European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:D000599.20000502 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 Mai 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | D 0005/99 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | DBA | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der europäischen Eignungsprüfung, die vom 1. bis 3. April 1998 stattgefunden hat, die Prüfungsaufgaben C und D mit folgendem Ergebnis wiederholt:
Prüfungsaufgabe C: 5 (nicht ausreichend)
Prüfungsaufgabe D: 4 (ausreichend)
II. Mit Schreiben vom 29. September 1998 wurde dem Beschwerdeführer die Entscheidung der Prüfungskommission vom 23. September 1998 mitgeteilt, daß er die Prüfung nicht bestanden habe.
III. Gegen diese Entscheidung der Prüfungskommission, deren Abgabe zur Post am 29. September 1998 erfolgt ist, hat der Beschwerdeführer am 26. November 1998 Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er die Beschwerde begründet und die Beschwerdegebühr bezahlt.
IV. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten hat am 22. Februar 1999 dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (EPI) und dem Präsidenten des Europäischen Patentamts (EPA) gemäß Artikel 12, Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern i. V. m. Artikel 27 (4), Satz 1 der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
V. Ferner hat die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 8. Februar 2000 ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, daß die Beschwerde kaum Aussicht auf Erfolg habe.
VI. Am 2. Mai 2000 wurde in Anwesenheit des Beschwerdeführers und eines Vertreters des Präsidenten des EPA mündlich verhandelt.
VII. Der Beschwerdeführer beantragte,
1. die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die europäische Eignungsprüfung für bestanden zu erklären, gegebenenfalls die Angelegenheit zur Überprüfung an die Prüfungskommission zurückzuverweisen;
2. zusätzlich beantragte er, den Prüfungsteil C aus 1995 einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen, weil aus dem "Examiner Report", Seite 56, des Compendiums, Nr. 1, ersichtlich ist, daß ein schwerwiegender und eindeutiger Fehler bei der Beurteilung der Anlage 3, Stichwort "Cellulose" (Zellstoff) und "cotton" (Baumwolle) unterlaufen ist.
Baumwolle besteht überwiegend aus Zellstoff-Fasern gattungsbildender Oberbegriff. Daraus folgt, daß Anlage 3 als neuheitsschädlich anzusehen ist, und nicht nur hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit.
3. Hilfsweise beantragte er, die Eignung für das Anmelde- und Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt unter Ausschluß des Einspruchsverfahrens anzuerkennen.
4. Ferner beantragte er die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
VIII. Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Er habe die europäische Eignungsprüfung 1995 für die Teilprüfungen A, B, C und D abgelegt. Für die Prüfungsarbeit A sei die Note "2" und für die Prüfungsarbeit B die Note "4" vergeben worden, während für die Prüfungsarbeit C die Note "5" und für die Prüfungsarbeit D die Note "6" vergeben worden seien. Bei der europäischen Eignungsprüfung 1998 sei seine Prüfungsarbeit D mit der Note "4" bewertet worden, so daß die Prüfungsarbeiten A, B und D als bestanden zu bewerten seien. Dagegen sei für seine Prüfungsarbeit C wiederum nur die Note "5" vergeben worden.
Ein Ausgleich der Prüfungsarbeit C durch die nunmehr bestandene Prüfungsarbeit D bzw. durch eine der beiden bereits im Jahre 1995 bestandenen Prüfungsarbeiten A und B sei nach Artikel 17 VEP in Verbindung mit Regel 10 der Ausführungsbestimmungen (AusfB) zu den VEP nicht möglich. Dies stelle eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Bewerbern dar, welche die europäische Eignungsprüfung nach Artikel 14 VEP in zwei Modulen ablegten und, im Falle eines Nichtbestehens des ersten Moduls, eine Wiederholung zusammen mit dem weiteren Modul vornehmen könnten, wobei die Wiederholung des zuerst abgelegten Moduls als erstmalige Teilnahme angesehen werde und somit nach Regel 10 AusfB ein Ausgleich der Prüfungsarbeiten vorgenommen werden dürfe. Die einseitige Benachteiligung derjenigen Bewerber, die aus wirtschaftlichen Überlegungen und aus Zeitgründen die europäische Eignungsprüfung nicht in Modulform ablegten, sei aber nicht hinnehmbar.
