D 0010/16 () of 5.9.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:D001016.20160905
Datum der Entscheidung: 05 September 2016
Aktenzeichen: D 0010/16
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der Prüfungskommission auf Vorschlag des Prüfungsausschusses IV getroffene Feststellung des Nichtbestehens der Vorprüfung der europäischen Eignungsprüfung 2016 (im Folgenden: Vorprüfung 2016) und die dieser zugrunde liegende Benotung der Vorprüfung 2016 mit 64 Punkten.

II. Der Beschwerdeführer legte hiergegen form- und frist-gerecht Beschwerde ein, der die Prüfungskommission nicht abhalf, sondern der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten (im Folgenden: Beschwerdekammer) vorlegte.

III. Zur Begründung seiner Beschwerde machte der Beschwerde-führer schwere und eindeutige Fehler bei der Beurteilung seiner Wertungen der Aussagen 5.4, 12.3, 17.1, 18.2 und 18.4 geltend.

IV. Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 beantragte der Beschwerdeführer Beschleunigung des Verfahrens.

V. Am 25. Juli 2016 lud die Beschwerdekammer zu einer mündlichen Verhandlung am 5. September 2016. Mit dem Ladungsbescheid teilte die Kammer die vorläufige Einschätzung der Sache mit.

VI. Mit Schreiben vom 5. August 2016 bestätigte der Beschwerdeführer seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und stimmte damit der verkürzten Ladungsfrist zu.

VII. Mit Eingabe vom 22. August 2016 nahm der Beschwerdeführer zum Ladungsbescheid Stellung und trug weitere Argumente vor. Er hielt daran fest, dass die Aussagen 5.4, 12.3, 17.1, 18.2 und 18.4 fehlerhafte Feststellungen beinhalten würden.

VIII. Die Argumente des Beschwerdeführers lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zur Aussage 5.4 führt der Beschwerdeführer aus, dass die deutsche Fassung der Aussage von der französischen und englischen abweiche. Es gäbe zwei Übersetzungsfehler: Durch die Verwendung des bestimmten Artikels "der" anstelle des unbestimmten Artikels in der englischen und französischen Fassung werde auf den der Frage 5 zugrundeliegenden Sachverhalt Bezug genommen. Nach objektivem Verständnis habe sich daher die Aussage 5.4 auf Hassan als Vertreter bezogen. Auch die Wendung "nur dann" weiche von der englischen und französischen Fassung ab. Dadurch stelle die Aussage 5.4 eine kausale zeitliche Abfolge zwischen der Einreichung einer Vollmacht und der Zurücknahme der Patentanmeldung her. Die Wertung laute bei diesem Verständnis "wahr". Es liege ein schwerer und eindeutiger Fehler vor, der ohne wertende Neubetrachtung feststellbar sei.

In Bezug auf die Aussage 12.3 machte der Beschwerdeführer geltend, dass die zu bewertende Aussage 12.3 auf den "in Figur 3 gezeigten Kochtopf" Bezug nähme, während die Musterlösung des Prüferberichts auf die "Ausführungsform gemäß Fig. 3" abstelle. Damit berücksichtige die Musterlösung neben der Figur 3 auch die dazugehörige Beschreibung. Die Offenbarungsquelle für die Aussage und die Musterlösung sei somit eine andere, was auch zu einer unterschiedlichen Wertung der Aussage führe. Die Wertung laute bei diesem Verständnis "falsch". Denn die perspektivische Darstellung der Figur 3 lasse nicht erkennen, ob das Merkmal einer kreisrunden Öffnung verwirklicht sei. Auch nach der Rechtsprechung könnten Schemazeichnungen keine Abmessungen entnommen werden. Ein Bajonettverschluss schließe zudem eine ovale Form nicht aus. Es bestehe somit eine Diskrepanz zwischen der Aussage und der Musterlösung. Es sei auch vertretbar, dass sich der Beschwerdeführer strikt an den Wortlaut der Aussage 12.3 gehalten habe. Die Aussage sei 12.3 vor dem Hintergrund früherer Vorprüfungen zu sehen, die zusammen mit der Musterlösung zur Prüfungsvorbereitung künftiger Bewerber und Bewerberinnen veröffentlich würden (Artikel 6 (6) VEP). Dort werde konsequent zwischen dem Offenbarungsgehalt der Figuren und dem Offenbarungsgehalt der Beschreibung unterschieden. Bei der Vorbereitung auf die Vorprüfung würden Bewerber und Bewerberinnen sensibilisiert, diese terminologische Unterscheidung zu berücksichtigen.

