D 0003/97 () of 8.10.1999

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1999:D000397.19991008
Datum der Entscheidung: 08 October 1999
Aktenzeichen: D 0003/97
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Regulation on discipline for professional representatives Art 12
Regulation on the European qualifying examination Art027(4)
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der europäischen Eignungsprüfung vom März 1996 die Prüfungsaufgaben C und D mit folgendem Ergebnis wiederholt:

Prüfungsaufgabe C: 5 (nicht ausreichend)

Prüfungsaufgabe D: 5 (nicht ausreichend)

II. Mit Schreiben vom 1. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer die Entscheidung der Prüfungskommission mitgeteilt, daß er die Prüfung nicht bestanden habe.

III. Gegen diese Entscheidung der Prüfungskommission, deren Abgabe zur Post am 1. Oktober 1996 erfolgt ist, hat der Beschwerdeführer am 28. November 1996 Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat er die Beschwerde begründet und die Beschwerdegebühr bezahlt.

IV. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten hat dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (EPI) und dem Präsidenten des Europäischen Patentamts (EPA) gemäß Artikel 12, Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern i.V.m. Artikel 27 (4), Satz 1 der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

V. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten hat dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 9. April 1999 ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, daß die Beschwerde kaum Aussicht auf Erfolg habe.

VI. Der Beschwerdeführer hat am 7. Juni 1999 zu diesem Bescheid Stellung genommen.

VII. Am ... wurde in Anwesenheit des Beschwerdeführers und einer Vertreterin des Präsidenten des EPA mündlich verhandelt.

VIII. Der Beschwerdeführer beantragte

Hauptantrag:

1. Alle Antwortteile der Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996, einschließlich der bisher fehlenden, nicht berücksichtigten Seiten bei der Bewertung zu berücksichtigen.

2. Das Ergebnis der Prüfungsaufgabe C der Eignungsprüfung 1996 durch das neu bewertete Ergebnis der Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996 und das Ergebnis der Prüfungsaufgabe B als ausgeglichen zu bewerten und damit die Prüfung als bestanden zu werten.

3. Die Beschwerdegebühr und die Prüfungsgebühr für die Eignungsprüfung 1997 zurückzuzahlen.

1. Hilfsantrag

Hilfsweise wird beantragt:

1. Falls die bisher fehlenden, nicht berücksichtigten Seiten der Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996 nicht aufgefunden werden, diese anhand einer Hochrechnung, basierend auf den vorhandenen oder evtl. teilweise aufgefundenen Antwortteilen der Prüfungsaufgabe D bei der Bewertung zu berücksichtigen und die Prüfungsaufgabe D als bestanden zu bewerten.

2. Das Ergebnis der Prüfungsaufgabe C der Eignungsprüfung 1996 durch das neu bewertete Ergebnis der Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996 und das Ergebnis der Prüfungsaufgabe B als ausgeglichen zu bewerten und damit die Eignungsprüfung als insgesamt bestanden zu werten.

3. Die Beschwerdegebühr und die Prüfungsgebühr für die Eignungsprüfung 1997 zurückzuzahlen.

2. Hilfsantrag

Hilfsweise wird beantragt:

1. Alle Antwortteile der Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996, einschließlich der bisher fehlenden, nicht berücksichtigten Seiten, in Form der aufgefundenen, bisher nicht berücksichtigten Seiten, und/oder in Form einer Hochrechnung basierend auf den vorhandenen oder teilweise aufgefundenen Antwortteilen bei der Bewertung mit zu berücksichtigen.

2. Die Prüfungsaufgabe D der Eignungsprüfung 1996 als bestanden zu werten.

IX. Zur Begründung seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Bis auf eine Prüfungsteilaufgabe (d. h. Teilaufgabe 10) in Teil I der Prüfungsaufgabe D habe er durchschnittlich über 73 % der maximal zu erzielenden Punkte für die von ihm beantworteten Prüfungsaufgaben erhalten. Zwei Teilaufgaben des Teils I (d. h. Teilaufgaben 3 und 8) habe er aus zeitlichen Gründen nicht bearbeiten können. Bei der Teilaufgabe 10 sei aus der Aufgabenstellung nicht klar zu ersehen gewesen, von welchem Datum bei der Beantwortung der Frage auszugehen war. Bei exakter Aufgabenstellung hätte er auch in dieser Teilaufgabe eine Bewertung von über 73 % erreicht. Teil I der Prüfungsaufgabe D zeige deutlich die Bewertungstendenz - über 70 % - der möglichen Punktzahlen und damit mindestens die Note 3 (befriedigend).

