anmeldung, sicherzustellen. Auch sei etwa ein Jahr nach dem Einreichungstag ein Prioritätsbeleg ausgestellt worden. Durch die Nichtzuerkennung des ursprünglichen Anmeldetages werde auch die Öffentlichkeit benachteiligt, da sie potentielle Lizenznehmer einschließe.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragte

a) die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung den Anmeldetag "11.12.2000" zuzuerkennen,

b) hilfsweise:

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und

1) der Patentanmeldung bezüglich des in der ursprünglich eingereichten Fassung enthaltenen deutschsprachigen Teils der Beschreibung, des Patentanspruchs und der Zeichnungen den Anmeldetag "11.12.2000" zuzuerkennen und bezüglich des in der ursprünglichen Fassung enthaltenen englischsprachigen Teils der Beschreibung den Anmeldetag "18.07.2001" zuzuerkennen,

2) der Patentanmeldung bezüglich des in der ursprünglich eingereichten Fassung enthaltenen deutschsprachigen Teils der Beschreibung und des Patentanspruchs den Anmeldetag "11.12.2000" zuzuerkennen und bezüglich des in der ursprünglichen Fassung enthaltenen englischsprachigen Teils der Beschreibung sowie der Zeichnungen den Anmeldetag "18.07.2001" zuzuerkennen,

3) der Patentanmeldung bezüglich des in der ursprünglich eingereichten Fassung enthaltenen deutschsprachigen Teils der Beschreibung, des Patentanspruchs und der Zeichnungen den Anmeldetag "11.12.2000" zuzuerkennen und den ursprünglich englischsprachigen Teil der Beschreibung als nicht eingereicht anzusehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 80 EPÜ bestimmt unter Buchstabe d), daß die eingereichten Unterlagen für die Zuerkennung eines Anmeldetages eine Beschreibung und einen oder mehrere Patentansprüche in einer der in Artikel 14 (1) und (2) EPÜ vorgesehenen Sprachen enthalten müssen. Gemäß Artikel 14 (1) Satz 2 EPÜ sind europäische Patentanmeldungen in einer der Amtsprachen einzureichen. Aus letzterer Bestimmung ergibt sich somit klar der Grundsatz der Einsprachigkeit europäischer Patentanmeldungen. Da auf diese Bestimmung in Artikel 80 Buchstabe d) EPÜ verwiesen wird, ist Voraussetzung für die Zuerkennung eines Anmeldetages, daß die Beschreibung und der oder die Patentansprüche in derselben (vorgesehenen) Sprache vorliegen. Die Juristische Beschwerdekammer hat dies in ihrer Entscheidung J 18/96 ausführlich dargelegt; die Kammer sieht keinen Grund, noch wurde von der Beschwerdeführerin ein solcher vorgetragen, von dieser Auffassung abzugehen.

Noch ist ein tatsächlicher oder rechtlicher Grund zu erkennen, warum entgegen dem klaren Wortlaut von Artikel 80 und 14 EPÜ dieser Grundsatz nur eingeschränkt Gültigkeit haben sollte, etwa nur soweit für die Festlegung der Verfahrenssprache notwendig. Mit dem Wortlaut von Artikel 14 (1) EPÜ, wonach europäische Patentanmeldungen "in einer"- Einzahl! - der Amtssprachen einzureichen sind, ist die Verwendung von zwei unterschiedlichen Amtssprachen innerhalb des Textes der Beschreibung (und der Ansprüche) ebenso unvereinbar wie die der Entscheidung J 18/96 zugrunde liegende Fallkonstellation, nämlich eine unterschiedliche (Amts-Sprache der gesamten Beschreibung einerseits, und der Ansprüche andererseits. Auch eine Differenzierung in wichtige und weniger wichtige Teile des Beschreibungstextes, wobei letztere für die sprachlichen Voraussetzungen für die Festsetzung des Anmeldetags nicht zu berücksichtigen seien, findet im Gesetz keine Stütze.

3. Subsidiär will die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf den Tag der Einreichung der ursprünglichen (gemischtsprachigen) Unterlagen als Anmeldetag daraus ableiten, daß es etwa ein halbes Jahr dauerte, bis ihr die Mangelhaftigkeit der Anmeldeunterlagen nach Regel 39 EPÜ mitgeteilt wurde. Auch sei damals bereits die Mitteilung gemäß Regel 42 (Hinweis auf die Frist zur Einreichung der Erfindernennung) ergangen gewesen, welche nach dem Wortlaut von Artikel 91 (1) EPÜ das Feststehen des Anmeldetages der europäischen Patentanmeldung voraussetze.

