European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:D001417.20180213 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 Februar 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | D 0014/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | DBA | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer nahm an der europäischen Eignungsprüfung 2017 teil. Seine Prüfungsarbeiten wurden wie folgt bewertet: Prüfungsaufgabe A mit 54 Punkten, Aufgabe B mit 59 Punkten, Prüfungsaufgabe C mit 42 Punkten und Prüfungsaufgabe D mit 68 Punkten.
II. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die mit Entscheidung vom 6. Juli 2017 getroffenen Feststellungen der Prüfungskommission für die Europäische Eignungsprüfung, dass die Prüfungsaufgabe C der europäischen Eignungsprüfung 2017 mit 42 Punkten und damit als "nicht bestanden" zu werten ist, und dass der Beschwerdeführer infolgedessen die europäische Eignungsprüfung nicht bestanden hat.
III. Der Beschwerdeführer legte gegen die Entscheidung vom 6. Juli 2017 form- und fristgerecht Beschwerde ein, der die Prüfungskommission nicht abhalf. Mit Schreiben vom 13. September 2017 legte die Prüfungskommission die Beschwerde der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten (Kammer) vor.
IV. Mit Schreiben vom 28. November 2017 beantragte der Beschwerdeführer die Beschleunigung des Verfahrens.
V. Die Kammer lud am 1. Dezember 2017 zur mündlichen Verhandlung und legte in einem Bescheid vom 22. Dezember 2017 ihre vorläufige Auffassung dar.
VI. Mit Schreiben vom 5. Februar 2018 nahm der Beschwerdeführer zum Bescheid der Kammer Stellung und ergänzte seine Argumentation.
VII. Am 13. Februar 2018 fand eine nicht öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer, dessen Rechtsbeistände (Artikel 24(4) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter [VEP, Zusatzpublikation zum Amtsblatt EPA 2/2017, 2] in Verbindung mit Artikel 17 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern [Zusatzpublikation zum Amtsblatt EPA 1/2017, 127]), der Präsident des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi) sowie eine vom Präsidenten des Europäischen Patentamtes (EPA) bestimmte Vertreterin teilnahmen (Artikel 24(4) VEP in Verbindung mit Artikel 14 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern).
VIII. Zur Begründung seiner Beschwerde machte der Beschwerde-führer schwere und eindeutige Fehler bei der Bewertung der Prüfungsarbeit zur Prüfungsaufgabe C der europäischen Eignungsprüfung 2017 in Bezug auf die Ansprüche 2, 4 und 7 geltend.
IX. Die entscheidungserheblichen Argumente des Beschwerdeführers lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
In Bezug auf Anspruch 2 der Anlage 1 sei laut dem Prüferbericht ein Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Anlage 5 als nächstliegendem Stand der Technik erwartet worden (Prüferbericht Seiten 5 und 10 f.). Da der Gegenstand des Anspruchs 2 der Anlage 1 gegenüber demjenigen der Anlage 5 zwei Unterscheidungsmerkmale mit separaten und nicht zusammenhängenden technischen Wirkungen aufwies, sei eine Argumentation auf Grundlage von zwei Teilaufgaben erwartet worden, wobei die Anlage 5 für die erste Teilaufgabe mit der Anlage 2 und für die zweite Teilaufgabe mit der Anlage 6 zu kombinieren war.
Der Beschwerdeführer habe abweichend von der erwarteten Lösung einen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Anlage 6 erhoben. Wie bei der erwarteten Lösung hätten sich auch bei diesem Ausgangsdokument für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz zwei Unterscheidungsmerkmale mit separaten und nicht zusammenhängenden technischen Wirkungen ergeben. Der Beschwerdeführer habe zwei Teilaufgaben formuliert, wobei er die Anlage 6 für die erste Teilaufgabe mit der Anlage 2 und für die zweite Teilaufgabe mit der Anlage 5 kombiniert habe.
