D 0011/11 () of 20.1.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:D001111.20120120
Datum der Entscheidung: 20 Januar 2012
Aktenzeichen: D 0011/11
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die ihm am 14. Juli 2011 zuge stellte Entscheidung des Prüfungssekretariats vom 11. Juli 2011, mit wel cher seine Anmeldung zur europäischen Eignungsprüfung 2012 (EEP 2012) zurückgewiesen wurde.

II. Eingehend beim Prüfungssekretariat am 5. Mai 2011 meldete sich der Beschwerdeführer zur EEP 2012 für die Aufgabenteile A und B an. Er er klärte, drei Jahre lang auf Vollzeitbasis als Angestellter einer juristischen Per son mit Sitz im Deutschland beschäftigt gewesen zu sein und Tätigkei ten im Sinne von Artikel 11 (2) a) ii) der Vorschriften über die europäi sche Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP, Beil. 3 zum ABl. EPA 2011, 2) ausgeübt zu haben.

Als Tätigkeitsnachweis reichte er je eine Arbeitsbescheinigung der Lurgi GmbH für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 30. November 2009 sowie der Air Liquide Forschung und Entwicklung GmbH für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 ein. Ferner verwies er auf zu seinen Guns ten gegenüber dem Europäischen Patentamt (EPA) erteilte allge meine Vollmachten (AV), und zwar für die Lurgi GmbH auf die am 15. Dezem ber 2008 eingereichte und am 28. Januar 2009 registrierte AV Nr. 543 850 sowie für die Air Liquide Forschung und Entwicklung GmbH auf eine 7. Dezember 2009 eingereichte und am 14. Januar 2010 regist rierte AV Nr. 557 440.

Ferner legte er eine Tätigkeitsliste mit 24 europäischen, internationalen und deutschen Patentverfahren unter seiner Mitwirkung vor. Sieben Verfah ren betrafen europäische Patentanmeldungen bzw. europäische Pa tente, von denen er in fünf Verfahren eigene Unterschriften vor dem EPA leistete (EP09014345, EP09014347, EP08707671, EP09014363.7 und EP0670737 (= EP1 888 540)).

III. Das Prüfungssekretariat hatte bereits eine frühere Anmeldung des Be schwerdeführers zur EEP 2010 mit Schreiben vom 12. August 2009 damit zu rückgewiesen, dass seine Tätigkeit für die Lurgi GmbH (erst) ab dem 28. Januar 2009 (bei der Angabe der Jahreszahl 2008 handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler) anerkannt werde, er ledig lich eine aktive Beteiligung an einer Patentanmeldung für die Lurgi GmbH, die ansonsten prinzipiell von Patentanwälten vertreten werde, nachgewie sen habe und seine Teilnahme an Einspruchsverhandlungen nicht als eine Aktivität im Sinne von Artikel 133 (3) EPÜ gelte.

In der die Anmeldung zur EEP 2012 betreffenden und nunmehr angegriffe nen Ablehnungsentscheidung vom 11. Juli 2011 verwies das Prü fungs sekretariat hinsichtlich der Tätigkeit für die Lurgi GmbH auf ihre frü here Entscheidung vom 12. August 2009 und führte im Hinblick auf die Tä tigkeit für die Air Liquide Forschung und Entwicklung GmbH ab dem 14. Ja nuar 2010 aus, dass bei den von ihm genannten Patentanmel dun gen keine eigene relevante Aktivität habe festgestellt wer den können.

IV. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde unter dem 4. August 2011 per Telefax am 5. August 2011 unter gleichzeitiger Zahlung der Be schwerdegebühr schriftlich eingelegt und begründet; eine ergänzende Be gründung wurde mit Schriftsatz vom 31. Oktober / 8. November 2011 einge reicht.

V. In der Beschwerdebegründung machte der Beschwerdeführer geltend, dass er die Voraussetzungen nach Artikel 11 (2) a) ii) VEP zur Anmel dung zur EEP 2012 erfülle.

