D 0001/10 () of 12.2.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:D000110.20100212
Datum der Entscheidung: 12 Februar 2010
Aktenzeichen: D 0001/10
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Prüfungssekretariats für die europäische Eignungsprüfung vom 27. Januar 2010, mit der die Anmeldung des Bewerbers (Beschwerdeführers) für die europäische Eignungsprüfung 2010 zurückgewiesen wurde.

II. Diese Entscheidung erfolgte auf Grund der Tatsache, dass der Bewerber, der ein Praktikum gemäß Artikel 11(2)a)i) VEP absolvierte, dem Prüfungssekretariat am 25. Januar 2010 mitteilte, er sei seit dem 31. Dezember 2009 nicht mehr in der ursprünglichen Ausbildungskanzlei tätig, sondern habe ab 1. Januar 2010 seine Tätigkeit in einer andern Kanzlei fortgesetzt. Er wies außerdem darauf hin, dass es durch diesen Wechsel zu keiner Unterbrechung seiner Tätigkeit gekommen sei. Ferner erkundigte er sich nach den Unterlagen, die von ihm benötigt würden, damit er an der EQE 2010 teilnehmen könne.

III. Das Prüfungssekretariat begründete seine Entscheidung damit, dass der Bewerber zufolge des Wechsels des Arbeitgebers die Voraussetzungen des 3-jährigen Praktikums nach Artikel 11(2)a) VEP nicht mehr erfülle, da nach Regel 15(2) der Ausführungsbestimmungen zu den VEP (ABVEP) dafür nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die über einen Zeitraum von nicht weniger als drei Monaten ausgeübt wurden. Sollte der Bewerber eine zusätzliche Bescheinigung über seine Ausbildung nach dem Wechsel des Arbeitgebers einreichen, könnte diese frühestens ab dem 1. Januar 2010 gelten. Bis zum Prüfungstermin vom 2. März 2010 wären dies noch maximal zwei Monate und 1 Tag. Dieser Zeitraum könne aber gemäß Regel 15(2) ABVEP nicht als Ausbildung im Sinne des Artikels 11(2)a) VEP anerkannt werden. Da somit die Zulassungsbedingungen nicht mehr erfüllt seien, verliere das vorläufige Zulassungsschreiben seine Gültigkeit.

IV. In seiner Beschwerde, die mit der Entrichtung der Beschwerdegebühr am 3. Februar 2010 als eingelegt gilt, macht der Bewerber geltend, er habe seine Praktikumstätigkeit gemäß der Variante von Artikel 11(2)a)i) VEP zu keinem Zeitpunkt unterbrochen, sondern diese ohne zeitliche Unterbrechung am 1. Januar 2010 bei einem anderen zugelassenen Vertreter fortgeführt. Somit werde er bis zum Prüfungstermin das verlangte dreijährige Praktikum erfüllt haben. Dagegen finde auf ihn weder Artikel 11(3) VEP, noch die dazu gehörige Ausführungsbestimmung von Regel 15(2) ABVEP Anwendung. Der Anwendungsbereich von Artikel 11(3) VEP und damit auch von Regel 15(2) ABVEP beschränke sich auf Fälle, in denen ein Bewerber die Ausbildungsvarianten von Artikel 11(2)a)i) und 11(2)a)ii) VEP kombiniere oder die Praktikumstätigkeit zeitlich unterbreche. Beides treffe auf ihn nicht zu, da er sein Praktikum ohne zeitliche Unterbrechung und ausschließlich gemäß der ersten Ausbildungsvariante absolviert habe und absolviere.

V. Mit Schreiben der Kammer vom 4. Februar 2010 wurde der Präsidentin des Europäischen Patentamts sowie dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (EPI) gemäß Artikel 24(4) VEP 2008 in Verbindung mit Artikel 12, Satz 2 VDV Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Präsidentin des Europäischen Patentamts hat der Kammer mit Schreiben vom 9. Februar 2010 mitgeteilt, dass zu diesem Fall keine Stellungnahme abgegeben werde. Dasselbe gilt gemäß telephonischer Mitteilung vom 10. Februar für den Präsidenten des EPI.

VI. Der Beschwerdeführer beantragt die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung 2010 und die Erstattung der Kosten der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

Zur Zulässigkeit der Beschwerde

1. Die vorliegende Beschwerde entspricht den Bestimmungen von Artikel 24(2) VEP und ist somit zulässig.

Zur Begründetheit der Beschwerde

2. Die Entscheidung des Prüfungssekretariats beruht auf den Bestimmungen von Artikel 11(2)a) VEP und Regel 15(2) ABVEP, welche beide die Art und Dauer der für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung erforderlichen Praktika betreffen. Regel 15(2) ABVEP ihrerseits bezieht sich auf Artikel 11(3) VEP. Die beiden letztgenannten Bestimmungen wurden im Rahmen der Änderung der VEP 2008 neu eingeführt.

3. Artikel 11(2)a) VEP verlangt als Voraussetzung für die Zulassung zur Europäischen Eignungsprüfung, dass die Bewerber ein mindestens dreijähriges Praktikum auf Vollzeitbasis absolviert haben. Dafür bestehen nach den Absätzen i) und ii) zwei Alternativen. Gemäß Alternative i) können Bewerber das Praktikum "unter Leitung einer oder mehrerer Personen, die in der Liste der beim EPA zugelassenen Vertreter (...) eingetragen sind" ableisten. Gemäß Alternative ii) haben sie nachzuweisen, dass sie "als Angestellte einer natürlichen oder juristischen Person (...) beschäftigt waren und für ihren Arbeitgeber vor dem EPA gemäß Artikel 133(3) EPÜ gehandelt haben".