Beide Prüfer hätten übereinstimmend die Ausführungen des Beschwerdeführers mit 0 Punkten bewertet. Diese pauschale Bewertung sei einzig in der Wahl eines abweichenden Ausgangsdokuments begründet. Solch eine Bewertung widerspreche dem "fit to practice" Kriterium beziehungsweise dem Grundsatz, dass vom Prüferbericht abweichende, aber dennoch zumindest vertretbar und kompetent begründete Antworten gerecht zu bewerten sind. Der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Anlage 6 sei eine vertretbare Alternative zur erwarteten Lösung. Der Hinweis im Prüferbericht, dass die Feder des Korkenziehers gemäß der Anlage 6 ein technisches Hindernis darstelle, das die Wahl dieses Dokuments als nächstliegenden Stand der Technik ausschließe, setze in unzulässiger Weise besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Erfindung voraus und sei auch sachlich unzutreffend.
b) Antrag auf Vergabe der Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" und auf Feststellung des Bestehens der Eignungsprüfung
Der Beschwerdeführer verwies hinsichtlich der Rechtsgrundlage für seine Anträge auf die Entscheidung D 5/14. Als besondere Gründe für eine Bewertung seiner Prüfungsarbeit zur Aufgabe C der europäischen Eignungsprüfung 2017 mit mindestens 45 Punkten sowie die Vergabe zumindest einer Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" durch die Beschwerdekammer machte er geltend, dass ihm lediglich drei Punkte für das Bestehen der europäischen Eignungsprüfung fehlten. Bei einer erneuten Bewertung seiner Prüfungsarbeit allein in Bezug auf den Anspruch 2 sei zu erwarten, dass er mehr als 3 Punkte erhalte, da für diese Teilaufgabe maximal 20 Punkte vergeben wurden. Er beantrage nicht, dass seine Prüfungsarbeit in Bezug auf den Anspruch 2 mit einer konkreten Anzahl Punkten bewertet werde. Vielmehr beantrage er eine Feststellung, dass infolge der als fehlerhaft erkannten Bewertung seiner Prüfungsarbeit diese mit mindestens 45 Punkten zu bewerten sei. Bei einer Zurückverweisung mit der Anordnung zur erneuten Bewertung sei kein anderes Ergebnis zu erwarten. Ein etwaiges anderes Resultat, d.h. die Vergaben von weniger als 3 Punkten für die Teilaufgabe und damit weniger als 45 Punkten für seine Prüfungsarbeit zur Aufgabe C, würde durch ihn auch nicht akzeptiert werden, sondern mit einer erneuten Beschwerde angegriffen werden. Eine Rückverweisung wäre daher reine Formsache und würde sich angesichts der kurzen Zeit bis zum Prüfungstermin für die Aufgabe C der europäischen Eignungsprüfung 2018 einzig zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken: Es sei nicht zu erwarten, dass die Prüfungskommission seine Arbeit rechtzeitig vor dem Prüfungstermin neu bewerten könne. Obschon er in der Sache obsiegt hätte, müsse er sich auf die Prüfung vorbereiten, diese wiederholen und die Kosten hierfür tragen. Davon abgesehen habe die Prüfungskommission es versäumt, der Beschwerde pflichtgemäß abzuhelfen. Die Ausübung der Berufstätigkeit durch den Beschwerdeführer sei deswegen bald 6 Monate hinausgezögert worden. Eine Zurückverweisung zur erneuten Bewertung würde eine weitere ungerechtfertigte Verzögerung bedeuten.
X. Die Schlussanträge des Beschwerdeführers sind wie folgt: Er beantragte
a) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Prüfungskommission vom 6. Juli 2017;
b) die Bewertung der Prüfungsaufgabe C der Europäischen Eignungsprüfung 2017 des Beschwerdeführers in Bezug auf die Ansprüche 2, 4 und 7 mit mindestens 45 Punkten, die Vergabe zumindest der Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" und darauf gestützt die Feststellung des Bestehens der Europäischen Eignungsprüfung durch den Beschwerdeführer;
c) die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Bewertung seiner Prüfungsarbeit in Bezug auf den Anspruch 2 der Anlage 1 mit 0 Punkten.
2.2 Die Kammer stimmt dem Beschwerdeführer zu, dass sich die Bewertung des von ihm ausgeführten Angriffs der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Anlage 6 mit 0 von 20 Punkten anhand des Prüferberichts nur damit erklären lässt, dass der Beschwerdeführer die Anlage 6, und damit einen vom Prüferbericht abweichenden nächstliegenden Stand der Technik, zum Ausgangspunkt für einen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit genommen hat.