Durch die eingetretenen Veränderungen der VEP seien die Bedingungen für die Bewerber seit dem Jahre 1978, in welchem alle nationalen Vertreter der Vertragsstaaten des EPÜ automatisch zum europäischen Vertreter ernannt worden seien, kontinuierlich verschlechtert worden. So beständen nach den geltenden Vorschriften für die Bewerber nur zwei Möglichkeiten: a) die europäische Eignungsprüfung bei erstmaliger Teilnahme in zwei Modulen an zwei Prüfungsterminen abzulegen; b) die europäische Eignungsprüfung an einem einzigen Prüfungstermin abzulegen, wobei die vollständige Wiederholung nach Artikel 18 VEP nicht mehr möglich sei und der Bewerber nur die nicht bestandenen Prüfungsarbeiten ohne Ausgleich nach Regel 10 AusfB wiederholen dürfe. Hinzu komme, daß bei Wiederholung einer europäischen Eignungsprüfung der Prüfungskommission nach Entscheidung D 8/96 (ABl. EPA 1998, 302) kein Ermessensspielraum zugestanden werde. Daraus folge aber, daß die Beurteilung von Härtefällen, wie im vorliegenden Fall, praktisch ausgeschlossen sei. Insofern sei die Begründung der Entscheidung D 8/96 für Berwerber, die die europäische Eignungsprüfung wiederholen müßten, nicht akzeptabel.
Aus dem "Examiner Report" zu Prüfungsteil C der europäischen Eignungsprüfung 1995, Seite 56 des Compendiums Nr. 1, sei ersichtlich, daß ein schwerwiegender und eindeutiger Fehler bei der Beurteilung der Anlage 3, Stichwort "Cellulose" (Zellstoff) und "cotton" (Baumwolle), unterlaufen sei. Baumwolle bestehe überwiegend aus Zellstoff-Fasern und stelle somit den gattungsbildenden Oberbegriff dar. Daraus folge, daß Anlage 3 den Gegenstand der Erfindung nicht nur in naheliegender Weise vorwegnehme, sondern sogar als neuheitsschädlich anzusehen sei.
Er habe durch die im Jahre 1995 bestandenen Prüfungsarbeiten A und B sowie durch die im Jahre 1998 bestandene Prüfungsarbeit D den Nachweis erbracht, daß er die Vorschriften des EPÜ und die Ausführungsvorschriften zum EPÜ ausreichend kenne und lediglich im Einspruchsverfahren die gestellten Anforderungen nicht erfülle. In Anbetracht der Tatsache, daß die Einspruchsverfahren vor dem EPA gegenüber den Anmelde- und Prüfungsverfahren eine Größenordnung von unter 3 % aufwiesen, sei eine teilweise Zulassung als europäischer Vertreter für das Anmelde- und Prüfungsverfahren zu gewähren.
Das Ergebnis der Prüfungsarbeit C sei bei der Wiederholung der europäischen Eignungsprüfung im Jahre 1998 dadurch negativ beeinflußt worden, daß der für die Prüfungsarbeit C vorgesehene Raum im europäischen Patentamt in Berlin anderweitig besetzt war. Weder in dem ursprünglich zugedachten Raum noch in einem weiteren Raum sei ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Erst nach längeren Diskussionen und Rückfragen sei ihm in einem dritten Prüfungszimmer ein freier Tisch zugewiesen worden, auf dem er mit einer Verspätung von zirka zehn Minuten seine Unterlagen habe ausbreiten können. Zu diesem Zeitpunkt seien die anderen Bewerber bereits mit der Abfassung der Püfungsarbeit C beschäftigt gewesen. Er habe jedoch nach Abschluß der Prüfungsarbeit C keine schriftliche Beschwerde eingelegt. Diese Vorkommnisse seien daher der Prüfungskommission nicht bekannt geworden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Beschwerdeführer macht mit Blick auf die Prüfungsaufgabe C der europäischen Eignungsprüfung 1995 geltend, daß aus dem "Examiner Report" zu Prüfungsteil C der europäischen Eignungsprüfung 1995, Seite 56 des Compendiums Nr. 1, ersichtlich sei, daß ein schwerwiegender und eindeutiger Fehler bei der Beurteilung der Anlage 3 unterlaufen sei. Die mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission betrifft jedoch einzig die vom Beschwerdeführer im Rahmen der europäischen Eignungsprüfung 1998 wiederholten Prüfungsaufgaben C und D. Dem oben erwähnten Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher im vorliegenden Verfahren keine weitere Beachtung zu schenken.