Betreffend seine Tätigkeit für die Lurgi GmbH meinte er, dass die Bezug nahme auf die frühere Entscheidung des Prüfungssekretariats aus dem Jahr 2009 schon deshalb fehlerhaft sei, weil diese nicht den Zeitraum bis zum 30. November 2009, sondern allenfalls bis zum Zeitpunkt seiner damali gen Anmeldung, d.h. bis zum 5. Juni 2009, habe erfassen können. Im Übrigen seien seine Tätigkeiten unvollständig erfasst worden. Tatsäch lich sei er in elf (bzw. zwölf) Patentverfahren, darunter fünf europäischen Patentverfahren, tätig geworden, was einer Vielzahl von Handlun gen im Sinne von Artikel 133 (3) EPÜ entspreche. Ferner sei der Zeit raum seit der Einreichung der AV der Lurgi GmbH beim EPA am 15. De zember 2008 für die Berechnung des anzuerkennenden Zeitraums maßge bend, so dass sich daraus eine Tätigkeit von elfeinhalb Monaten er rechne.

Betreffend seine Tätigkeit für die Air Liquide Forschung und Entwicklung GmbH trug der Beschwerdeführer vor, dass zum einen seine Tätigkeit mit der Einreichung der AV dieser Gesellschaft am 4. Dezember 2009 anzuerken nen sei, woraus sich bis zum Stichtag 5. März 2012 ein Zeit raum von zweieinviertel Jahren errechne, und zum anderen er an zehn Priori tätsanmeldungen beim deutschen Patentamt, neun PCT-Anmeldun gen, fünf Beantwortungen deutscher und zwei Beantwortungen europäi scher Prüfbescheide mitgewirkt habe, wobei letztere beiden von der Geschäftsfüh rung unterschrieben worden seien.

Schließlich berief sich der Beschwerdeführer auf einen nach seiner An sicht gleichgelagerten Fall, in dem das Prüfungssekretariat bei der Anmel dung eines Arbeitskollegen zur EP 2011 Artikel 133 (3) EPÜ des sen Tätigkeit bei der Air Liquide Forschung und Entwicklung GmbH für die Lurgi GmbH durchgeführten Handlungen im Sinne von Artikel 133 (3) EPÜ und Artikel 11 (2) a) ii) VEP anerkannt habe.

VI. Das Prüfungssekretariat teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 mit, dass zwar die AV der Lurgi GmbH bereits am 15. Dezember 2008 vorlag, das Vorliegen einer AV allein indes nicht ausrei chend sei, um den Bedingungen von Artikel 11 (2) a) ii) VEP zu genü gen. Vielmehr müsse der Nachweis über aktives Handeln vor dem EPA erbracht werden. Mit den vom Beschwerdeführer in der Beschwerdebe gründung genannten Patentverfahren sei ein solches Han deln indes erst seit November 2009 nachgewiesen, da nur Tätigkeiten berücksichtigt werden könnten, bei denen der Beschwerdeführer selbst Unter zeichner war. Obschon die Auflistung des Beschwerdeführers überwie gend nationale Patentverfahren enthalte, habe das Prüfungssekreta riat diese bei der Berechnung der Beschäftigungszeit "wohlwollend" berücksichtigt. Insgesamt werde deshalb eine Ausbildungszeit von maximal zweieinvier tel Jahren in Vollzeit anerkannt. Damit seien die Bedingungen für die Zulas sung zur Vorprüfung 2012 erfüllt. Für eine Zulassung zur Hauptprü fung müsse der Beschwerdeführer jedoch noch eine weitere Ausbildungszeit von mindestens neun Monaten in Vollzeit ablegen.

