D 0005/93 () of 13.2.1995

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1995:D000593.19950213
Datum der Entscheidung: 13 Februar 1995
Aktenzeichen: D 0005/93
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat sich vom 17. bis 19. April 1991 der europäischen Eignungsprüfung unterzogen. Seine vier Prüfungsarbeiten sind wie folgt bewertet worden:

Prüfungsarbeit A:3 (gut)

Prüfungsarbeit B:5 (mangelhaft)

Prüfungsarbeit C:4 (befriedigend)

Prüfungsarbeit D:5 (mangelhaft)

II. Mit Schreiben vom 11. Oktober 1991 teilte die Prüfungs­kommission dem Beschwerdeführer mit, daß er die europäische Eignungsprüfung nicht bestanden habe, daß er aber nach Artikel 12 (3) VEP und den Ausführungs­bestimmungen zu Artikel 12 VEP vom 7. Dezember 1990 (veröffentlicht in ABl. EPA 1991, 88-89, 226) berechtigt sei, an einer der nächsten Prüfungen teilzunehmen, um die ungenügenden Arbeiten zu wiederholen.

III. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der nächsten europäischen Eignungsprüfung, die vom 8. bis 10. April 1992 stattgefunden hat, die ungenügenden Arbeiten mit folgendem Ergebnis wiederholt:

Prüfungsarbeit B:4 (befriedigend)

Prüfungsarbeit D:5 (mangelhaft)

IV. Mit Schreiben vom 9. Oktober 1992 wurde dem Beschwerde­führer die Entscheidung der Prüfungskommission mitgeteilt, daß er die Teilprüfung nicht bestanden habe.

V. Gegen diese Entscheidung der Prüfungskommission, deren Abgabe zur Post am 14. Oktober 1991 erfolgt ist, hat der Beschwerdeführer am 16. November 1992 Beschwerde eingelegt, die Beschwerdegebühr entrichtet und eine Beschwerdebegründung eingereicht.

VI. Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Beschwerde­führer im wesentlichen folgendes geltend:

- Die angefochtene Entscheidung sei nicht nach den Grundsätzen in Artikel 12 VEP und den Richtlinien gemäß Abschnitt VII.a) der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP erfolgt.

- Nach Artikel 12 (3) VEP gelte die Prüfung als bestanden, wenn für die wiederholten Arbeiten eine ausreichende Bewertung erzielt wird. Es sei jedoch nicht ausdrücklich angegeben, was unter einer ausreichenden Bewertung zu verstehen sei.

- Die Prüfungskommission verstehe offenbar unter einer ausreichenden Bewertung wenigstens eine Note 4 für alle Prüfungsarbeiten der europäischen Teilprüfung. Eine solche Auslegung für den Ausdruck "ausreichende Bewertung" sei aber von den unter Abschnitt III der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP abschließend aufgezählten Noten 1 bis 7, die keine Note "ausreichend" oder "ausreichende Bewertung" vorsähen, nicht gedeckt.

- Artikel 12 (3) VEP sehe vor, daß ein Bewerber, der die Prüfung nicht bestanden habe, lediglich die ungenügenden Arbeiten wiederholen kann. Diese Bestimmung enthalte somit eine übergeordnete Vorschrift, die in der vorhergehenden Prüfung zu sehen sei, ob der Bewerber die Prüfung bestanden habe. Ferner sei der Entscheidung D 4/89 zu entnehmen, daß bei der übergeordneten Frage, ob ein Bewerber die europäische Eignungsprüfung bestanden habe, eine Gesamtprüfung vorzunehmen sei.

- Die in Abschnitt VII.a) der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP angegebenen Richtlinien sähen nur eine Gesamtprüfung der Noten für alle vier Prüfungs­arbeiten der europäischen Eignungsprüfung vor.

- Im vorliegenden Fall könne eine Gesamtprüfung nur vorgenommen werden, wenn zu den bei der europäischen Eignungsprüfung 1992 erzielten Noten 4 und 5 für die Prüfungsarbeiten B und D die in der vorangegangenen europäischen Eignungsprüfung 1991 in den anderen Prüfungsarbeiten A und C erzielten Noten 3 und 4 hinzugefügt werden.

- Nachdem die europäische Eignungsprüfung vier unabhängige Prüfungsarbeiten vorsehe, bei denen ein Bewerber seine Kenntnisse nachweisen müsse, sei es naheliegend, bei einer Gesamtprüfung die Ergebnisse aller Prüfungsarbeiten A, B, C und D in Betracht zu ziehen. Im vorliegenden Fall könne daher eine Gesamtprüfung nur durchgeführt werden, wenn die Prüfungsergebnisse in den Prüfungsarbeiten A und C der vorausgehenden europäischen Eignungsprüfung 1991, die in engem Zusammenhang mit der europäischen Eignungsprüfung 1992 stehe, da sie die europäische Teilprüfung 1992 ermöglicht habe, zu den Noten für die Prüfungsarbeiten B und D der Teilprüfung hinzugefügt würden.

