European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1992:D000192.19920730 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 Juli 1992 | ||||||||
Aktenzeichen: | D 0001/92 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | DBA | ||||||||
Leitsatz: | 1. Entscheidungen der Prüfungskommission sind grundsätzlich nur dahin zu überprüfen, ob nicht die VEP oder die bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmungen oder höherrangiges Recht verletzt sind. Werturteile sind grundsätzlich gerichtlicher Kontrolle entzogen. 2. Es ist nicht Aufgabe der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen. Nur schwerwiegende und eindeutige Fehler, auf denen die angegriffene Entscheidung beruht, können berücksichtigt werden. Der behauptete Fehler muß so offensichtlich sein, daß er ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens festgestellt werden kann. |
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Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Europäische Eignungsprüfung Befugnis der Disziplinarkammer |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer hat sich vom 19. bis 21. April 1991 der europäischen Eignungsprüfung unterzogen. Seine vier Prüfungsarbeiten sind wie folgt bewertet worden:
A: 5, B: 4, C: 6, D: 3.
II. Gegen die Entscheidung der Prüfungskommission für die europäische Eignungsprüfung des Europäischen Patentamts vom
11. Oktober 1991, daß er die Prüfung nicht bestanden hat, legte der Beschwerdeführer am 11. Dezember 1991 Beschwerde ein.
III. Zur Begründung seiner Beschwerde trug der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die beiden Prüfer hätten die Prüfungsaufgabe A nicht zutreffend bewertet. Wie eine detaillierte Analyse seiner Lösung dieser Aufgabe belege, hätte die Bewertung deutlich über 23 Punkten liegen müssen, mit der Folge, daß die Note 5 den Leistungen des Beschwerdeführers nicht gerecht wurde, vielmehr zumindest die Note 4 hätte vergeben werden müssen. Die entsprechende Analyse der Lösung der Aufgabe C zeige, daß die Zuerkennung von nur 8 Punkten durch einen der Prüfer der Leistung des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verwertung der Informationen nicht gerecht werde und vielmehr mindestens 10 Punkte hätten vergeben werden müssen. Gleiches gelte für die Argumentation, wo eine maximale Punktzahl von 30 erreicht werden konnte und bei zutreffender Würdigung wenigstens eine Punktzahl von 10 hätte zuerkannt werden müssen, so daß sich die Gesamtnote damit im Bereich zwischen 36 und 49 Punkten bewegt hätte und damit der Arbeit C die Note 5 hätte zuerteilt werden müssen.
IV. Demgemäß beantragte der Beschwerdeführer,
a) die Entscheidung der Prüfungskommission vom 11. Oktober 1991 mit der Maßgabe aufzuheben, daß für die Prüfungsaufgabe A die Note 4 und die Prüfungsaufgabe C die Note 5 vergeben werden und die Prüfung insgesamt als bestanden angesehen wird;
hilfsweise
b) die Prüfungsaufgabe A mit der Note 4 zu bewerten, so daß die Regelung des Artikels 12 (3) VEP in Verbindung mit IX b der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP zur Anwendung kommt,
c) die Prüfungsaufgabe C mit der Note 5 zu bewerten, so daß die Regelung des Artikels 12 (3) VEP in Verbindung mit IX b der Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP zur Anwendung kommt.
V. Die Prüfungskommission hat die Beschwerde gemäß Artikel 23 (3) VEP überprüft, aber in ihrer Sitzung vom 11. Februar 1992 beschlossen, ihr nicht abzuhelfen.
VI. Die Kammer hat sowohl dem Präsidenten des Europäischen Patentamts als auch dem Präsidenten des Rats der zugelassenen Vertreter nach Artikel 23 (4) VEP in Verbindung mit Artikel 12 Satz 2 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, aber keiner von ihnen hat sich sachlich zu der Beschwerde geäußert.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht Artikel 23 (1), (2) VEP und ist daher zulässig.