VII. In einer weiteren schriftsätzlichen Einlassung vom 31. Oktober / 8. Novem ber 2011 brachte der Beschwerdeführer vor, dass das Prüfungssekre tariat keine Möglichkeit zur Interpretation des vom Arbeitsge ber im Formular 51017 abgegeben Beschäftigungszeitraums habe. Vielmehr obliege es dem Prüfungssekretariat allein festzustellen, ob der Antragsteller im vom Arbeitgeber bescheinigten Zeitraum an einer Viel zahl von Tätigkeiten gemäß Artikel 133 (3) EPÜ und/oder nationaler Patentanmeldungen (Artikel 11 (4) VEP) beteiligt war. Im am 1. September 2008 begonnenen und mithin über einen mehr als drei Jahre andauernden Beschäftigungszeitraum habe er mit insgesamt 36 eine Vielzahl von patentbezogenen Tätigkeiten, darunter fünf Tätigkeiten vor dem EPA, ausgeübt.

VIII. Der Beschwerdeführer beantragte,

die Zurückweisungsentscheidung des Prüfungssekretariats aufzu heben und ihn zur europäischen Eignungsprüfung 2012, Prü fungsteile A und B, zuzulassen sowie

die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

IX. Weder der Präsident des Europäischen Patentamtes (EPA) noch der Präsi dent des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi) nahmen zu der Beschwerde schriftlich Stellung.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, da der Beschwerdeführer keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und die Beschwerdekam mer in Disziplinarangelegenheiten vorliegend eine solche nicht für sachdienlich erachtet (Artikel 24 (4) Satz 1 VEP und Artikel 13 (1) der Vorschriften in Disziplinar angelegenheiten von zugelassenen Vertretern (VDV, ABl. EPA 1978, 91, ABl. EPA 2008, 14)). Die Beschwerdesache weist lediglich Rechtsfragen auf, zu denen der Beschwerdeführer sowohl in seiner Beschwerdebegründung als auch in seinem ergänzenden Schriftsatz vom 31. Oktober / 8. November 2011 umfassend Stellung genommen hat, so dass weder weitere Ermittlungen gemäß Artikel 15 und 25 VDV in Verbindung mit Artikel 5 (2) der Ergänzenden Verfahrensordnung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten (VODBK, Beil. 1 zum ABl. EPA 2011, 50) noch die Abfassung eines Beschei des vor Erlass der Entscheidung notwendig waren.

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde, der das Prüfungssekretariat ausweislich des Schrei bens vom 26. Oktober 2011 nicht abgeholfen und sie der Beschwerdekam mer in Disziplinarangelegenheiten vorgelegt hat (Artikel 24 (3) VEP), entspricht den Bestimmungen von Artikel 24 (1) und (2) VEP so wie Artikel 6 VODBK und ist deshalb zulässig.

2. Begründetheit

2.1 Rechtliche Grundlagen

2.1.1 Gemäß dem vorliegend relevanten Artikel 11 (2) a) ii) VEP werden Bewer ber auf Antrag für die Prüfung registriert, sofern sie vorbehaltlich des Absatzes 1 dem Sekretariat nachweisen können, dass sie zum Zeit punkt der Prüfung während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren auf Vollzeitbasis als Angestellte einer natürlichen oder juristischen Per son mit Wohnsitz oder Sitz im Hoheitsgebiet eines EPÜ-Vertragsstaats beschäftigt waren und für ihren Arbeitgeber vor dem EPA gemäß Artikel 133 Absatz 3 EPÜ gehandelt haben, wobei sie an einer Vielzahl von Tätig keiten im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten beteiligt waren.

Dabei können nach Artikel 11 (3) VEP die in Absatz 2 Buchstabe a genann ten Tätigkeiten bei der Ermittlung der Gesamtbeschäftigungszeit auf Vollzeitbasis zusammengerechnet werden. Vorbehaltlich etwaiger weiterer Bestimmungen der Ausführungsbestimmungen zu den VEP (ABVEP, Beil. 3 zum ABl. EPA 2011, 20) werden dabei nur Tätigkeiten berücksich tigt, die nach Erlangung des gemäß Absatz 1 Buchstabe a gefor derten Abschlusses ausgeübt wurden.