Bei der Aussage 17.1 rügt der Beschwerdeführer, dass die Musterlösung von einer falschen technischen Beurteilungsgrundlage ausgehe. Entgegen dieser Lösung sei die Wirkung nicht ausdrücklich in den Anmeldeunterlagen offenbart. Das Wort "auf" in Abschnitt [008] der Anmeldeunterlagen impliziere eine Berührung und schließe einen Abstand aus, während das Wort "nahe" in der Umschreibung der technischen Wirkung einen solchen Abstand voraussetze und eine Berührung ausschließe. Dies sei ein offensichtlicher Fehler.

In Bezug auf die Aussage 18.2 macht der Beschwerdeführer Übersetzungsungenauigkeiten geltend. In der Wendung "eine senkrechte Achse" im Anspruch II.2 könne das Wort "eine" sowohl als unbestimmter Artikel als auch als Zahlwort ausgelegt werden. "Senkrecht" bedeute zudem "in einem rechten Winkel" (orthogonal), wobei die Anspruchsfassung bewusst offen lasse, zu welcher Geraden der rechte Winkel gegeben sein müsse. Der Deckel der D2 weise unter Zugrundelegung dieser Anspruchsauslegung eine Vielzahl senkrechter Achsen auf, um die der Deckel in zwei Positionen bewegt werden könne, denn jede der rechtwinklig zum Kreisradius des Deckels der D2 ver-laufenden Tangenten bilde eine solche senkrechte Achse. Bei dieser Sichtweise sei die Wertung der Aussage entgegen der Musterlösung "falsch", da mehr Modifikationen erforderlich seien, um ausgehend von der Offenbarung der D2 zum beanspruchten Gegenstand zu kommen, als ausgehend von der D3. Die Übersetzungsungenauigkeit wirke sich wegen des Rückbezugs des Anspruchs II.3 auf Anspruch II.2 auch auf die Aussage 18.4 aus.

IX. Der Präsident des Europäischen Patentamtes (EPA) und der Präsident des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi), denen nach Artikel 24 (4) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP, Zusatzpublikation zum ABl. EPA 2/2014, 2) i.V.m. Artikel 12 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV, Zusatz-publikation zum ABl. EPA 1/2014, 123) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, äußerten sich nicht schriftlich zur Beschwerde. Der Präsident des EPA bezeichnete allerdings eine Vertreterin, die an der mündlichen Verhandlung teilnahm.

X. Am 5. September 2016 fand die mündliche Verhandlung statt an deren Ende die Beschwerdekammer eine Entscheidung verkündete.

XI. Der Beschwerdeführer beantragte abschließend

a) die angefochtene Entscheidung der Prüfungskommission vom 31. März 2016 aufzuheben,

b) die Note "nicht bestanden" in "bestanden" zu ändern.

Entscheidungsgründe

Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung

1. Gemäß Artikel 24(1) VEP und nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer (im Anschluss an D 1/92, ABl. EPA 1993, 357) sind Entscheidungen der Prüfungskommission grundsätzlich nur dahin zu überprüfen, ob nicht die VEP oder die bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmungen oder höherrangiges Recht verletzt sind. Es ist nicht die Aufgabe der Beschwerdekammer, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen. Den Prüfungsausschüssen und der Prüfungskommission steht nämlich im Grundsatz ein Beurteilungsspielraum zu, der nur sehr begrenzt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist. Nur wenn der Beschwerdeführer geltend machen kann, dass die angegriffene Entscheidung auf schweren und eindeutigen Fehlern beruht, kann dies von der Kammer berücksichtigt werden. Der behauptete Fehler muss so offensichtlich sein, dass er ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens und ohne wertende Neubetrachtung der Prüfungsarbeit festgestellt werden kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Prüfungsaufgabe widersprüchlich oder unverständlich formuliert ist (D 13/02) oder wenn Prüfer bei ihrer Beurteilung von einer technisch oder rechtlich falschen Beurteilungsgrundlage ausgehen, so dass die angefochtene Ent-scheidung auf dieser beruht (D 2/14).

2. Diese Rechtsprechung zum Umfang der gerichtlichen Über-prüfungsbefugnis, die bezogen auf die Hauptprüfung entwickelt wurde, gilt entsprechend auch für die Vorprüfung. Insoweit die Vergabe von Punkten für die Prüfungsaufgaben der Vorprüfung anhand eines im Voraus festgelegten Schemas erfolgt, fehlt zwar der für die Bewertung der Prüfungsaufgaben der Hauptprüfung wesentliche Entscheidungsspielraum der Prüfungskommission, so dass die diesbezügliche Beschränkung der richterlichen Kontrolle auf eindeutig Ermessensfehler für die Vorprüfung nicht von Bedeutung ist. Dennoch hat die Beschwerdekammer nicht die Befugnis, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen und sich mit ihrer sachlichen Einschätzung über diejenige der Prüfungskommission hinwegzusetzen.