4. Artikel 11(3) VEP, Satz 1, bezieht sich auf die oben dargestellte Regelung in Artikel 11(2)a) VEP und lautet wie folgt: "Die in Absatz 2 Buchstabe a genannten Tätigkeiten können bei der Ermittlung der Gesamtbeschäftigungszeit auf Vollzeitbasis zusammengerechnet werden". Im Hinblick auf die vorliegende Beschwerde stellt sich die Frage, wie diese Bestimmung und die darauf bezogene Regel 15(2) ABVEP nach ihrem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang und im Lichte ihres Zieles und Zwecks auszulegen sind.

4.1 Beide in Artikel 11(2)a) VEP definierten Alternativen i) und ii) verlangen, dass die Bewerber während der dreijährigen Ausbildungszeit "an einer Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und Patenten beteiligt waren". Diese "Vielzahl von Tätigkeiten" werden innerhalb jeder der beiden Ausbildungsalternativen als Einheit verstanden und brauchen bei der Ermittlung der Beschäftigungszeit nicht einzeln ausgewiesen zu werden. Insofern besteht, abgesehen von der hier nicht interessierenden Teilzeitproblematik, zunächst kein erkennbarer Regelungsbedarf durch Artikel 11(3) VEP.

4.2 Die Bestimmung von Artikel 11(3) VEP, Satz 1, bekommt jedoch dann einen sinnvollen Regelungsgehalt, wenn sie sich auf die Möglichkeit bezieht, die beiden Praktikumsalternativen i) und ii) zu kombinieren. Es wird Bewerbern damit unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich gestattet, ihr dreijähriges Praktikum ohne zeitlichen Nachteil teilweise nach Alternative i) und teilweise nach Alternative ii) abzuleisten.

4.3 Die näheren Voraussetzungen dafür ergeben sich aus Regel 15(2) ABVEP. Danach kommen "für die Zwecke des Artikels 11(3) VEP (...) nur Tätigkeiten in Betracht, die über einen Zeitraum von nicht weniger als drei Monaten (...) ausgeübt wurden". Da der Anwendungsbereich von Regel 15(2) ABVEP ausdrücklich auf die Zwecke des Artikels 11(3) VEP beschränkt ist, richtet er sich auf den Fall der Kombination der Praktikumsalternativen i) und ii), die somit bei der Ermittlung der Beschäftigungszeit nur zusammengerechnet werden können, sofern sie über einen Zeitraum von nicht weniger als drei Monaten ausgeübt wurden.

4.4 Diese auch vom Beschwerdeführer vertretene Lesart steht im Einklang mit dem Wortlaut und der Systematik der genannten Bestimmungen, die im Jahr 2009 in Kraft traten. Eine solche Auslegung macht im Hinblick auf eine fundierte Vorbereitung auf die Eignungsprüfung auch durchaus Sinn. Andererseits sieht die Kammer in den vorliegenden Bestimmungen keine Grundlage für eine Auslegung, wonach Regel 15(2) ABVEP generell eine Mindestdauer der Betreuungsverhältnisse während der Praktika festlegt. Dies auch deshalb, weil nach Artikel 11(2)a)i) VEP die Ausbildung im Rahmen des Praktikums unter der Leitung eines "oder mehrerer" zugelassener Vertreter stattfinden kann und zwar ohne zeitliche Mindestdauer. Weder Artikel 11(3) VEP, Satz 1, noch Regel 15(2) ABVEP befassen sich mit der Dauer der Betreuungsverhältnisse der Bewerber während der Praktikumszeit. Auch die Bekanntmachung der europäischen Eignungsprüfung 2010 (ABl. EPA 2009, 347) enthält keinen Hinweis auf eine entsprechende Auslegung von Regel 15(2) ABVEP, sondern beschränkt sich in Ziffer 3.1.b) auf eine wörtliche Wiedergabe dieser Bestimmung.

4.5 Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass die bestehende Regelung keine ausreichende Grundlage für die in der angefochtenen Entscheidung vertretene Auslegung von Regel 15(2) ABVEP bildet.

5. Aus diesen Gründen wird der Beschwerde stattgegeben.

Rückzahlung der Beschwerdegebühr

6. Wird der Beschwerde stattgegeben, so ordnet die Beschwerdekammer nach Artikel 24(4) VEP, letzter Satz, an, dass die Beschwerdegebühr ganz oder teilweise zurückgezahlt wird, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dieser Fall liegt hier vor. Es ist dem Beschwerdeführer zuzubilligen, dass er bei der Entscheidung, sein Praktikum ab dem 1. Januar 2010 bei einem anderen zugelassenen Vertreter fortzusetzen, nicht mit der vom Prüfungssekretariat auf Regel 15(2) ABVEP gestützten Entscheidung rechnete. Dies auch deshalb, weil es sich um eine neue Bestimmung handelt, die zum ersten Mal auf Bewerber für die Eignungsprüfung des Jahres 2010 Anwendung findet und zu der keine offiziellen Hinweise auf die vom Prüfungssekretariat vertretene Auslegung bestanden. Über die Beschwerdegebühr hinaus sehen die VEP keine Erstattung der Kosten der Beschwerde vor.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Beschwerdeführer ist zu der Eignungsprüfung zuzulassen unter der Voraussetzung, dass er eine zusätzliche Bescheinigung über seine Ausbildung ab dem 1. Januar 2010 einreicht.

3. Die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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