Ferner berücksichtigt das Sekretariat gemäß Artikel 11 (4) VEP bei der Fest legung der Beschäftigungszeiten im Sinne des Absatzes 2 Buch stabe a auch die von den Bewerbern ausgeübten Tätigkeiten auf dem Ge biet nationaler Patentanmeldungen und Patente.

Wird eine Vorprüfung nach Artikel 1 VEP und gemäß der Definition in den ABVEP abgehalten, so müssen nach Artikel 11 (7) VEP Bewerber, die sich für diese Vorprüfung anmelden, dem Sekretariat nachweisen können, dass sie zum Zeitpunkt der Vorprüfung die in Absatz 2 Buchstabe a und b genannten Beschäftigungszeiten – jeweils um ein Jahr verkürzt – abgeleis tet haben. Alle sonstigen Voraussetzungen für die Prüfung gelten auch für die Vorprüfung, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes be stimmt wird. Außerdem müssen im Falle der Abhaltung einer solchen Vorprü fung Bewerber, die sich für die Prüfung anmelden, diese Vorprü fung bestanden haben.

2.1.2 In Regel 1 (5) ABVEP heißt es betreffend die Registrierung und Anmel dung zur Eignungsprüfung sowie die Erklärungen und Nachweise im Zusam menhang mit den Registrierungs- und Anmeldeformularen, dass das Prüfungssekretariat ergänzende Angaben anfordern kann.

2.1.3 Gemäß Artikel 24 (1) VEP überprüft die Beschwerdekammer in Disziplinar angelegenheiten Beschwerden gegen Entscheidungen des Prü fungssekretariats nur im Hinblick auf Verletzungen der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung, einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmung oder höherrangigen Rechts.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nach Artikel 9 (2) c) und 10 (2) VEP in der Zuständigkeit und im pflichtgemäßen Ermes sen des Prüfungssekretariats liegt, jeweils im Einzelfall über die Art und Dauer der anrechenbaren Tätigkeiten zu entscheiden, und dieses Ermes sen nur beschränkt auf das Vorliegen von Ermessensfehlern von der Be schwer dekammer in Disziplinarangelegenheiten überprüft werden kann (vgl. D 32/07 vom 15. Februar 2008, Nr. 8 der Entscheidungsgrün de; D 6/10 vom 17. Januar 2011, Nr. 4f. der Entscheidungsgründe).

2.2 Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt

2.2.1 Im Kern rügte der Beschwerdeführer das Vorliegen eines etwaigen Feh lers bei der Berechnung und Berücksichtigung seiner Beschäftigungszei ten gemäß Artikel 11 (2) a) ii) VEP und begehrt unter Abänderung der ange fochtenen Entscheidung des Prüfungssekretariats die Zulassung zur EEP 2012.

2.2.2 Das Prüfungssekretariat hat mit Schreiben vom 26. Oktober 1011 - inso weit in Abänderung gegenüber der angefochtenen Entscheidung - als Be ginn der Beschäftigungszeit den 15. Dezember 2008 anerkannt, dieses je doch mit der Einschränkung, dass eine Aktivität des Beschwerdeführers im Zusammenhang europäischen Patentamt und Patentanmeldungen erst seit November 2009 habe festgestellt werden können. Daraus errech nete das Prüfungssekretariat eine anzuerkennende Beschäftigungszeit von (maximal) zweieinviertel Jahren bis zum Zeit punkt der Prüfung.

2.2.3 Demgegenüber begehrte der Beschwerdeführer die Anerkennung einer Beschäftigungszeit im Sinne von Artikel 11 (2) a) ii) VEP ab dem 1. Septem ber 2008, mithin von mehr als drei Jahren bis zum Prüfungszeitpunkt.