3. In Bezug auf das Format des Multiple-Choice ist sodann dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die von den Bewerbern vorzunehmende Bewertung der einzelnen Aussagen mit "wahr" oder "falsch" keinen Raum für von Prüferbericht abweichende Antworten lässt, selbst wenn sich diese vertretbar begründen ließen. Es ist auch nicht möglich, Hinweise oder Bemerkungen an den Prüfer zu richten. Etwaige Angaben dieser Art werden nicht berücksichtigt (siehe Anweisungen zur Vorprüfung, Nr. 1 d)). Der Formulierung der zu wertenden Aussagen kommt daher bei der Vorprüfung größte Bedeutung zu. Es muss sicher-gestellt sein, dass nur eine Antwort, entweder "wahr" oder "falsch", sinnvoll und vertretbar ist. Widersprüchlich, missverständlich oder zweideutig formulierte Aussagen können nämlich zur Folge haben, dass Bewerber diese abweichend vom Lösungsschema der Prüfungskommission bewerten, ohne die Möglichkeit zu haben, eine vertretbare abweichende Meinung darzulegen. Anders als bei der Eignungsprüfung können solche Mängel in der Aufgabenstellung nicht schon im Rahmen der Korrektur der Arbeiten erkannt und bei der Bewertung berücksichtigt werden, sondern lassen sich nur im zeitlichen Abstand zur Prüfung im Rahmen einer Beschwerde feststellen und korrigieren.

4. Einheitliche und gerechte Bewertung

4.1 Der Beschwerdeführer machte geltend, dass die als unklar monierten Aussagen wegen der für das Bestehen erforderlichen Punktzahl von 70 Punkten und dem Bewertungsschema zur Ermittlung der Gesamtpunktzahl die Chancen der Bewerberinnen und Bewerber für das Bestehen der Prüfung erheblich herabgesetzt hätten. Die geltend gemachten Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Sprachfassungen wären zudem geeignet, eine Gruppe von Bewerberinnen und Bewerbern zu benachteiligen.

4.2 Diese Einwände erscheinen der Beschwerdekammer nicht haltlos. Für die erforderlichen 70 Punkte muss eine Bewerberin oder ein Bewerber durchschnittlich 3,5 Punkte bei jeder der 20 Fragen der Vorprüfung erzielen. Es ist nach dem Bewertungsschema zwar möglich, die erforderliche Punktzahl zu erreichen, wenn bei 12 Fragen alle 4 Aussagen korrekt bewertet werden. In diesem Fall genügen theoretisch 48 richtig beurteilte Aussagen, das sind 60% aller Aussagen, für das Bestehen. Bei mindestens 5 Fragen muss allerdings ein Bewerber oder eine Bewerberin alle 4 Aussagen korrekt beurteilen, andernfalls die erforderlichen 70 Punkte nicht zu erreichen sind. In diesem Fall sind 65 Aussagen (5 Fragen mit 4 Antworten und 15 Fragen mit 3 Antworten), das sind über 80% aller Aussagen, korrekt zu bewerten. Mithin dürfen sich Bewerberinnen und Bewerber bei maximal 15 von 20 Fragen der Vorprüfung einen Fehler erlauben, da eine Kompensation des Punktabzugs für eine falsch bewertete Aussage nur über eine vollständig richtig bewertete Frage, die vier Aussagen umfasst, möglich ist.

4.3 Nun steht es der Beschwerdekammer wegen ihrer einge-schränkten Überprüfungsbefugnis nicht zu, Rügen zu prüfen, soweit diese die Gerechtigkeit der für das Bestehen der Vorprüfung in Regel 6 (1) und (2) ABVEP festgelegte Punktzahl als solche betreffen (vgl. D 2/07 vom 26. Juni 2008, Punkt 2 am Ende). Das gewählte Format des Multiple-Choice und das bislang angewendete Bewertungsschema ergeben sich allerdings nicht zwingend aus Regel 10 respektive Regel 6 (1) und (2) ABVEP. So ist denkbar, dass Mängel in der Formulierung mehrerer Aussagen bei unterschiedlichen Fragen der Vorprüfung ein Ausmaß erreichen können, das dem Grundsatz einer einheitlichen und gerechten Bewertung (Artikel 6 (2) c) VEP; siehe zum Teilaspekt der Gerechtigkeit auch D 01/85, ABl. EPA 1985, 341, Punkt 3.3; D 7/05, ABl. EPA 2007, 378, Punkt 13) widerspricht. Dies gilt insbesondere, wenn nur eine Sprachfassung betroffen ist. Der Einwand der mangelnden Gerechtigkeit betrifft in diesem Fall das Verhältnis zwischen der für das Bestehen erforderlichen und der maximal zu erreichenden Punktezahl gemäß Regel 6 (1) und (2) ABVEP, die im Einzelfall in Anbetracht der Summe der bei einer Vorprüfung festgestellten Unzulänglichkeiten deutlich zu Ungunsten der Bewerberinnen und Bewerber verzerrt sein könnte. Ein solches Ausmaß konnte die Kammer vorliegend allerdings nicht erkennen, wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt.