- Bei der von der Prüfungskommission vorgenommenen isolierten Betrachtung der Ergebnisse der europäischen Teilprüfung 1992 werde der Erleichterung nach Artikel 12 (3) VEP ein unangemessen größerer Nachteil gegenübergestellt, der darin zu sehen sei, daß ein Notenausgleich nicht möglich sei (Noten­ausgleich nur bei Gesamtprüfung).

- Nach richtiger Auslegung des Artikels 12 VEP und der Richtlinien nach Abschnitt VII.a) der Ausführungs­bestimmungen zu Artikel 12 VEP sei auch nach einer europäischen Teilprüfung eine Gesamtprüfung durchzu­führen. Im vorliegenden Fall ergebe sich daraus folgendes Notenbild: 3, 4, 4, 5. Bei einem derartigen Notenbild sehe die Gesamtprüfung nach Abschnitt VII.a) der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP vor, daß die europäische Eignungs­prüfung bestanden sei.

- Die erwähnte Gesamtprüfung gehe von der europäischen Eignungsprüfung als einer Einheit aus, die vier Prüfungsarbeiten A, B, C und D umfasse. Bei der für den Beschwerdeführer zugelassenen europäischen Teilprüfung 1992 könne diese Einheit nur hergestellt werden, wenn für die übergeordnete Gesamtprüfung ein Rückgriff auf die Noten der vorangehenden Prüfungs­arbeiten, die nicht Gegenstand der europäischen Teilprüfung sind, vorgenommen werde.

VII. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die europäische Eignungs­prüfung 1992 für bestanden zu erklären.

VIII. Die Prüfungskommission hat die Beschwerde gemäß Artikel 23 (3) VEP überprüft, aber beschlossen, ihr nicht abzuhelfen.

IX. Die Kammer hat sowohl dem Präsidenten des Rates des Instituts der zugelassenen Vertreter und dem Präsidenten des Europäischen Patentamts nach Artikel 23 (4) VEP in Verbindung mit Artikel 12, Satz 2 der "Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern" (ABl. EPA 1978, 91) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

X. In seiner Stellungnahme vertritt der Präsident des Europäischen Patentamts die Auffassung, daß eine Kombination der Ergebnisse eines Bewerbers, die er an zwei aufeinanderfolgenden Eignungsprüfungen erzielt hat, mit den Vorschriften des Artikels 12 VEP und den Ausführungsbestimmungen zu diesem Artikel nicht vereinbar sei. Das gelte auch bei Teilprüfungen. Aus Artikel 12 (3) VEP gehe nämlich eindeutig hervor, daß ein Bewerber für alle wiederholten Prüfungsarbeiten eine ausreichende Bewertung erzielen müsse.

XI. Mit Bescheid vom 13. Oktober 1994 teilte die Kammer dem Beschwerdeführer mit, daß seine rechtlichen Leistungen in den europäischen Eignungsprüfungen von 1991 und 1992, im ganzen gesehen, kaum ausreichend seien, so daß voraus­sichtlich mit der Zurückweisung der Beschwerde zu rechnen sei.

XII. Mit Schreiben vom 24. Oktober 1994 nahm der Beschwerde­führer zum Bescheid der Kammer Stellung. Er machte u. a. folgendes geltend:

- Bei der Untersuchung, ob seine Ergebnisse in den vier Teilprüfungen ausreichend gewesen seien, die europäische Eignungsprüfung zu bestehen, gehe die Prüfungskommission offensichtlich von seinen erreichten Punktezahlen insbesondere in den Prüfungs­arbeiten C und D aus und sehe den Abstand zu benachbarten Noten, im vorliegenden Fall die Nähe zur Note 6 bei der Prüfungsarbeit D und die Nähe zur Note 5 bei der Prüfungsarbeit C, als maßgebend für die Beurteilung an.

- Ein Problem bei dieser Vorgehensweise sei in der Grenzziehung bei den Punktezahlen zu sehen.

- Eine Vorgehensweise, die keine Wertung seiner Punkteabstände zu benachbarten Noten und damit keine eher willkürliche Grenzziehung innerhalb einer Note erfordere, sei in der Anwendung der Gesamtprüfung gemäß VII.a) der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP zu sehen. Diese auch im vorliegenden Fall anwendbare Gesamtprüfung gehe von einer Einheit aus, die aus vier Prüfungsarbeiten A, B, C und D bestehe.

- Bei dieser Gesamtprüfung gelte die europäische Eignungsprüfung beispielsweise mit einem Notenbild 3, 4, 4, 5 für die Prüfungsarbeiten A, B, C, D als bestanden, unabhängig davon, in welcher Reihenfolge diese Noten bei den einzelnen Prüfungsarbeiten erreicht wurden und, unabhängig davon, welcher Punkteabstand zu benachbarten Noten vorliegt.