2.3 Zur Begründung, warum Anlage 6 nicht als Ausgangspunkt für den Aufgabe-Lösungs-Ansatz in Frage kommt, findet sich einzig folgende Aussage im Prüferbericht (Seite 5 der deutschen Fassung, Hervorhebung durch die Kammer):
"Anlage 6 stellt einen Korkenzieher mit Zugelement dar, der über eine Feder um den geraden Abschnitt des Extraktionselements verfügt. Aufgrund der Feder können die gezahnten Arme nicht in Rippen im geraden Abschnitt greifen."
Der Prüferbericht sieht mithin in der Feder des in der Anlage 6 offenbarten Korkenziehers ein technisches Hindernis, das die Wahl dieses Dokuments als nächstliegender Stand der Technik ausschließt.
2.4 Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten sind vom Prüferbericht abweichende, aber dennoch zumindest vertretbar und kompetent begründete Antworten gerecht zu bewerten (siehe D 7/05, ABl. EPA 2007, 378, 2. Leitsatz sowie Nr. 13 der Entscheidungsgründe; D 12/82, ABl. EPA 1983, 233, Nr. 3 der Entscheidungsgründe). Diese Verpflichtung leitet sich aus dem Zweck der Europäischen Eignungsprüfung ab, die Berufsbefähigung ("fit to practice") der Bewerberinnen und Bewerber festzustellen (Artikel 1(1) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter, VEP, ABl. EPA 2017, Zusatzpublikation 2, 2). Diese Rechtsprechung schließt nicht aus, dass eine Antwort zu einer Teilaufgabe der Prüfungsaufgabe C mit 0 Punkten bewertet wird. Dies ist beispielsweise denkbar, wenn für einen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ein Ausgangsdokument gewählt wird, das nicht vertretbar als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann, oder wenn trotz formal korrekter Strukturierung eines solchen Einwands nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz inhaltliche Mängel bestehen, so dass die Ausführungen den Anforderungen an einen kompetent und logisch begründeten Einwand im Rahmen einer Einspruchsschrift gegen ein europäisches Patent nicht genügen.
2.5 Vorliegend macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Aussage im Prüferbericht, dass die Feder des Korkenziehers gemäß der Anlage 6 ein technisches Hindernis darstelle, das die Wahl dieses Dokuments als nächstliegenden Stand der Technik ausschließe, sachlich unzutreffend ist.
2.6 Wie der Beschwerdeführer anhand der untenstehenden Figur und eines funktionsfähigen Modells augenfällig gemacht hat, besteht das vorgebliche Hindernis bereits bei summarischer Prüfung ganz offensichtlich nicht.
FORMUULA/TABLE/GRAPHIC
2.7 Damit fällt der einzige Grund weg, der laut Prüferbericht gegen die Anlage 6 als Ausgangsdokument spricht. Folglich ist Anlage 6 ein alternatives Ausgangsdokument für einen Angriff der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegen Anspruch 2 der Anlage 1.
2.8 Die pauschale Bewertung der Prüfungsarbeit des Beschwerdeführers zu dieser Teilaufgabe mit 0 Punkten allein wegen der fälschlich als technisch nicht vertretbar erachteten Wahl von Anlage 6 als nächstliegenden Stand der Technik widerspricht folglich dem Anspruch auf eine gerechte Bewertung von abweichenden, aber dennoch vertretbaren und kompetent begründeten Antworten. Dabei ist unerheblich, welches Dokument im Zuge einer umfassenden Beurteilung aller möglichen und vertretbaren Ansätzen am Ende eher als vorzugswürdiger nächstliegender Stand der Technik zu betrachten, und ob der Ansatz im Prüferbericht dann möglicherweise zu bevorzugen wäre.
2.9 Nach dem Gesagten ist der Beschwerde stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Einer Entscheidung über die Rügen des Beschwerdeführers betreffend die Bewertung seiner Prüfungsarbeit in Bezug auf die Ansprüche 4 und 7 bedurfte es nicht, zumal auch den weiteren Anträgen auf der Grundlage des festgestellten Fehlers stattgegeben werden konnte.