Die Analyse des Sachverhalts in Teil II der Prüfungsaufgabe D ergebe folgendes Bild: Bei der Teilaufgabe Ia habe er 68 % und bei der Teilaufgabe Ic 80. % der maximal möglichen Punktezahl erzielt, was die Bewertungstendenz auch hier in Teil II von über 70 % ergebe, womit auch die Bewertungstendenz von über 70 % bei Teil I der Prüfungsaufgabe D bestätigt worden sei. Dagegen seien die Teilaufgaben Ib und II von Teil II der Prüfungsaufgabe D auffallend niedrig bewertet worden, was völlig entgegen dem oben dargelegten Bewertungstrend von über 70 % laufe. Er habe die Ursache für diese extrem aus dem Bewertungstrend liegende Beurteilung gesucht und zu diesem Zweck seine ihm vom Prüfungssekretariat übersandten Prüfungsunterlagen durchgesehen und dabei festgestellt, daß wesentliche Teile seiner Beantwortung eben zu diesen Teilaufgaben Ib und II fehlten. Dabei habe es sich um eine ergänzende Beantwortung der Fragen dieser Teilaufgaben gehandelt, zu der er sich nach erneuter Analyse von Teil II der Prüfungsaufgabe D entschlossen habe. Die zusätzlichen Seiten mit der ergänzenden Beantwortung dieser Fragen habe er ungeordnet und mit fehlender Seitennumerierung in den Umschlag gesteckt, in dem sich bereits die übrigen Teile seiner Prüfungsarbeit zu Teil II der Prüfungsaufgabe D befanden, weil die Aufsichtsperson ihn zur unverzüglicher Aushändigung seiner Prüfungsarbeit ermahnt habe.

Wegen der zu den übrigen Fragen erzielten Bewertungsergebnisse von durchschnittlich über 73 % sei davon auszugehen, daß die Prüfungskommission es versäumt habe, die zusätzlichen Seiten mit der ergänzenden Beantwortung zu den Teilaufgaben Ib und II von Teil II der Prüfungsaufgabe D bei der Benotung zu berücksichtigen. Diese hätten jedoch von der Prüfungskommission zur Notenfindung herangezogen werden müssen. Im Falle, daß die zusätzlichen Seiten nicht mehr gefunden werden, sei deshalb im Rahmen der Verhältnismäßigkeit eine Berücksichtigung zu gewähren. Die ergänzende Beantwortung der Teilaufgaben Ib und II könnte dabei mit einer durchschnittlichen Bewertung, entsprechend der durchschnittlich erzielten Bewertung der übrigen Teile seiner Prüfungsarbeit zu Teil II der Prüfungsaufgabe D, d. h. mit ca. 74 % der möglichen Punktezahlen, bewertet werden. Es entspreche nämlich der Lebenserfahrung, daß ein Bewerber, der die einzelnen Prüfungsaufgaben im Durchschnitt mit einer Korrektheit von mehr als 70 % bearbeitet habe, auch die anderen Prüfungsaufgaben im Zweifelsfall mit mehr als 70 % Korrektheit beantwortet hätte. Hier sollte der Grundsatz in dubio pro reo Anwendung finden.

In der Entscheidung D 1/93 (ABl. EPA 1995, 227) werde der zum Zeitpunkt der Entscheidung noch in dieser Form geltende Artikel 12 (3) VEP dahingehend ausgelegt, daß es in Grenzfällen im Ermessen der Prüfungskommission liegen soll, die Entscheidung zu treffen, ob ein Bewerber, der nicht alle Prüfungsaufgaben bestanden habe, dennoch im Hinblick auf den Einzelfall zur Ausübung der Tätigkeit als zugelassener Vertreter geeignet sei. Die Kernaussage aus D 1/93 habe auch heute noch Gültigkeit. Im vorliegenden Fall sei daher die hochgerechnete Benotung aus der Prüfungsarbeit D und die Benotung aus der Prüfungsarbeit B der Bewertung der Prüfungsarbeit C zugrunde zu legen und die Prüfungsarbeit C, entsprechend der Entscheidung D 1/93 und unter Berücksichtigung des Einzelfalles, als bestanden zu werten.