- Es sei aus Gründen der Gleichbehandlung nicht einzusehen, weshalb dieser für die Gesamtprüfung gemäß VII.a) der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP geltende Maßstab nicht auch für die Beurteilung seiner Noten gelten soll, die aus den in seiner Beschwerde angegebenen Gründen ein zu dem angegebenen Notenbild vergleichbares Ergebnis aufwiesen. Auf jeden Fall habe ein Kandidat keine anderen Kenntnisse im europäischen Patentrecht nachgewiesen, wenn er ein mit seinem in zwei Teilprüfungen erreichten Noten vergleichbares - oder exakt gleiches - Prüfungsergebnis in einer einzigen Eignungsprüfung erreicht habe. Er (der Beschwerde­führer) sei daher der Auffassung, daß er aus diesen Gründen die europäische Eignungsprüfung 1992 zumindest knapp bestanden haben müßte.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP vom 7. Dezember 1990 (oben Abschnitt II), nachstehend Ausführungsbestimmungen genannt, sind im vorliegenden Fall anwendbar, weil die von der Prüfungskommission an den Ausführungsbestimmungen mit Wirkung vom 1. Januar 1993 vorgenommenen Änderungen (siehe ABl. EPA 1993, 73) keine rückwirkende Kraft entfalten. Der Beschwerdeführer kommt daher nicht in den Genuß der in diesen Änderungen vorgesehenen Möglichkeit, einem Bewerber zu gestatten, eine weitere Teilprüfung abzulegen, wenn er bei einer Teilprüfung erneut eine oder zwei Prüfungsaufgaben nicht bestanden hat.

3. Der Ausdruck "wenn für diese Arbeiten eine ausreichende Bewertung erzielt wird" in Artikel 12 (3) VEP bedeutet, daß jede der zu wiederholenden Prüfungsarbeiten mit der Note 4 oder einer besseren Note bewertet werden muß (vgl. englische Fassung dieser Vorschrift: "...if he passes these papers). Andererseits schließt Artikel 12 (3) VEP die Berücksichtigung der von einem Bewerber in der vorherigen Eignungsprüfung erzielten Ergebnisse aus.

4. Die Anwendung des Artikels 12 (3) VEP und der Ausführungs­bestimmungen (die, wie oben in Abschnitt 2 erwähnt, die Möglichkeit, eine weitere Teilprüfung abzulegen, nicht vorsehen) kann jedoch zu Ergebnissen führen, die einerseits mit dem Sinn und Zweck der europäischen Eignungsprüfung (nämlich festzustellen, ob die Bewerber zur Ausübung ihrer Tätigkeit geeignet sind [vgl. Abschnitt I der Ausführungsbestimmungen]) und andererseits mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (der verlangt, daß zwischen dem Schwierigkeitsgrad der europäischen Eignungsprüfung und dem Sinn und Zweck derselben ein ausgewogenes Verhältnis besteht) nicht vereinbar sind (siehe Entscheidung D 5/92 vom 26. November 1993, Abschnitt 6). In Grenzfällen ist daher trotz des engeren Wortlauts des Artikels 12 (3) VEP zu untersuchen, ob ein Bewerber zur Ausübung der Tätigkeit eines beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreters geeignet ist (Abschnitt I der Ausführungsbestimmungen), obschon er in der europäischen Teilprüfung eine Prüfungsaufgabe nicht bestanden hat (vgl. D 1/93 vom 23. September 1993). Dabei ist entscheidend, ob die praktischen Leistungen (Aufgaben A und B sowie die Kategorien "Use of information" und "Argumentation" der Aufgabe C) und die rechtlichen Leistungen (Aufgabe D und Kategorie "Legal aspects" der Aufgabe C) eines Bewerbers in den abgelegten Prüfungen insgesamt jeweils ausreichend sind oder nicht. Dagegen ist die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Kombination der Ergebnisse eines Bewerbers, die er an zwei aufeinanderfolgenden Eignungs­prüfungen erzielt hat, mit den Erfordernissen des Artikels 12 VEP und den Ausführungsbestimmungen zu dieser Vorschrift nicht vereinbar.

5. Der Beschwerdeführer hat die folgenden rechtlichen Leistungen erzielt:

a) Punktezahl in Aufgabe D (Eignungsprüfung 1991): 46 bzw. 46,5, d.h. eine knappe 5, fast eine 6 als Note.

b) Punktezahl in Aufgabe D (Teilprüfung 1992): 46 bzw. 46,5, d.h. eine knappe 5, fast eine 6 als Note.

c) Punktezahl in Aufgabe C, Kategorie "Legal aspects" (Eignungsprüfung 1991): 16 bzw. 15 von 30.

6. Die rechtlichen Leistungen des Beschwerdeführers sind, im ganzen gesehen, nicht ausreichend, weil die schwachen Leistungen in der Aufgabe D durch das Ergebnis in Aufgabe C, Kategorie "Legal aspects" (Eignungsprüfung 1991) nicht ausgeglichen werden können. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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