2.2.4 Soweit der Beschwerdeführer sich auf den zusätzlichen Zeitraum vom 1. September bis einschließlich 14. Dezember 2008 berief, in dem er ausweis lich der von ihm mit seiner Anmeldung zur EEP 2012 eingereich ten Arbeitsbescheinigung bei der Lurgi GmbH beschäftigt gewesen war, machte er im Kern geltend, dass das Prüfungssekretariat die beschei nigte Beschäftigungszeit ungeprüft zu akzeptieren habe.

Diese Auffassung stößt indes auf Bedenken. Die in Artikel 11 (2) a) ii) VEP genannten Voraussetzungen der Beschäftigung bei einer juristi schen Person mit Sitz in einem EPÜ-Vertragsstaat und die Beteiligung an ei ner Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patent anmeldungen und europäischen Patenten stehen in direkter Bezie hung zueinander. Regelungsgehalt dieser Vorschrift ist nämlich, dass ein Be werber nur dann zur (Haupt-) Eignungsprüfung zugelassen wird, wenn er den Nachweis erbracht hat, während eines längeren Zeitraums für sei nen Arbeitgeber vor dem EPA nach Artikel 133 (3) EPÜ gehandelt zu ha ben, wobei er an einer Vielzahl von patentrechtlichen Tätigkeiten beteiligt ge wesen sein musste. Es kann folglich nicht zwischen einem (bloßen) Be schäftigungsverhältnis einerseits und patentrechtlichen Tätigkeiten andererseits unterschieden werden. Vielmehr müssen Letztere während Ers terem ausgeübt worden sein.

Hieraus folgt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nur dann anerkannt wer den kann, wenn und solange ein Bewerber für seinen Arbeitgeber vor dem EPA handeln konnte und handelte. Der Verweis in Artikel 11 (2) a) ii) VEP auf Artikel 133 (3) EPÜ ergibt sich, dass der Bewerber insoweit vom Ar beitgeber bevollmächtigt sein muss. Ohne eine solche Vollmacht kann näm lich ein Angestellter nicht für seinen Arbeitgeber vor dem EPA auftreten.

Unstreitig wurde eine auf den Beschwerdeführer lautende Vollmacht der Lurgi GmbH indessen erst am 15. Dezember 2008 beim EPA eingereicht. Vor diesem Tag konnte der Beschwerdeführer schon aus rechtlichen Grün den nicht für seinen Arbeitgeber vor dem EPA auftreten.

Damit ist die vor diesem Zeitpunkt liegende Beschäftigungszeit des Be schwerdeführers nicht nach Artikel 11 (2) a) ii) VEP berücksichtigungsfä hig.

2.2.5 Aus dem oben dargelegten Zweck von Art. 11 (2) a) ii) VEP folgt zudem, dass eine Beschäftigung nur dann berücksichtigungsfähig ist, wenn und so weit der Bewerber tatsächlich in einer Vielzahl von patentrechtlichen Vorgängen mitwirkte. Das Vorliegen eines bloßen Arbeitsverhältnis ses ohne eine entsprechende patent rechtliche Tätigkeit genügt nicht für die Anerkennung einer Beschäfti gung im Sinne der genannten Vorschrift.

Nach den vom Beschwerdeführer insoweit nicht substantiiert bestrittenen Feststellun gen des Prüfungssekretariats war er jedoch erst seit November 2009 zu nächst für die Lurgi GmbH und danach für die Air Liquide Forschung und Ent wicklung GmbH an europäischen Patentverfahren mit eigener Unterschriftsleistung beteiligt. Hierbei handelte es sich um vier europäische Patent anmeldungen und eine Einspruchserwiderung, die das Prüfungssekre tariat auch anerkannt hat.

Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdebegründung darüber hinaus zwei weitere europäi sche Patentanmeldungen nannte, in denen Antworten auf einen Be scheid im Prüfungsverfahren von der Geschäftsführung unterzeichnet wor den waren, hat er sich in seiner letzten Eingabe hierauf nicht mehr berufen und diese nicht einmal mehr erwähnt, so dass sie unberücksichtigt bleiben. Ohne hin wäre eine Beteiligung des Beschwerdeführers an diesen Vor gängen der Geschäftsführung nicht erkennbar.