3.1. Hierzu ist zum einen festzustellen, daß das EPÜ keine Frist bestimmt, in der die in Artikel 90 EPÜ vorgeschriebene Prüfung vom Amt vorzunehmen und ggf. eine Mitteilung nach Regel 39 EPÜ zu erlassen ist, dies trotz des - auch für den Gesetzgeber - offensichtlichen Interesses des Anmelders, möglichst rasch über die Umstände in Kenntnis gesetzt zu werden, die der Zuerkennung eines Anmeldetages entgegenstehen. Im vorliegenden Fall konnte daher der bloße Umstand, daß die Zweisprachigkeit der am 11. Dezember 2001 eingereichten Beschreibung mehrere Monate lang unbeanstandet blieb, vernünftigerweise nicht die Erwartung der Beschwerdeführerin rechtfertigen, die damals eingereichten Unterlagen hätten alle Voraussetzungen des Artikels 80 EPÜ erfüllt, sodaß das genannte Datum als Anmeldetag zuerkannt worden sei. Hinzu kommt, daß die Zweisprachigkeit der Beschreibung den bei der Beschwerdeführerin für die Anmeldung Verantwortlichen, weil von ihnen herbeigeführt, bekannt war; für das Amt hingegen war dieser Umstand nur durch Überprüfung der einzelnen Beschreibungsseiten erkennbar (was möglicherweise dazu geführt hat, daß dieser Mangel erst bei Aufnahme der Recherche erkannt wurde - siehe Schreiben der Beschwerdeführerin vom 8. Juni 2001).

3.2. Richtig ist, daß das Vorliegen der Erfindernennung (Artikel 91. (1) f) EPÜ) eines der Erfordernisse ist, die erst geprüft werden, wenn die Prüfung, ob die europäische Patentanmeldung den Erfordernissen für die Zuerkennung eines Anmeldetages genügt (Artikel 90 (1) a) EPÜ), mit positivem Ergebnis durchgeführt worden ist. Diese Reihenfolge ist nicht nur im Hinblick auf die Vorschrift des Artikel 91 (1) a) EPÜ "Steht der Anmeldetag einer europäischen Anmeldung fest ....., so prüft die Eingangstelle, ob ..." eine zwangsläufige, sondern auch weil Anmeldungsunterlagen gar nicht als europäische Patentanmeldung behandelt werden, wenn sie mit der Zuerkennung eines Anmeldetages im Wege stehenden Mängeln behaftet sind, d. h. nicht allen Erfordernissen des Artikel 80 EPÜ genügen (Artikel 90 (2), 2. Satz EPÜ - ausführlich dazu J 18/96 in Punkt 3.1 der Entscheidungsgründe).

Das EPÜ sieht allerdings nicht vor, daß bei positivem Ergebnis der Eingangsprüfung nach Artikel 90 (1) a) EPÜ die Zuerkennung des Anmeldetages in Form einer expliziten, rechtskraftfähigen Entscheidung zu erfolgen hätte. Vielmehr kann - und muß - diese Frage, wenn und solange nicht im Einzelfall eine rechtskräftige Entscheidung darüber ergangen ist, während des gesamten Erteilungsverfahrens wieder aufgerollt werden, wann immer die Nichterfüllung eines der Erfordernisse nach Artikel 80 EPÜ erkannt wird. Die in den Regeln 40 bis 43 EPÜ näher bestimmte Formalprüfung im Sinne von Artikel 91 EPÜ ist verfahrensmäßig und ihrem Gegenstand nach scharf abgegrenzt von der im Rahmen der Eingangsprüfung nach Artikel 90 EPÜ zu klärenden Frage, ob die Erfordernisse des Artikels 80 EPÜ erfüllt sind. Bei Nichterfüllung letzterer sieht Regel 39 EPÜ eine gesonderte Mitteilung und eine spezifische Rechtsfolge (Nichtbehandlung der Anmeldung oder Festsetzung eines späteren Anmeldetages) vor. Damit können das Ergebnis der Formalprüfung und der Zeitpunkt ihrer Durchführung keine Auswirkungen auf die Feststellung der Erfordernisse des Artikels 80 EPÜ haben, selbst wenn dabei die in Artikel 91 (1) EPÜ erwähnte Reihenfolge nicht eingehalten worden sein sollte. Insbesondere kann die Formalprüfung, selbst wenn ihre Durchführung dem Anmelder gegenüber in Erscheinung getreten sein sollte (etwa durch eine Mitteilung nach Regel 41 (2) EPÜ wie im vorliegenden Fall), nicht zur rechtlichen Folge haben, daß ein die Erfordernisse des Artikels 80 EPÜ betreffender, dem Anmelder jedoch (noch) nicht förmlich gemäß Regel 39 EPÜ mitgeteilter Mangel später nicht mehr aufgegriffen werden könnte, so daß der Tag der Einreichung der (mangelhaften) Anmeldeunterlagen endgültig und rechtsverbindlich als Anmeldetag zuerkannt zu gelten hätte.