5. Aussage 5.4

5.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Aussage 5.4 nicht klar gewesen sei. Deswegen sei es nicht möglich gewesen, die Frage ohne Annahme bezüglich des Sachverhalts mit "wahr" oder "falsch" zu beantworten.

5.2 In den Beschwerdesachen D 1/16 und D 13/16 hat die Beschwerdekammer in der gleichen Zusammensetzung wie in vorliegender Sache entschieden, dass die Aussage 5.4 der Vorprüfung 2016 als Prüfungsaufgabe nicht hinreichend klar und verständlich formuliert war, so dass nur eine Antwort, entweder "wahr" oder "falsch", gegeben werden konnte, wie dies das Format einer Multiple-Choice-Aufgabe der Vorprüfung erfordert. Es genügt vorliegend, zur Begründung auf die Entscheidungen D 1/16 und D 13/16 vom 25. August 2016 (jeweils Punkte 1.4 und 1.5 der Entscheidungsgründe) zu verweisen.

5.3 Die angefochtene Entscheidung beruht demnach auf einem schweren und eindeutigen Fehler, der ohne wertende Neubetrachtung der Prüfungsarbeit feststellbar ist. Die vom Beschwerdeführer gerügte Bewertung ist deshalb rechtsfehlerhaft erfolgt. Allerdings genügt die Feststellung dieses Fehlers allein nicht, um dem Antrag des Beschwerdeführers auf Änderung der Benotung von "nicht bestanden" in "bestanden" stattzugeben. Eine Neubewertung der fehlerhaft formulierten Aussage 5.4 führt zwar dazu, dass sich dieser Fehler nicht zu Ungunsten des Beschwerdeführers auswirken darf. Die Beurteilung der Aussage 5.4 ist daher als korrekt zu werten. Eine dahingehende Korrektur der Benotung reicht indes nicht aus, um für die Vorprüfung 2016 des Beschwerdeführers die Note "bestanden" zu vergeben, da hierzu 70 Punkte erforderlich sind (Regel 6 (2) ABVEP), während sich die Gesamtpunktzahl seiner Arbeit nach einer Neubewertung der Frage 5 auf 66 Punkte beläuft. Es sind daher die übrigen Rügen zu prüfen.

6. Aussage 12.3

6.1 In Bezug auf die Aussage 12.3 geht die Beschwerdekammer mit dem Beschwerdeführer insoweit einig, als dass – abstrakt betrachtet – die Ausdrücke "Figur" und "Ausführungsform" auf unterschiedliche Offenbarungsquellen Bezug nehmen, weshalb zwischen der Aussage 12.3 und der Musterlösung eine Diskrepanz festzustellen ist. Aus dieser Feststellung ergibt sich allerdings noch kein schwerer und eindeutiger Fehler. Vielmehr ist zu fragen, ob sich aufgrund des Kontextes der Aussage 12.3 für die Bewerberin oder den Bewerber in vertretbarer Weise eine abweichende Fragestellung bzw. eine andere Beurteilungsgrundlage ergab, als sie Grundlage für den Prüferbericht und die Benotung war.

6.2 Aus dem Kontext der Frage 12 folgt, dass eine Anspruchs-analyse dahingehend vorzunehmen war, ob ein Kochtopf, wie er in der europäischen Patentanmeldung des Mandanten in Figur 3 gezeigt ist, "unter den Umfang von Anspruch I.8" des mit der Anmeldung eingereichten Anspruchssatzes I fällt. Es wurde mithin eine Anspruchsanalyse im Hinblick auf den Schutzumfang verlangt, den der Anspruch I.8 gewährt. Nach Regel 10 (4) b) ABVEP ist dies vom Umfang der Vorprüfung abgedeckt.

6.3 Die Beschwerdekammer kann keinen Grund erkennen, der es als vertretbar erscheinen lässt, bei einer solchen Aufgabenstellung zu unterscheiden, ob nach Merkmalen gefragt wird, die in einer "Figur" gezeigt respektive dargestellt sind, oder nach Merkmalen einer "Ausführungsform" gemäß dieser Figur, und nur den jeweiligen Offenbarungsgehalt zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer machte indes geltend, dass Bewerberinnen und Bewerber im Rahmen ihrer Prüfungsvorbereitung anhand der veröffentlichen Vorprüfungen sensibilisiert würden, diese Unterscheidung zu berücksichtigen. In den früheren Vorprüfungen fänden sich 32 vergleichbare Aussagen zum Schutzumfang. Bei 21 dieser Aussagen werde auf die Figur Bezug genommen und in der Musterlösung auch nur auf den Offenbarungsgehalt der Figur abgestellt. Nach Auffassung der Beschwerdekammer genügt eine solche terminologische Übereinstimmung von Aussagen und Musterlösungen allein nicht, um ein berechtigtes Vertrauen in das vom Beschwerdeführer geltend gemachte differenzierte Verständnis der Aufgabenstellung zu begründen. Denn solange kein Widerspruch zwischen einer Figur und der korrelierenden Ausführungsform in dem Sinne aufgezeigt werden kann, dass die eine Offenbarungsquelle ein Merkmal offenbart, das der anderen nicht zu entnehmen ist, und auch nicht dargetan ist, dass dieses Merkmal für die Beantwortung der Frage, ob der jeweilige Gegenstand unter den Schutzumfang eines Anspruchs fällt, entscheidend ist, kann nicht gesagt werden, das differenzierte Verständnis der Aufgabenstellung sei objektiv durch die publizierten Vorprüfungen veranlasst gewesen. Die Beispiele, auf die sich der Beschwerdeführer konkret abstützte, liefern nach Auffassung der Kammer indes keinen überzeugenden Beleg für die behaupteten Differenzierung zwischen einer Figur und der Ausführungsform gemäß einer Figur:

