D 0010/08 () of 15.1.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:D001008.20090115
Datum der Entscheidung: 15 Januar 2009
Aktenzeichen: D 0010/08
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Prüfungssekretariats vom 13. August 2008, mit der die Anmeldung des Beschwerdeführers für die europäische Eignungsprüfung 2009 zurückgewiesen wurde. Mit Brief vom 12. September 2008 hat der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und damit seine Zustimmung zu der Abbuchung der Beschwerdegebühr von seiner genannten Kreditkarte gegeben. Am 6. Oktober 2008 wurde die Beschwerdegebühr abgebucht und am 31. Oktober 2008 auf dem Konto des EPA verbucht. Mit Schreiben vom 9. Oktober hat der Beschwerdeführer seine Beschwerdebegründung eingereicht. Am 10. November 2008 hat die Prüfungskommission gemäß Artikel 27 (3), Satz 2 VEP die Beschwerde und die Anmeldeakte der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vorgelegt mit dem Hinweis, dass das Prüfungssekretariat beschlossen hat, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II. Mit Schreiben der Kammer vom 13. November 2008 wurde der Präsidentin des Europäischen Patentamts sowie dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter gemäß Artikel 27 (4) VEP in Verbindung mit Artikel 12, Satz 2 VDV Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats gegeben. Keiner von ihnen hat sich sachlich zur Beschwerde geäußert.

III. Das Prüfungssekretariat hat die Anmeldung des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen zurückgewiesen. Gemäß Artikel 10 (1) VEP werden Bewerber zur Prüfung zugelassen, die ein natur- oder ingenieurwissenschaftliches Hochschuldiplom oder gleichwertige natur- oder ingenieurwissenschaftliche Kenntnisse nachweisen und die Voraussetzungen nach Artikel 10 (2) VEP erfüllen. Das von dem Beschwerdeführer absolvierte Studium mit dem Abschluss "Diplom-Wirtschaftsingenieur" in der Studienrichtung Maschinenbau der Technischen Universität Braunschweig ist ein interdisziplinärer Studiengang mit einer Regelstudienzeit von zehn Semestern. Aus den von dem Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen hat das Prüfungssekretariat entnommen, dass der technische Anteil seines Studiums insgesamt bei 65% und des Hauptstudiums nur bei 57% liegt. Damit genügt der Abschluss des Beschwerdeführers nicht den Anforderungen von Artikel 2 der Anweisungen betreffend die für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung erforderlichen Qualifikationen ("Anweisungen"). Entsprechend Artikel 4 der Anweisungen gilt sein Abschluss daher als Befähigungsnachweis nach Artikel 3 (a) der Anweisungen. Für eine Zulassung zur Prüfung müssen somit ebenfalls die Bedingungen von Artikel 3 (b) der Anweisungen erfüllt sein, das heißt drei zusätzliche Jahre Erfahrung gemäß Artikel 10 (2) (a) VEP oder auf einem anderen einschlägigen Gebiet. Zum Zeitpunkt der Prüfung 2009 beträgt die anrechenbare Ausbildungszeit des Beschwerdeführers insgesamt drei Jahre. Somit fehlen noch mindestens drei Jahre.

IV. Zur Begründung trägt der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes vor.

Sein Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen dauerte zehn Semester, das heißt fünf Jahre, und weise insgesamt 214 Semesterwochenstunden ("SWS") auf. Die im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen gelehrten technischen Fächer wurden gleichzeitig auch von Studenten des "reinen" Ingenieurstudiengangs belegt. Die Studenten der beiden Studiengänge legten in diesen Fächern identische Prüfungen ab.

Die Studiendauer von den nach Artikel 2 der Anweisungen ebenfalls zugelassenen Qualifikationen betrage in einigen Vertragsstaaten nur vier Jahre.

Der Beschwerdeführer verwies auf einen Bekannten, der den gleichen Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Braunschweig absolviert hatte. Dieser Studienfreund sei vom Prüfungssekretariat für die europäische Eignungsprüfung 2007 zugelassen worden. Somit sei in der Behandlung des Prüfungssekretariats eine ungerechtfertige Ungleichbehandlung zu sehen.

Der Studiengang schließe mit dem Titel "Ingenieur" ab. Der Deutsches Patent- und Markenamt ("DPMA") habe den Studienabschluss "Diplom-Wirtschaftsingenieur" als ausreichende technische Befähigung angesehen.

Weiterhin legte der Beschwerdeführer als Anlage seiner Beschwerdebegründung einen zusätzlich von ihm erbrachten Studienabschluss vor, nämlich einen an der Chalmers University of Technology in Göteborg, Schweden, abgelegten Abschluss. Dieser Abschluss habe den Titel "Master of Science in Engineering" und das Studium basiere auf Fächern, die das "Management of Transportation" behandelten. Im Fall D 8/04 hätte der Beschwerdeführer einen Master-Abschluss in Ingenieurwissenschaften und Management der Chalmers University of Technology besessen. Eine Zulassung nach Artikel 2 der Anweisungen müsste für den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall aufgrund seines ähnlichen Abschlusses (Masterabschluss) an der gleichen technischen Universität erfolgen.

V. Aus den mit der Anmeldung eingereichten Unterlagen ist erkennbar, dass der technische Inhalt des Studiums des Beschwerdeführers mit 140 SWS den überwiegenden Anteil bildete. Wie in der angefochtenen Entscheidung erklärt wurde, ist der Studiumsinhalt auf SWS 65% technisch (und deswegen 35% nicht-technisch) gewesen.