3.3. Eine solche Schlußfolgerung kann hier auch nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes gestützt, insbesondere nicht von einem venire contra factum proprium seitens des Amtes abgeleitet werden. Zwar ist im vorliegenden Fall dem Amt anzulasten, daß es die Gemischtsprachigkeit der als Teil der Anmeldungsunterlagen eingereichten Beschreibung nicht schon bei der Eingangsprüfung erkannte (oder diese und die Formalprüfung nach Artikel 91 EPÜ nicht in der gesetzlich vorgegebenen Reihenfolge durchgeführt hat). Das Übersehen dieses Mangels kann ernsthafte Folgen haben, insbesondere die Ausstellung eines unrichtigen Prioritätsbeleges, weshalb im Interesse der Allgemeinheit und des Anmelders die Prüfung gemäß Artikel 90 (1) a) EPÜ rasch und sorgfältig vorzunehmen ist. Zweck des Vertrauensschutzes des Anmelders ist es hingegen, Nachteile für diesen zu vermeiden, nicht ihm zu Vorteilen zu verhelfen. Ein Fehler des Amtes könnte daher die Zuerkennung eines nach Artikel 80 EPÜ dem Anmelder nicht zustehenden Anmeldetages nur unter ganz besonderen Umständen rechtfertigen, die hier nicht gegeben waren: Weder wurde vom Amt widersprüchlich vorgegangen, noch ein Anschein erzeugt, wodurch zu irgendeinem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin (oder potentielle Lizenznehmer) vernünftigerweise darauf vertrauen hätte(n) können, daß der Tag, an dem sie - wissentlich - Unterlagen mit einer gemischtsprachig abgefaßten Beschreibung eingereicht hatte, entgegen Artikel 80 d) EPÜ (und der hierzu ergangenen Rechtsprechung) dennoch der Tag sei, der ihr rechtsverbindlich als Anmeldetag zuerkannt worden sei (siehe oben, Punkt 4.2 und 4.3). Insofern besteht ein entscheidender Unterschied zu dem der Entscheidung J 18/96 zugrundeliegenden Vorgehen des Amtes, welches dort eine Feststellung des Rechtsverlustes nach Regel 69 (1) EPÜ wegen Nichtzahlung der Anmelde- und Recherchengebühr erlassen - eine in Artikel 90 EPÜ ("Eingangsprüfung") vorgesehene, die rechtswirksame Einreichung der Anmeldung logisch voraussetzende, Rechtsfolge - und später, wegen der unterschiedlichen Sprache von Beschreibung und Ansprüchen, der Anmelderin die Ausstellung eines Prioritätsbeleges ebenso verweigert hatte wie die Gelegenheit, den Mangel gemäß Regel 39 EPÜ zu beheben.

Der Vertrauensschutz sonstiger Dritter ist schon deshalb hier nicht berührt, weil ihnen aus der Nichtzuerkennung des Anmeldetages kein Nachteil erwachsen kann.

4. Somit erfüllten die am 11. Dezember 2000 von der Beschwerdeführerin eingereichten Unterlagen nicht das Erfordernis von Artikel 80 Buchstabe d) EPÜ, noch kann dieser Tag aus einem sonstigen Grund als Anmeldetag zuerkannt werden; der (Haupt-)Antrag a) der Beschwerdeführerin ist nicht gewährbar.

5. Die (Hilfs-)Anträge b) 1) und 2) sind schon deshalb nicht gewährbar, weil für eine Anmeldung nur ein einheitlicher Anmeldetag möglich ist.

6. Hinsichtlich der eingeschränkten Unterlagen nach (Hilfs-)Antrag b) 3) ist das Einheitlichkeitserfordernis sowohl hinsichtlich der Sprache (hierfür sind die in Artikel 80. d) nicht erwähnten Zeichnungen nicht zu berücksichtigen - T 382/94, ABl. EPA 1998, 24), als auch in Bezug auf den begehrten Anmeldetag erfüllt. Es spricht nichts dagegen, daß ein Anmelder über die Mindesterfordernisse des Artikels 80 EPÜ hinausgehende Teile eingereichter Anmeldungsunterlagen - hier: den in englischer Sprache gehaltenen Teil der des Beschreibungstextes - fallen läßt, wenn sich bei der Eingangsprüfung herausstellt, daß diese der Zuerkennung des frühestens möglichen Anmeldetags im Wege stehen (vergl. das in Regel 43 EPÜ dem Anmelder zugestandene Wahlrecht bei verspätet oder nicht eingereichten Zeichnungen). Der mit diesem Hilfsantrag verbundene Antrag der Beschwerdeführerin, den ursprünglich englischsprachigen Teil der Beschreibung als nicht eingereicht anzusehen, beinhaltet somit eine Erklärung der Beschwerdeführerin mit der gleichen Wirkung, wie wenn ursprünglich nur (die) in einer Sprache abgefaßte(n) Unterlagen(teile) eingereicht worden wären. In diesem Umfang sind somit die Voraussetzungen des Artikels 80 EPÜ als bereits am 11. Dezember 2000 erfüllt anzusehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der ursprünglich englischsprachige Beschreibungsteil der Anmeldung gilt als nicht eingereicht.

3. Der Anmeldung wird der 11. Dezember 2000 als Anmeldetag zuerkannt.

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