2. Grundlage der Entscheidung sind die durch Beschluß des Verwaltungsrates vom 7. Dezember 1990 geänderten Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für die beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (ABl. EPA 1991, 15). Von besonderer Bedeutung ist die Ergänzung von Artikel 12 (2) bis (4) VEP in Artikel 2 der Änderungsvorschriften. Durch diese Änderung in Verbindung mit den mit Wirkung vom 7. Dezember 1990 von der Prüfungskommission revidierten Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP (ABl. EPA 1991, 88) wird ein vom bisherigen Rechtszustand abweichendes System der Gesamtbeurteilung der Prüfungsarbeiten eines Kandidaten eingeführt. Nach dieser neuen Regelung hat ein Bewerber im Rahmen einer Gesamtbeurteilung gemäß Artikel 12 (2) VEP die Prüfung bestanden, wenn er
a) nur eine Prüfungsaufgabe nicht bestanden hat, die mit der Note 5 bewertet wurde, und diese Note durch eine 3 oder eine bessere Note für mindestens eine andere Arbeit ausgeglichen wird;
b) nur eine Prüfungsaufgabe nicht bestanden hat, die mit der Note 6 bewertet wurde, und
i) diese Note, falls sie für die Arbeit A oder B vergeben wurde, durch eine 3 oder eine bessere Note für die Arbeit B bzw. A und für mindestens eine weitere Arbeit ausgeglichen wird;
ii) diese Note, falls sie für die Arbeit C oder D vergeben wurde, durch eine 3 oder eine bessere Note für die Arbeit D bzw. C und für mindestens eine weitere Arbeit ausgeglichen wird;
c) zwei Prüfungsaufgaben nicht bestanden hat, die beide mit der Note 5 bewertet wurden, wenn diese Noten nur für eine der Arbeiten A und B sowie eine der Arbeiten C und D vergeben wurden und durch eine 3 oder eine bessere Note für die beiden übrigen Arbeiten ausgeglichen werden.
3. Soweit es um die Nachprüfbarkeit von Entscheidungen der Prüfungskommission durch die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten des Europäischen Patentamts geht, ist auch nach den oben genannten Änderungen der Grundsatz maßgeblich, wie er in der Entscheidung der Kammer vom 15. September 1988 (D 4/88, nicht veröffentlicht) dargelegt worden ist. Entscheidungen der Prüfungskommission sind grundsätzlich nur dahin zu überprüfen, ob nicht die VEP oder die bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmungen oder höherrangiges Recht verletzt sind. Aus dem Sachvortrag des Beschwerdeführers ist an keiner Stelle zu entnehmen, daß die Prüfungskommission bei der Bewertung seiner Arbeiten eine der das Prüfungsverfahren regelnden Bestimmungen, insbesondere nach dem oben genannten neuen Recht, oder sogar einen allgemeinen Rechtsgrundsatz verletzt hat.
4. Allerdings macht der Beschwerdeführer geltend, daß die maßgeblichen Prüfer seine Arbeiten A und C unzutreffend bewertet hätten, was zu dem unrichtigen Gesamtergebnis geführt habe. Aus dem oben zitierten Grundsatz in der Entscheidung der Kammer vom 15. September 1988 (D 4/88) ergibt sich, daß es nicht Aufgabe der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ist, das Prüfungsverfahren s a c h l i c h zu überprüfen. Nur schwerwiegende und eindeutige Fehler, die angeblich ein Prüfer bei der Bewertung der Arbeit eines Kandidaten gemacht haben soll und auf denen die angegriffene Entscheidung beruht, können berücksichtigt werden. Weiterhin muß der behauptete Fehler so offensichtlich sein, daß er ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens festgestellt werden kann. Alle anderen Behauptungen der Art, daß die Prüfungsarbeiten unrichtig bewertet worden sind, fallen nicht in die Kompetenz der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten. Grundsätzlich sind Werturteile gerichtlicher Kontrolle entzogen.
5. Im vorliegenden Fall zielt der gesamte Sachvortrag des Beschwerdeführers im wesentlichen darauf ab, daß die Prüfer den von ihm bearbeiteten Aufgaben A und C jeweils eine unrichtige, nämlich zu niedrige Punktezahl zuerkannt haben. Eine, wie der Beschwerdeführer glaubt, sachlich angemessene Bewertung seiner Lösungsvorschläge hätte zu einer höheren Punktvergabe und damit zum Bestehen der Prüfung führen müssen. Angegriffen werden damit prüfungsspezifische Werturteile, die nach den oben dargelegten Grundsätzen einer Kontrolle durch die Kammer entzogen sind. Es handelt sich um Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beschwerdeführer und den Prüfern über die "richtige" Bewertung seiner Arbeiten. Anhaltspunkte dafür, daß die Prüfer bei der Beurteilung der Arbeiten des Beschwerdeführers einen schwerwiegenden, als Ermessensmißbrauch zu betrachtenden Fehler gemacht haben, sind nicht ersichtlich.
6. Im Hinblick auf die geltende Regelung, insbesondere die vorausgehend erwähnten Ausführungsbestimmungen zu Artikel 12 VEP, ist daher festzustellen, daß die Entscheidung der Prüfungskommission keine Verletzung des Regelsystems aufweist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.