3. Nach Artikel 14 (1) Satz 1 VEP kann ein Bewerber die europäische Eignungsprüfung bei erstmaliger Teilnahme in zwei Modulen ablegen. Ferner kann er sich nach Artikel 14 (1) Satz 3 VEP dafür entscheiden, das erste Modul erneut und zusammen mit dem zweiten Modul abzulegen. Tut er das, so gilt dies als erstmalige Teilnahme. Das bedeutet, dass auch in diesem Fall Regel 10 AusfB anwendbar ist. Dagegen ist Regel 10 AusfB nicht anwendbar, wenn ein Bewerber, wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer, die Prüfung nicht bestanden hat und diese teilweise wiederholen muß.
4. Der Beschwerdeführer mußte die Aufgaben C und D wiederholen, die gemäß Regel 2 AusfB das zweite Modul bilden. Dabei blieb es ihm unbenommen, diese Aufgaben einzeln oder gemeinsam zu wiederholen. Entscheidet sich dagegen ein Bewerber, das erste Modul aufgrund von Artikel 14 (1) Satz 3 VEP erneut und zusammen mit dem zweiten Modul abzulegen, so findet keine Wiederholung der Aufgaben C und D statt, und die Aufgaben A und B können auch nicht wahlweise einzeln oder gemeinsam wiederholt werden. Die rechtliche Regelung, daß Regel 10 AusfB anwendbar ist, wenn das erste Modul erneut und zusammen mit dem zweiten Modul nach Artikel 14 (1) Satz 3 VEP abgelegt wird, dagegen nicht, wenn der Bewerber die Prüfung nicht bestanden hat und deshalb teilweise wiederholen muß, stellt nach Auffassung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten eine ausgewogene Lösung dar, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, daß bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln ist, in Einklang steht. Dasselbe gilt mit Bezug auf die rechtliche Regelung, daß gemäß Artikel 18 VEP und Regel 7 AusfB ein Bewerber bei Nichtbestehen der europäischen Eignungsprüfung bei einem späteren Prüfungstermin nur eine oder mehrere der nicht bestandenen Arbeiten wiederholen darf und dabei, wie weiter oben erwähnt, Regel 10 AusfB nicht zur Anwendung gelangt, weil die Wiederholung der nicht bestandenen Arbeiten an keine Bedingungen geknüpft ist und die Arbeiten beliebig oft wiederholt werden können.
5. Dem vom Beschwerdeführer gestellten Hilfsantrag, eine teilweise Zulassung als europäischer Vertreter für das Anmelde- und Prüfungsverfahren zu gewähren, kann mangels einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage nicht stattgegeben werden.
6. Der Beschwerdeführer hat es nach eigener Aussage unterlassen, eine Beschwerde über die Durchführung der Prüfung nach Punkt 7 der "Anweisungen an die Bewerber für den Ablauf der Prüfung" (ABl. EPA 1995, 145), nachstehend Anweisungen genannt, vorzubringen. Es gab daher keine Beschwerde, die von der Prüfungskommission hätte behandelt werden können.
Diesen Anweisungen ist insgesamt zu entnehmen, daß der unter Punkt 7 der Anweisungen erwähnte Begriff "Durchführung der Prüfung" eng auszulegen ist und daher nur den äußeren Ablauf der Prüfung betrifft.
Nach Artikel 27 (4) VEP ist auf das Verfahren vor der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, Teil IV der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV) entsprechend anzuwenden. Aufgrund von Artikel 22 (3) VDV ist im vorliegenden Verfahren insbesondere Artikel 111 (1) EPÜ entsprechend anzuwenden.
Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten kann daher aufgrund von Artikel 111 (1) EPÜ im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungskommission tätig werden. Da es aber im vorliegenden Fall keine Beschwerde über die Durchführung der Prüfung gab, für deren Behandlung die Prüfungskommission zuständig gewesen wäre, kann sich die Kammer auch nicht mit Einwänden gegen die Durchführung der Prüfung befassen, die erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemacht worden sind. Diese Einwände können daher in der Entscheidung der Kammer nicht berücksichtigt werden.
7. Da der Beschwerde aus den genannten Gründen nicht stattzugeben ist, kann nach Artikel 27 (4) VEP die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht angeordnet werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.