6.3.1 Der Beschwerdeführer verwies auf die Aussagen 11.1 und 11.2 der Probevorprüfung von September 2011 und machte geltend, dass diese anders hätten beantwortet werden müssen, wenn nicht nur die in den Aussagen genannten Figuren, sondern die Ausführungsformen insgesamt berücksichtigt worden wären. Der fragliche Anspruch I sei auf eine Anordnung von Schalterbetätigungsvorrichtungen, d.h. auf eine Mehrzahl solcher Vorrichtungen gerichtet gewesen. Die Figuren 1 und 2 zeigten indessen im Unterschied zur Figur 3 nur eine einzelne und nicht mehrere Schalterbetätigungsvorrichtungen. Daher sei die Bewertung der Aussage, dass die in den Figuren 1 und 2 gezeigten Vorrichtungen unter Anspruch I fallen, falsch. Bei Berücksichtigung des Abschnitts [021] der Beschreibung wäre die Antwort gerade umgekehrt. Nach Auffassung der Kammer übersieht der Beschwerdeführer aber, dass sich der Abschnitt [021] der Beschreibung auf die in Figur 3 dargestellte Einheit bezieht. Eine Mehrzahl von Schalterbetätigungsvorrichtungen gemäß Figuren 1 und 2 sind daher nur als Ausführungsform gemäß Figur 3 offenbart. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte strikte Unterscheidung zwischen "Figur" und "Ausführungsform" kann der Frage 11 der Probevorprüfung von September 2011 mithin nicht entnommen werden.

6.3.2 Zur Frage 11 der Vorprüfung 2014 machte der Beschwerde-führer geltend, die Aussagen 11.1 bis 11.3 nähmen ausdrücklich auf eine Ausführungsform Bezug, während sich die Aussage 11.4 auf "die in Figur 5 gezeigte Flasche" beziehe. Die Musterlösung zur Aussage 11.4 widerspiegle dies, indem sie lediglich auf den Offen-barungsgehalt der "in Figur 5 abgebildete[n] Flasche" abstelle.

Der zu analysierende Anspruch I hat allerdings eine Flasche für einen Flüssigseifenspender zum Gegenstand, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einen Boden zur Berührung eines Rohrs eines Flüssigseifenspenders aufweist. Mithin ist einzig eine Flasche für einen Flüssigseifenspender mit Boden beansprucht. Bei allen Aussagen 11.1 bis 11.4 besteht jedoch kein Widerspruch zwischen dem Offenbarungsgehalt der Figuren und der Beschreibung der jeweiligen Ausführungsformen, da allen Offenbarungsquellen das entscheidende Merkmal "Flasche mit Boden" zu entnehmen ist. Daher kann die Frage 11 der Vorprüfung 2014 Bewerberinnen und Bewerber bei der Prüfungsvorbereitung nicht veranlasst haben, zu unterscheiden, ob nach Merkmalen gefragt wird, die in einer "Figur" gezeigt respektive dargestellt sind, oder nach Merkmalen einer "Ausführungsform".

6.3.3 Schließlich verwies der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 22. August 2016 auf die Aussagen 20.3 und 20.4 der Vorprüfung 2015. Der Kontext der Frage 20 ist allerdings ein anderer. Die Bewerberinnen und Bewerber sollten die Aussagen danach beurteilen, ob letztere ein stichhaltiges Argument dafür lieferten, warum es nicht naheliegend sei, die genannte objektive technische Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs zu lösen. Es ging mithin um die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit und nicht des Schutzumfangs. Schon aus diesem Grund sind die Aussagen 20.3 und 20.4 der Vorprüfung 2015 nicht geeignet, die Auffassung des Beschwerdeführers zu stützen.