Folglich hat der Beschwerdeführer lediglich für einen Zeitraum ab Novem ber 2009 eine im Sinne von Art. 11 (2) a) ii) VEP relevante Tätig keit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses nachweisen können.

2.2.6 Soweit der Beschwerdeführer schließlich eine Berücksichtigung seiner Beteiligung an deutschen und internationalen Patentverfahren be gehrte, kann er sich zwar auf die Vorschrift von Art. 11 (4) VEP beru fen. Eine solche Berücksichtigung ist indes nicht gleichbedeutend mit der Aner kennung einer solchen Tätigkeit im Sinne von Art. 11 (2) a) ii) VEP, denn nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der letztgenannten Bestim mung muss gerade die Mitwirkung an einer Vielzahl von Tätigkeiten im Zu sammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten nachgewiesen werden. Dies ist nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten dann nicht der Fall, wenn die Haupttätigkeit auf dem Gebiet nationaler oder internationaler Patentan meldungen und Patente liegt (D 6/10 vom 17. Januar 2011, Nr. 3.3 der Entscheidungsgründe).

Ausweislich der vom Beschwerdeführer selbst eingereichten Auflistung von Patentverfahren, an denen er mitgewirkt haben will, lag der Schwer punkt seiner Tätigkeit offenbar eher bei deutschen und internationalen als bei europäischen Patentverfahren; der Mitwirkung an fünf europäischen Ver fahren steht seine Beteiligung an 22 deutschen und neun internationalen Verfahren gegenüber.

2.2.7 Soweit der Beschwerdeführer daneben eine Gleichbehandlung mit einem seiner Arbeitskollegen begehrte, steht diesem Begehren sowohl die grundsätzliche Unvergleichbarkeit von individuellen Handlungen als auch die fehlende Substantiierung entgegen.

Der Beschwerdeführer hat nämlich lediglich behauptet, dass das Prüfungssek retariat im Falle seines Arbeitskollegen dessen während sei ner Anstellung beim selben Arbeitgeber durchgeführten Handlungen als sol che im Sinne von Artikel 133 (3) EPÜ und Artikel 11 (2) a) ii) VEP aner kannt haben soll. Um welche Art von Handlungen über welchen Zeit raum und in welchem Verhältnis zu Tätigkeiten in nationalen und internationalen Patentverfahren es sich dabei gehandelt haben soll, wurde weder vorgetragen noch ist es der Beschwerdekammer in Disziplinar angelegenheiten bekannt.

2.3 Mithin vermag die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten nicht zu erkennen, dass das Prüfungssekretariat bei der Entscheidung über die Art und Dauer der nach Artikel 11 (2) a) ii) VEP anrechenbaren Tätig keiten im konkreten Einzelfall des Beschwerdeführers das ihm oblie gende pflichtgemäße Ermessen überschritten hätte. Vielmehr hat es die nach dieser Bestimmung relevante Beschäftigungszeit des Beschwerdefüh rers, in der er an einer Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammen hang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten beteiligt war, zutreffend mit dem Beginn nicht vor November 2009 berechnet sowie festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht das erfor derliche Minimum von drei Jahren zum Zeitpunkt der Prüfung für die EEP 2012 erreicht hat, wohl aber die Voraussetzungen für die Vorprü fung gemäß Artikel 11 (7) in Verbindung mit (2) a) ii) VEP erfüllt.

2.4 Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten kann somit in der angefochtenen Entscheidung des Prüfungssekretariats keine Verletzung der einschlägigen Vorschriften feststellen.

2.5 Da der Beschwerde der Erfolg versagt bleibt, ist für die vom Beschwerde führer beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Artikel 24 (4) Satz 3 VEP ebenfalls kein Raum.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdege bühr werden zurückgewiesen.

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