VI. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Anerkennung seines Falls als unter Artikel 2 der Anweisungen fallend, die Zulassung des Beschwerdeführers zur europäischen Eignungsprüfung 2009 und die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr. Hilfsweise beantragt der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung. In seiner Beschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer um alsbaldige Entscheidung und mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 um die Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens gebeten, um ihm ein Ablegen der Prüfung im März 2009 noch zu ermöglichen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig. Obwohl die Beschwerdegebühr im Konto des Amts verspätet angekommen ist, liegt die Schuld dafür keineswegs bei dem Beschwerdeführer, der fristgerecht der Abbuchung der Gebühr von seinem klar und schriftlich genannten Kreditkartenkonto zugestimmt hatte.

2. Im vorliegenden Fall handelt es um die Interpretation der Anweisungen betreffend die für Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung erforderlichen Qualifikationen ("Anweisungen" - ABl. EPA 2006, Beil. zu ABl. 12/2206, Seite 17). In der Entscheidung D 8/04 vom 23. August 2004 hat die Kammer diese Anweisungen als unklar und zweideutig bezeichnet (s. Entscheidungsgründe, Punkte 3 bis 14). Auch in späteren Entscheidungen hat die Kammer auf die schweren Interpretationsprobleme hingewiesen.

3. In D 18/04 vom 28. Januar 2005 hat sich die Kammer wie folgt geäußert (s. Entscheidungsgründe, Punkt 4.2):

"In its recent decision D 8/04 of 23 August 2004 the Disciplinary Board of Appeal has pointed to the inconsistencies in the examples contained in Articles 2 and 3 Instructions which would give the false impression that the examples contained in each Article respectively were comparable to each other, and to the difficulties to determine whether or not degrees not mentioned corresponded to those mentioned. This will not be repeated here."

4. In D 17/04 vom 11. Februar 2005 war die Kammer der Meinung (s. Entscheidungsgründe, Punkt 3):

"Based on the problems identified in decision D 8/04 with regard to Articles 2 to 4 of the Instructions concerning the qualifications required for enrolment for the European qualifying examination..., the Board is of the opinion that the law is not sufficiently precise and coherent to enable a fair comparison of educational qualifications for the purpose of establishing a candidate's right to sit the European qualifying examination."

5. Diese mangelnde Eignung der Anweisungen, den Vergleich verschiedener Qualifikationen zu erlauben, wird in Fällen wie den jetzigen und wie D 8/04 und D 18/04, die den interdisziplinären Studiengang eines Bewerbers betreffen, besonders problematisch. Solche Fälle sind nach Artikel 4 der Anweisungen zu behandeln, es sei aber unmöglich, diesem Artikel eine klare Bedeutung zu geben (s. D 8/04, Entscheidungsgründe, Punkt 14). Deswegen muss sowohl das Prüfungssekretariat als auch die Kammer versuchen, so gut wie möglich, das Niveau einer interdisziplinären Qualifikation eines Beschwerdeführers zu bewerten (ibid, Punkt 15) und dabei nicht nur den Titel sondern auch den Inhalt des Studiums zu berücksichtigen (s. D 17/04, Entscheidungsgründe, Punkt 8) und damit die ungleiche Behandlung von verschiedenen Fällen rechtfertigen (s. D 18/04, Entscheidungsgründe, Punkt 4.5).

6. Daher ist die Kammer der Meinung, dass die neu eingereichte Argumentation über den Abschluss der Chalmers University of Technology nicht bedeutend sei. Der Vergleich mit den Fakten vom Fall D 8/04 erscheint nur äußerlich vergleichbar zu sein; ein "Masters degree von Chalmers" betrifft nur den Titel und nicht den Inhalt des Studiums. Ähnlicherweise ist der Vergleich mit den vom DPMA anerkannten Studienabschlüsse zwar interessant aber nicht überzeugend.

7. Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass es auf Grund der unterliegenden Fakten keine Basis dafür gibt, den vorliegenden Fall anders als die Fälle D 8/04 und D 18/04 zu betrachten. Der Beschwerdeführer hat ein Studium von zehn Semestern, das heißt fünf Jahren, absolviert, wovon 65% technisch war. So hat er effektiv während mehr als drei Jahren Ingenieurwissenschaft studiert. Wenn er zum Beispiel an einer englischen Universität ein dreijähriges Ingenieurwissenschaftsstudium absolviert hätte, würde er einen "Bachelor with Honours degree" bekommen und dabei die Anforderungen von Artikel 2 der Anweisungen erfüllen. Außerdem ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer nach dem Abschluss seines Studiums als professioneller Ingenieur qualifiziert ist (s. D 8/04, Entscheidungsgründe, Punkt 15.3).

8. Diese Fakten waren für das Prüfungssekretariat aus der Akte klar zu erkennen und wurden sogar größtenteils vom Sekretariat in der angefochtenen Entscheidung wiederholt. Für die Kammer ist es kaum zu verstehen, dass das Prüfungssekretariat die Anmeldung des Beschwerdeführers zurückweisen könnte. Wenn es tatsächlich Unklarheiten über interdisziplinäre Qualifikationen geben würde, ist aus der ständigen Rechtsprechungen zu entnehmen (s. oben, Punkte 2 bis 5), dass die Anweisungen nicht genügen, solche Unklarheiten auszuräumen. Deswegen sollten in Grenzfälle Zulassungszweifel zugunsten der Bewerber entschieden werden.

9. Aus den angeführten Gründen ist die Kammer der Meinung, dass der Beschwerdeführer die Erfordernisse von Artikel 10 (1) VEP erfüllt hat.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Beschwerdeführer wird zur europäischen Eignungsprüfung 2009 zugelassen.

3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

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