6.4 Wiewohl die unterschiedliche Terminologie, die in den veröffentlichten Vorprüfungen bei Aussagen zur Beurteilung des Schutzumfangs von Ansprüchen verwendet wurde, die Frage aufwerfen könnte, ob die verschiedenen Ausdrücke sachliche Unterscheidungen bezwecken, fehlen objektive Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Unterscheidung bezweckt war. Die Kammer erachtet es darüber hinaus als praxisfremd, bei der Analyse des Schutzumfangs eines Anspruchs diesem ausschließlich den Offenbarungsgehalt einer Figur gegenüberzustellen, obschon eine Beschreibung zur Verfügung steht, ausgenommen der Figur seien schon sämtliche relevante Merkmale eindeutig und unmittelbar zu entnehmen.

6.5 Dem Beschwerdeführer ist zugutezuhalten, dass die Aussage 12.3 bei sorgfältiger Ausarbeitung durch die Prüfungskommission, wie dies das Format einer Multiple-Choice-Aufgabe der Vorprüfung erfordert, verständlicher und präziser hätte gefasst werden können, wie dies etwa bei den Aussagen 11.1, 11.4, 12.1, 12.4, 13.1 und 13.4 der Vorprüfung 2012 der Fall war. Diese Aussagen beziehen sich auf eine "Ausführungsform ..., die in Figur ... der Anmeldung gezeigt wird". Im Ergebnis war die Aussage 12.3 der vorliegenden Vorprüfung dennoch nicht irreführend.

6.6 Die Frage, ob die Diskrepanz zwischen der Bezugnahme auf eine Figur in der Aussage 12.3 einerseits und der Bezugnahme auf die Ausführungsform im Prüferbericht andererseits auch sachlich einen Unterschied macht, und das Argument des Beschwerdeführers, die kreisrunde Öffnung des Kochtopfs erschließe sich nicht aus der schematischen Figur, sind bei diesem Ergebnis für die Entscheidung unerheblich und bedürfen daher keiner Klärung durch die Beschwerdekammer.

7. Aussage 17.1

7.1 Der Beschwerdeführer macht hier im Kern geltend, die Musterlösung gehe von einer falschen technischen Beurteilungsgrundlage aus. Das Wort "auf" in den Anmeldeunterlagen impliziere eine Berührung und schließe einen Abstand aus, während das Wort "nahe" in der Umschreibung der technischen Wirkung einen solchen Abstand voraussetze und eine Berührung ausschließe.

7.2 Bei der Aussage 17.1 geht um die Beurteilung einer technischen Wirkung des beweglichen Deckels beim Drehen desselben in zwei Positionen: eine zum Sieben durch die Perforation und eine, in der nicht gesiebt werden kann. Die Aussage lautet wie folgt:

"Eine technische Wirkung des um eine senkrechte Achse in die zwei in Anspruch II.2 definierten Positionen bewegbaren Deckels ist, den Deckel nahe am Behälter zu halten, während der Deckel von der Kochposition in die Siebposition bewegt wird."

Die relevanten Ansprüche lauten wie folgt:

"II.1 Ein Kochtopf umfassend einen Behälter und einen Deckel, wobei der Deckel mindestens eine Perforation zum Sieben von Flüssigkeit besitzt, wobei der Kochtopf zudem mindestens ein Haltemittel zum Halten des Deckels auf dem Behälter beim Sieben von Flüssigkeit umfasst.

II.2 Ein Kochtopf nach Anspruch II.1, wobei der Deckel um eine senkrechte Achse in mindestens zwei Positionen bewegbar ist, eine Position zum Sieben von Flüssigkeit durch die genannte mindestens eine Perforation, und eine Position, in der die Flüssigkeit nicht durch die mindestens eine Perforation gesiebt werden kann."

Die in der Musterlösung genannten Abschnitte [008] und [009] der Beschreibung lauten wie folgt:

"[008] Nach dem Kochen kann der Deckel 15 im Behälter 10 in eine Siebposition gedreht werden, so dass der Siebbereich 45 mit dem Schnabel 30 in Verbindung gebracht werden kann. In der Siebposition ermöglicht es der Deckel 15, den flüssigen Inhalt des Behälters 10 zu sieben, indem man den Kochtopf neigt und den Deckel 15 auf dem Behälter 10 behält, ohne den Deckel 15 vom Behälter 10 abzuheben.

[017] Der Kochtopf gemäß der Erfindung kann sehr einfach verwendet werden. Der Deckel 15 kann in die Kochposition und in die Siebposition gedreht werden, wobei der Deckel 15 auf dem Behälter 10 verbleibt. Wenn die Stücke des gekochten Essens größer als die Abmessung der Öffnung 55 des Kragens 40 sind, kann der Deckel 15 vom Behälter 10 abgehoben werden, um den Inhalt über die kreisrunde obere Öffnung 70 auszuschütten."

