D 0003/98 () of 5.11.2001

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2001:D000398.20011105
Datum der Entscheidung: 05 November 2001
Aktenzeichen: D 0003/98
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat sich im März 1997 der europäischen Eignungsprüfung unterzogen.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 teilte ihm die Prüfungskommission mit, daß er aufgrund folgender Noten die Prüfung nicht bestanden habe:

A: 4

B: 3

C: 6

D: 4

Mit einem beim Amt am 27. Oktober 1997 eingegangenen Schreiben legte der Bewerber Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

Er beantragte, daß die Prüfungsarbeit C mit der Note 5 bewertet wird und durch Ausgleich mit der für die Prüfungsarbeit B erzielten Note 3 gemäß Regel 10 der Ausführungsbestimmungen zu den VEP die Prüfung als bestanden gewertet wird.

II. In der mit der Beschwerde eingereichten Beschwerdebegründung trug der Beschwerdeführer vor, daß er nicht auf den feststehenden Grundsatz zurückkommen wolle, wonach die Kammer nicht dafür zuständig sei, die Qualität der Arbeit eines Bewerbers und somit die Benotung erneut zu beurteilen.

Trotzdem könnten die Entscheidungen der Prüfungskommission in einem Beschwerdeverfahren überprüft werden, wenn sie gegen einen höherrangigen Rechtsgrundsatz verstoßen.

Im vorliegenden Fall sei der Rechtsgrundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber bei allgemeinen Prüfungen verletzt worden.

Der Beschwerdeführer sei nämlich von seiner Ausbildung Chemiker und als solcher gewohnt, Einspruchsakten auf jedem Gebiet der Chemie zu bearbeiten.

Nun beziehe sich die nicht bestandene Prüfungsaufgabe C auf das Gebiet der Mechanik und folglich auf die normalen Kenntnisse eines Maschinenbauingenieurs, der somit zweifellos einen ungerechtfertigten Vorteil gehabt habe.

Auch wenn solche Unterschiede bei den Ausbildungsgängen und folglich bei den Kenntnissen dem Amt wohlbekannt seien, würden Bewerber mit einer Ingenieurausbildung in den Teilen A und B der Prüfung trotzdem nie mit Prüfungsthemen aus dem Gebiet der Chemie konfrontiert, so daß die grundlegende Ungleichheit fortbestehe und man den Eindruck erhalten könnte, daß es zwei Klassen von zugelassenen Vertretern gebe.

Eine erneute Prüfung seiner Benotung durch die Prüfungskommission würde angesichts der Tatsache, daß ihm bei der Prüfungsarbeit C nur zwei Punkte fehlten, und ferner der geltend gemachten Benachteiligung zum Bestehen der gesamten Prüfung führen.

III. Ohne dem Streitfall in der Sache vorzugreifen, teilte die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten dem Beschwerdeführer in einem Bescheid vom 14. Januar 2000 mit, daß sie angesichts der Sachlage keineswegs beabsichtige, von ihrer früheren Rechtsprechung abzuweichen, wonach Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Vorbildung der Bewerber bei allgemeinen Prüfungen systemimmanent seien.

Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2000 machte der Beschwerdeführer geltend, daß sich die Ungleichbehandlung nicht so sehr aus der Zufälligkeit der Prüfungsthemen, sondern vielmehr aus der systematischen Auswahl von Themen aus dem Fachgebiet der Ingenieure ergebe; allein ein alternierendes Vorgehen könnte das gestörte Gleichgewicht der Chancen und damit eine Gleichbehandlung wiederherstellen.

Er erhalte seine Beschwerde aufrecht, die für ihn nunmehr nur noch von akademischer Bedeutung sei, und bat die Kammer festzustellen, daß seine Argumente zutreffend seien, damit die Vorschriften zugunsten künftiger Bewerber geändert werden könnten.

Entscheidungsgründe

1. Die formal vorschriftsmäßige Beschwerde ist zulässig.

1.1. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers nicht gegenstandslos ist, weil er

- zum einen inzwischen die europäische Eignungsprüfung bestanden hat und

- zum anderen in seinem letzten Schriftsatz vom 19. Januar 2000 betont, daß der Ausgang der vorliegenden Streitsache für ihn nur noch von akademischem Interesse sei.

1.2. Die ständige Rechtsprechung dieser Kammer hat ein Rechtsschutzinteresse bejaht, wenn wegen Nichtbestehens der Prüfung Beschwerde eingelegt und die Prüfung dann in einem erneuten Anlauf mit Erfolg abgelegt wird, bevor über die Beschwerde entschieden worden ist.

Eine Verneinung in dieser Situation würde insofern auf eine Rechtsverweigerung hinauslaufen, als das Rechtsschutzinteresse dann von der jeweiligen Verfahrensdauer abhängig wäre, auf die der Beschwerdeführer wenig Einfluß hat und für deren Folgen er daher auch nicht einstehen muß.

1.3. Das Rechtsschutzinteresse ist zweifellos eine Verfahrensvoraussetzung, die bis zum Ergehen der endgültigen Entscheidung Bestand haben muß. Ob die Voraussetzung erfüllt ist, muß zu dem Zeitpunkt ermittelt werden, zu dem das Verfahren in Gang gesetzt wird, hier also am Tag der Beschwerde, die andernfalls nicht zulässig ist.