X. Auf Befragung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten führte die Vertreterin des Präsidenten des EPA aus, daß sämtliche Blätter, die sich im Umschlag eines Bewerbers befänden, fotokopiert und anschließend den Prüfern zugestellt werden. Grundsätzlich werde der Inhalt sämtlicher Blätter bei der Benotung berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie numeriert seien oder nicht. Wenn der Inhalt bestimmter Blätter widersprüchlich sei, so ergehe ggf. eine Rückfrage des Prüfers, was er mit den Blättern machen soll. Nicht akzeptiert und deshalb weggeworfen würden dagegen mit Schreibmaschine beschriebene Blätter, die der Bewerber vor der Eignungsprüfung ausgefertigt habe, sowie Blätter, die erst nach der Eignungsprüfung, manchmal sogar mehrere Tage danach, beim EPA eingereicht werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Am 27. März 1996 hat der Beschwerdeführer von 9.45 bis 12.00. Uhr den Teil I und von 14.00 bis 17.00 Uhr den Teil II der Prüfungsaufgabe D geschrieben. Es ist daher ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer die zusätzlichen Blätter mit der ergänzenden Beantwortung der Fragen der Teilaufgaben Ib und II von Teil II der Prüfungsaufgabe D, nachstehend zusätzliche Blätter, aus Versehen in den Umschlag für die Prüfungsarbeiten zu Teil I der Prüfungsaufgabe D gesteckt haben könnte. Vielmehr konnte der Beschwerdeführer die zusätzlichen Blätter, wenn überhaupt, nur in den Umschlag für die Prüfungsarbeiten zu Teil II der Prüfungsaufgabe D gesteckt haben.

3. Der Beschwerdeführer behauptet, daß die Prüfungskommission die zusätzlichen Blätter, die er in den Umschlag gesteckt habe, bei der Benotung seiner Prüfungsarbeit zu den Teilaufgaben Ib und II von Teil II der Prüfungsaufgabe D nicht mit berücksichtigt habe. Zur Begründung weist er darauf hin, daß die zusätzlichen Blätter in seinen ihm vom Prüfungssekretariat übersandten Prüfungsunterlagen fehlten.

Das Vorhandensein zusätzlicher Blätter steht jedoch im Widerspruch zu den Ausführungen der Vertreterin des Präsidenten des EPA, wonach sämtliche Blätter, die sich im Umschlag eines Bewerbers befinden, fotokopiert werden und der Inhalt dieser sämtlichen Blätter, unabhängig davon, ob diese numeriert sind oder nicht, bei der Benotung berücksichtigt wird (vgl. Punkt X oben).

Hinzu kommt, daß es keinen konkreten Beweis dafür gibt, daß die zusätzlichen Blätter jemals existierten und der Aufsichtsperson tatsächlich ausgehändigt worden sind.

Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten sieht es daher als nicht erwiesen an, daß die fraglichen zusätzlichen Blätter vom Beschwerdeführer tatsächlich in den Umschlag für die Prüfungsarbeiten zu Teil II der Prüfungsaufgabe D gesteckt worden sind.

4. Es geht nicht an, Fragen, die der Beschwerdeführer aus Zeitgründen nicht beantwortet hat, oder angeblich vom Beschwerdeführer der Aufsichtsperson ausgehändigte Unterlagen, deren Inhalt unbekannt ist, anhand einer Hochrechnung, basierend auf der übrigen Benotung, zu bewerten, zumal jede Frage der Teilaufgaben von Teil I und Teil II der Prüfungsaufgabe D einen anderen Schwierigkeitsgrad aufweist und daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Beschwerdeführer sie ohne weiteres korrekt hätte beantworten können.

5. Was den Einwand der fehlenden Klarheit der Aufgabenstellung in Teilaufgabe 10 des Teils I der Prüfungsaufgabe D betrifft, steht der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten keine Überprüfungsbefugnis zu. Sie kann in dieser Hinsicht ihre eigene Beurteilung nicht an die Stelle der Beurteilung der Prüfungskommission setzen, da die Benotung der Arbeiten nach Artikel 7 (3) VEP Aufgabe der Kommission ist; die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ist nach Artikel 27 (1) VEP darauf beschränkt, die angefochtene Entscheidung auf Verletzung von Vorschriften der VEP oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmung oder höherrangigen Rechts zu überprüfen. Eine solche Verletzung liegt jedoch im vorliegenden Fall nicht vor und wurde vom Beschwerdeführer übrigens auch nicht geltend gemacht.

6. Der Beschwerdeführer hat sich auch auf die Grundsätze der Entscheidung D 1/93 berufen. Wie die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten jedoch in der Entscheidung D 8/96 (ABl. EPA 1998, 302) darlegte, setzt gemäß den nunmehr geltenden VEP und dazugehörigen Ausführungsbestimmungen das Bestehen bei teilweiser Wiederholung der europäischen Eignungsprüfung eine ausreichende Bewertung für jede einzelne Prüfungsaufgabe voraus, was die Anwendung dieser Grundsätze nicht mehr zuläßt. Die entsprechenden Argumente des Beschwerdeführers (vgl. Punkt IX oben) sind deshalb nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen.

7. Für die Anordnung der Rückzahlung einer Prüfungsgebühr durch die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten gibt es keine rechtliche Grundlage.

8. Der Hauptantrag und die beiden Hilfsanträge sind daher als unbegründet zurückzuweisen. Da der Beschwerde mithin nicht stattzugeben ist, kann nach Artikel 27 (4) VEP die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht angeordnet werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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