3. Antrag auf Vergabe der Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" und auf Feststellung des Bestehens der europäische Eignungsprüfung
3.1 Gemäß Artikel 24(4), zweiter Satz, VEP hat die Beschwerdekammer die angefochtene Entscheidung aufzuheben, falls die Beschwerde zulässig und begründet ist. Die Sache wird dann an die Prüfungskommission zurückverwiesen mit der Anordnung, eine neuerliche Bewertung der in Frage stehenden Prüfung vorzunehmen zu lassen.
Es stellt sich die Frage, ob vorliegend besondere, gegen eine Zurückverweisung sprechende Gründe im Sinn von Artikel 12 der Ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vorliegen, die eine Direktentscheidung ausnahmsweise rechtfertigten.
Solche Gründe wurden bislang in wenigen Ausnahmefällen als gegeben angesehen (D 5/86, ABl. EPA 1989, 210, Punkt 9 der Entscheidungsgründe: Beschwerde gegen eine Disziplinarmaßnahme, Verfahrensdauer von 9 Jahren, mehrfache Anhörung eines Zeugen; D 11/91, ABl. EPA 1995, 721, Punkt 7.9 der Entscheidungsgründe: Beschwerde gegen eine Disziplinarmaßnahme, Verfahrensdauer von 7 Jahren; D 8/08 und D 9/08 vom 19. Dezember 2008, Punkt 8 der Entscheidungsgründe: Beschwerde gegen die Nichtzulassung zur Eignungsprüfung 2009, knappe Zeit bis zur Eignungsprüfung). Bei Beschwerden gegen Entscheidungen der Prüfungskommission betreffend die Europäische Eignungsprüfung ist von der Möglichkeit gemäß Artikel 12 der Ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, in der Sache zu entscheiden, bislang nur in Bezug auf die Vorprüfung Gebrauch gemacht worden (siehe etwa die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung D 5/14, Punkte 7 ff. der Entscheidungsgründe).
Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt nämlich die eigentliche Bewertung der Prüfungsleistung daraufhin, wie viele Punkte die jeweilige Antwort auf eine Prüfungsfrage verdient, nicht der Nachprüfung durch die Beschwerdekammer, ebenso wenig wie die Kriterien, aufgrund deren die Prüfungskommission die Wertigkeit der erwarteten Antworten auf die Prüfungsfragen bestimmt (vgl. D 7/05, ABl. EPA 2007, 378, Punkt 20 der Entscheidungsgründe). Dies ist gerechtfertigt, weil und soweit für die prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum wesentlich ist und eine gerichtliche Kontrolle auf eindeutige Rechts- und Ermessens- bzw. Beurteilungsfehler bei der Bewertung der Prüfungsarbeiten beschränkt ist. Die Rechtsprechung in Bezug auf die Vorprüfung wurde im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass die Prüfer bei der Bewertung der Multiple-Choice-Aufgaben der Vorprüfung keinen Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum haben und auch die Vergabe der Punktezahl schematisch und ermessensfrei erfolgt.
3.2 Vorliegend machte der Beschwerdeführer als besondere, gegen eine Zurückverweisung sprechende Gründe im Sinn von Artikel 12 der Ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten geltend, dass bei einer Höchstpunktzahl von 20 Punkten ein logischer, gemäß anerkannter Praxis begründeter Angriff der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, mehr als 3 Punkte erhalten müsse. Bei einer erneuten Bewertung seiner Prüfungsarbeit allein in Bezug auf den Anspruch 2 sei daher ausgehend von der fehlerhaften Bewertung mit 0 Punkten zu erwarten, dass die Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" vergeben und das Bestehen der europäischen Eignungsprüfung festgestellt würde. Von einer Zurückverweisung mit der Anordnung zur erneuten und beurteilungsfehlerfreien Bewertung sei kein anderes Ergebnis zu erwarten.