7.3 Die Beschwerdekammer stimmt mit dem Beschwerdeführer überein, dass die Abschnitte [008] und [017] – entgegen dem Prüferbericht – diese Wirkung nicht ausdrücklich offenbaren und dass die Worte "nahe" und "auf" eine technisch unterschiedliche Bedeutung haben. Die Frage ist allerdings wiederum, ob sich für den Bewerber oder die Bewerberin in vertretbarer Weise eine abweichende Fragestellung bzw. eine andere Beurteilungsgrundlage ergab, als sie Grundlage für den Prüferbericht und die Benotung war.

7.4 Das Wort "auf" wird im Abschnitt [008] nur im zweiten Satz im Zusammenhang mit dem Sieben, nicht aber in Bezug auf die in Aussage 17.1 statuierte technische Wirkung, das Bewegen des Deckels in die mindestens zwei Positionen, verwendet. Relevant ist daher nur der erste Satz von Abschnitt [008]. Dieser gibt lediglich wieder, dass der Siebbereich durch Drehung des Deckels mit dem Schnabel in Verbindung gebracht werden kann. Dem steht nicht entgegen, den Deckel beim Drehen im geringen Abstand zum Rand der Seitenwand des Behälters zu halten. Eine mögliche Verriegelung des Deckels ist nicht beansprucht.

7.5 Der zweite Satz von Abschnitt [017] bezieht sich auf die in der Aussage 17.1 angesprochene Drehung des Deckels. In der hier verwendeten Wendung "wobei der Deckel 15 auf dem Behälter 10 verbleibt" ist das Wort "auf" allerding in seiner Bedeutung undifferenziert. Die Wendung schließt einerseits aus, dass der Deckel abgehoben und entfernt, d.h. nicht wieder auf den Behälter gesetzt wird. Sie verlangt aber nicht zwingend, dass der Rand des Deckels beim Drehen auf dem Rand der Seitenwand des Behälters aufliegt. Ein geringfügiges Anheben des Deckels bei der Drehung, bei welcher der Kragen des Deckels den Behälter berührt, der Rand des Deckels aber im geringen Abstand zum Rand des Behälters gehalten wird, erachtet die Kammer ebenfalls vom Wortlaut des Abschnitts [017] gedeckt. Folglich ist es nicht haltlos, die technische Wirkung "nahe am Behälter ... halten" als offenbart anzusehen. Wiederum ist zu beachten, dass Befestigungsmittel in Anspruch II.2 nicht als Merkmal enthalten sind. Die enge Auslegung von Abschnitt [017] durch den Beschwerdeführer erachtet die Beschwerdekammer daher nicht als stichhaltig.

7.6 Der Beschwerdeführer hat zu Recht eingewendet, dass die Umschreibung der technischen Wirkung "nahe am Behälter ... halten" unscharf seien. In der Tat ist "nahe" ein relativer Begriff, der letztlich nicht mehr besagt als "nicht weit". Eine solche Terminologie erachtet die Beschwerdekammer im Rahmen der Vorprüfung als prekär, besonders, wenn sie innerhalb einer Aufgabenstellung uneinheitlich ist. Wie schon die Aussage 12.3 hätte auch die Aussage 17.1 bei sorgfältiger Ausarbeitung verständlicher und präziser gefasst werden können. Die Aufgabenstellung war insoweit keinesfalls mustergültig. Dennoch geht aus den in der Musterlösung genannten Abschnitten [008] und [017] nach Überzeugung der Kammer nicht hervor, dass die Benotung der Bewertung der Aussage 17.1 durch die Prüfungskommission auf einer falschen Bewertungsgrundlage beruhte. Wegen der terminologischen Unterschiede zwischen dem Wortlaut der europäischen Patentanmeldung des Mandanten, die als Vorgabe für die Anspruchsanalyse zu berücksichtigen war, und der Aussage 17.1 zur technischen Wirkung von Anspruch II.2 ist die Aufgabenstellung auch nicht als widersprüchlich oder unverständlich anzusehen.

8. Aussagen 18.2 und 18.4

8.1 Für beide Aussagen macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, es sei vertretbar, die Worte "eine senkrechte Achse" im weit gefassten Anspruch II.2 dahingehend zu verstehen, dass das Wort "eine" ein Zahlwort und das Wort "senkrecht" "rechtwinklig zu" bedeute. Der Deckel der D2 weise unter Zugrundelegung dieser Anspruchsauslegung eine Vielzahl von senkrechten Achsen auf, um die der Deckel in zwei Positionen bewegt werden könne, denn jede der senkrecht zum Kreisradius des Deckels der D2 verlaufenden Tangenten bilde eine solche Achse. Folglich erfordere der Gegenstand der D2 weitergehende Modifikationen als der Gegenstand der D3, bei dem im Kragen des Deckels lediglich ein Bereich massiv ausgestaltet werden müsse, um zum beanspruchten Kochtopf zu gelangen.