Danach geht man davon aus, daß das Rechtsschutzinteresse fortbesteht, sofern nicht der Beschwerdeführer das Verfahren ausdrücklich beendet oder die Kammer durch eine Prozeßhandlung davon in Kenntnis gesetzt wird, daß das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers entfallen ist.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in seinem letzten Schriftsatz dargelegt, daß der Ausgang der Beschwerde für ihn nur noch akademische Bedeutung hat.

Nun kann das Rechtsschutzinteresse in zweifacher Hinsicht von Belang sein, nämlich sowohl vermögensrechtlich als auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers. In der vorliegenden Sache würde ein erfolgreicher Ausgang der Beschwerde für den Beschwerdeführer bedeuten, daß die Entscheidung über das Nicht-Bestehen der Eignungsprüfung keinen Bestand hätte. Damit ist das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers nicht nur insoweit berührt, als es um die zutreffende Bewertung seiner Prüfungsleistung geht. Vielmehr ist hier auch seine berufliche Reputation involviert und damit auch letztlich ein vermögensrechtliches Interesse, auch wenn der Beschwerdeführer darauf nicht abheben wollte.

Das Rechtsschutzinteresse muß aber objektiv beurteilt werden und nicht aus der von einem Verfahrensbeteiligten eingenommenen Warte.

Mithin geht die Kammer davon aus, daß das Rechtsschutzinteresse hier fortbesteht.

2. Aus dem Bewertungsbogen für Aufgabe C geht hervor, daß der Beschwerdeführer insbesondere bezüglich "Legal Aspects" schlecht abgeschnitten hat, erzielte er doch lediglich 15 % der möglichen Punkte, wogegen er für "Use of Information" immerhin 30 % bzw. 37,5 % und für "Argumentation" immerhin 35 % bzw. 40 % der möglichen Punkte erzielt hat. Das besonders schlechte Abschneiden in "Legal Aspects" dürfte wohl kaum auf das sogenannte andere Fachgebiet zurückzuführen sein.

Daß der Beschwerdeführer mit Rechtsfragen damals offenbar gewisse Probleme hatte, geht auch daraus hervor, daß laut Protokoll über das Prüfungsergebnis für Prüfungsarbeit D vom Ausschuß die Note 5 empfohlen worden war.

Somit verliert die Argumentation des Beschwerdeführers aufgrund der Analyse der Benotung an Stichhaltigkeit.

2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß es gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der an der europäischen Eignungsprüfung teilnehmenden Kandidaten verstoße, wenn in den Aufgaben A und B Ingenieure nicht mit einem Thema aus den Bereichen Biologie, Chemie und Physik konfrontiert würden, während sich in der Aufgabe C Biologen, Chemiker und Physiker mit einer Frage aus der Mechanik auseinandersetzen müßten.

Hier möchte die Kammer daran erinnern, daß sie nicht über die Wahl der Prüfungsaufgaben zu urteilen hat und daß sich ihre Zuständigkeit "ratione materiae" auf Verstöße gegen die VEP oder ihre Ausführungsbestimmungen beschränkt.

Sie kann auf keinen Fall darüber befinden, wie zweckmäßig die Prüfungskommission die Themen aufbereitet hat, da es bei den Themen in den verschiedenen Prüfungsmodulen um die theoretische und praktische Anwendung des EPÜ geht.

3. Im übrigen gilt weiterhin, daß im Einzelfall kein höherrangiger Grundsatz des Rechts der allgemeinen Prüfungen verletzt wurde.

3.1. Die Kammer beabsichtigt keineswegs, von den in ihrer früheren und dem Beschwerdeführer bekannten Entscheidung D 14/95 vom 19. Dezember 1995 festgelegten Grundsätzen abzuweichen, an denen sie auch heute festhält.

Die Gleichbehandlung der Bewerber erfordert, daß ihre Prüfungsarbeiten unter Zugrundelegung derselben Kriterien einheitlich und gerecht bewertet werden. Mängel in dieser Hinsicht sind nicht zu erkennen.

3.2. Die Kammer kann keine willkürliche Ungleichbehandlung der Bewerber hinsichtlich der Auswahl der Prüfungsthemen feststellen, da diese ersichtlich im Bemühen um den größtmöglichen gemeinsamen Nenner für alle Kandidaten, aber auch um eine effektive Durchführung der Prüfung erfolgt.

Im übrigen besteht in jedem Fall eine in der Person der Bewerber begründete Ungleichheit aufgrund ihrer Kenntnisse, ihrer Ausbildung, ihrer Auffassungsgabe und ihrer Fähigkeit, einen Sachverhalt zu erörtern.

Eine solche Bandbreite der Ungleichbehandlung ist bei Prüfungsverfahren systemimmanent (D 14/95, Gründe Nr. 7).

Allgemeine Prüfungen beruhen auf dem Grundsatz, daß die Gleichheit der Rechte durch die Gleichbehandlung bei der Benotung gewährleistet wird. Demgegenüber werden die Chancen der Kandidaten zwangsläufig von ihrer Persönlichkeit bestimmt.

Daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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