3.3 Die Beschwerdekammer ist aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers zur Überzeugung gelangt, dass im vorliegenden Fall eine Zurückverweisung einen Formalismus bedeutet hätte, der eine allein mit der beschränkten Überprüfungskompetenz auf eindeutige Rechts- und Ermessens- bzw. Beurteilungsfehler nicht zu rechtfertigende Härte bedeutet hätte. Dem Beschwerdeführer fehlten für die Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" für die Prüfungsaufgabe C, die zugleich für das Bestehen der europäischen Eignungsprüfung ausreichend war, lediglich drei Punkte. Es bedurfte keiner Entscheidung der Beschwerdekammer über die Wertigkeit der vom Fehler betroffenen Teilaufgabe (Anspruch 2), da die Höchstpunktzahl aus dem Prüferbericht unmittelbar hervorgeht. Sodann beantragte der Beschwerdeführer keine Vergabe einer konkreten Punktezahl für seine Prüfungsarbeit in Bezug auf den Anspruch 2, was eine eingehende fachliche Bewertung der Prüfungsleistung erforderlich gemacht hätte. Er verfolgte auch keinen Antrag auf Vergabe der Gesamtnote "bestanden", der eine Nachprüfung der Beschwerdekammer erforderlich gemacht hätte. Vielmehr stellte sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass eine erneute Bewertung mit weniger als 3 Punkten angesichts der hohen Wertigkeit der Teilaufgabe ausgeschlossen werden konnte und auf einen Bewertungsfehler hinausliefe.
Zwar erforderte eine dahingehende Feststellung der Beschwerdekammer eine summarische Betrachtung der Prüfungsleistung des Beschwerdeführers. Da es aber nicht galt, den Angriff des Beschwerdeführers auf den Anspruch 2 mit einer exakte Punktezahl zu bewerten, hatte die Beschwerdekammer keine prüfungsspezifische Wertung vorzunehmen, wie sie seitens der Prüfungskommission beziehungsweise des zuständigen Prüfungsausschusses im Falle einer Zurückverweisung erforderlich gewesen wäre. Vielmehr brauchte die Beschwerdekammer lediglich zu prüfen, ob eine Bewertung des Angriffs des Beschwerdeführers gegen den Anspruch 2 mit weniger als 3 Punkten eine unangemessene Ausübung des Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraums des zuständigen Prüfungsausschusses wäre. Dies konnte die Beschwerdekammer in Anbetracht der hohen Wertigkeit der Teilaufgabe, der prima facie kompetenten und logischen Antwort des Beschwerdeführers und der geringen in Frage stehenden Punktezahl ohne Zweifel bejahen. Schließlich berücksichtigte die Beschwerdekammer auch, dass im Falle einer Zurückverweisung angesichts der äußerst kurzen Zeitspanne zwischen dem Termin der mündlichen Verhandlung und demjenigen der europäischen Eignungsprüfung 2018 eine erneute Bewertung der Prüfungsarbeit selbst bei einer bevorzugten Behandlung der Angelegenheit durch die Prüfungskommission und den Prüfungsausschuss vernünftigerweise nicht zu erwarten war.
3.4 Die Beschwerdekammer kam daher zum Schluss, dass besondere, gegen eine Zurückverweisung sprechende Gründe im Sinn von Artikel 12 der Ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten gegeben waren. Dem Antrag, der Prüfungsaufgabe C der Europäischen Eignungsprüfung 2017 des Beschwerdeführers zumindest die Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" zu vergeben und darauf gestützt das Bestehen der Europäischen Eignungsprüfung durch den Beschwerdeführer festzustellen, konnte stattgegeben werden (Artikel 24(4), erster Satz, VEP i.V.m. Artikel 22(3) VDV i.V.m. Artikel 111(1), 2. Satz, EPÜ).
4. Da der Beschwerde stattzugeben war, entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr ganz zurückzuzahlen (Artikel 24(4) VEP).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Für die Prüfungsaufgabe C der Europäischen Eignungsprüfung 2017 des Beschwerdeführers wird die Gesamtnote "nicht bestanden mit Ausgleichsmöglichkeit" vergeben.
3. Es wird festgestellt, dass die Bedingungen des Artikels 14(1) VEP erfüllt sind und der Beschwerdeführer die europäische Eignungsprüfung bestanden hat.
4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.