8.2 Die Beschwerdekammer kann sich der Auffassung des Beschwerdeführers nicht anschließen. Die Beschwerdekammer geht mit dem Beschwerdeführer zwar einig, dass eine weite Auslegung der Merkmale der Ansprüche II.2 und II.3 im Zusammenhang mit der Beurteilung des nächstliegenden Stands der Technik statthaft ist. Dies allerdings nur insoweit, als die Auslegung aus technischer Sicht objektiv und vernünftig ist. Nach Auffassung der Kammer ist das Wort "eine" als unbestimmter Artikel und daher als "eine beliebige" Achse und nicht als Zahlwort im Sinne von "eine einzige" respektive "nur eine" zu verstehen. Selbst wenn "senkrecht" entsprechend der Auslegung des Beschwerdeführers im Sinne von "orthogonal" verstanden wird, führt das Merkmal "um eine senkrechte Achse in mindestens zwei Positionen bewegbar" beim Gegenstand der D2 zu keinen zusätzlichen Unterschieden im Vergleich zur D3: Wie der Beschwerdeführer geltend macht, ist der Deckel der D2 um eine (beliebige) senkrechte (orthogonale) Achse in die mindestens zwei Positionen (in denen ein Sieben durch die Perforation einerseits möglich, andererseits nicht möglich ist) bewegbar. Der Deckel in D3 ist zwar auch um eine (vertikale) Achse bewegbar. Da in jeder durch Drehung um die Vertikalachse erreichbaren Position des Deckels gesiebt werden kann, ist keine Position gegeben, in der die Flüssigkeit nicht durch die mindestens eine Perforation gesiebt werden kann, so dass das Merkmal insgesamt nicht offenbart ist. Die Musterlösung in dem Prüferbericht betreffend die Aussage 18.2 wäre insoweit nicht zu beanstanden.

8.3 Die Beschwerdekammer ist auch nicht überzeugt, dass das behauptete Verständnis von "ein" als Zahlwort hieran etwas ändern würde. Die Bewegung in die mindestens zwei Positionen erfolgt nämlich beim Deckel der D2 auch nicht um zwei oder mehr Achsen, sondern stets nur um eine einzige. Nur bei einer Auslegung von "eine" als Zahlwort und von "senkrecht" als "vertikal" hätte sich die Aufgabenstellung möglicherweise insoweit geändert, als das Merkmal weder in der D2 (mangels Erreichbarkeit der mindestens zwei Positionen durch Bewegung um eine Vertikalachse), noch in der D3 (mangels der Bewegung in die mindestens zwei Positionen) verwirklicht gewesen wäre. Einer Auslegung von "senkrecht" als "vertikal" widersprach der Beschwerdeführer allerdings. Aus den vom Beschwerdeführer für die Aussagen 18.2 und 18.4 geltend gemachten Unklarheiten in Bezug auf das Merkmal "um eine senkrechte Achse in mindestens zwei Positionen bewegbar" ergibt sich daher kein schwerer und eindeutiger Fehler. Abgesehen davon hätte die Argumentation des Beschwerdeführers zu den jeweils erforderlichen strukturellen und funktionellen Änderungen erfordert, dass sich die Beschwerdekammer eingehend mit den unterschiedlichen Merkmalen in den Ansprüchen II.2 und II.3, auf den sich die Aussagen 18.2 und 18.4 bezogen, und den Unterschieden zu den Dokumenten D2 und D3 auseinandersetzt. Dies wäre auf eine sachliche Überprüfung der Aufgabenstellung hinausgelaufen, zu der die Beschwerdekammer nicht befugt ist.

8.4 Nicht nachvollziehbar ist der mit dem Überweisungs-beschluss vom 15. Juni 2016 abgegebene Kommentar der Prüfungskommission betreffend die Aussage 18.4, dass es (zumindest auf Vorprüfungsebene) ungewöhnlich wäre, für den abhängigen Anspruch II.3 ein anderes Dokument als nächstliegenden Stand der Technik zu wählen, als für den Anspruch II.2, auf den sich die Aussage 18.2 bezog. Diese Aussage steht im Widerspruch zu Punkt 1 a) der Anweisungen zur Beantwortung der Aufgaben der Vorprüfung 2016, dem zu entnehmen ist, dass innerhalb einer Frage jede Aussage für sich und unabhängig von den anderen Aussagen zu beurteilen ist. Für eine Gewohnheit oder Übung im erwähnten Sinn, die von den Bewerberinnen oder Bewerbern bei der Bewertung der Aussagen zu berücksichtigen wäre, kann die Kammer auch keine Grundlage erkennen.

Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung

9. Da die Beschwerdekammer neben dem Fehler betreffend die Aussage 5.4 keine weiteren schwerwiegenden Fehler feststellen konnte, konnte dem Antrag auf Änderung der Note von "nicht bestanden" in "bestanden" nicht stattgegeben werden (siehe Punkt 1.5.3). Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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