D 0003/07 () of 26.10.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:D000307.20071026
Datum der Entscheidung: 26 October 2007
Aktenzeichen: D 0003/07
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
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Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung des Prüfungssekretariats vom 9. Mai 2007, mit welcher die Anmeldung des Beschwerdeführers zur europäischen Eignungsprüfung 2008 zurückgewiesen wurde. Die Begründung beschränkte sich im wesentlichen auf die Feststellung, sein Diplom einer Fachhochschule entspreche einem Abschluss gemäss Artikel 3 der Anweisungen betreffend die für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung erforderlichen Qualifikationen (Anweisungen), weshalb er eine zusätzliche Tätigkeit von 3 Jahren im Patentwesen oder einem einschlägigen Gebiet zu erbringen habe.

II. Die Beschwerde wurde am 11. Juni 2007 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr eingelegt und am 27. Juni 2007 schriftlich begründet. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung 2008.

III. In der Sache macht der Beschwerdeführer geltend, sein Diplom (FH) einer deutschen Fachhochschule im Studiengang 'Elektrotechnik und Informationstechnik' falle nicht unter Artikel 3, sondern unter Artikel 2 der Anweisungen. Da sein Praktikum zum Zeitpunkt der Prüfung mehr als 3 Jahre betrage, erfülle er die Zulassungsbedingungen nach Artikel 10 VEP für die europäische Eignungsprüfung 2008.

IV. Als Beleg hat der Beschwerdeführer unter anderem sein Diplomprüfungszeugnis eingereicht, das auf der ersten Seite den offiziellen Vermerk trägt: "Mit dem an der Fachhochschule verliehenen Diplomgrad wird ein Abschluss erworben, der im internationalen Vergleich dem vierjährigen "Bachelor Honours" entspricht". Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass sich dieser Vermerk auf Ziffer 3.4 des Beschlusses der deutschen Kultusministerkonferenz vom 5. März 1999 stützt (www.kmk.org/hschule/bsstrukt.htm), wonach das deutsche Diplom(FH) im internationalen Vergleich dem vierjährigen Bachelor honours entspricht. Im weiteren beruft sich der Beschwerdeführer auf Informationen aus dem Informationssystem zur Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise (www.ananbin.de), die eine Gleichwertigkeit von 4-jährigen "Bachelor with Honours" Abschlüssen britischer Hochschulen mit dem deutschen Diplomgrad(FH) belegen.

V. In einem Bescheid vom 24. September 2007 hat die Kammer die vorläufige Meinung geäussert, dass gemäss den Nachweisen des Beschwerdeführers das deutsche Diplom(FH) im internationalen Vergleich einem vierjährigen "Bachelor honours" entspreche, einem Abschluss also, der in Artikel 2 der Anweisungen aufgeführt sei. Die Kammer neige deshalb aus Gründen der Gleichbehandlung der Bewerber dazu, der Beschwerde stattzugeben.

VI. Die Kammer hat mit Schreiben vom 4. September 2007 dem Präsidenten des Rats des Instituts der zugelassenen Vertreter (epi) und der Präsidentin des Europäischen Patentamts gemäss Artikel 12 der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 hat die Präsidentin des Europäischen Patentamts der Kammer mitgeteilt, dass sie zum vorliegenden Fall keine Stellungnahme abgeben werde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Bestimmungen von Artikel 27(1) und (2) VEP und ist deshalb zulässig.

2. Die angefochtene Entscheidung stützt sich auf Artikel 3 der Anweisungen, wo unter dem Buchstaben a die Abschlüsse bzw. Diplome aufgeführt sind, welche gemäss dem Buchstaben b zusätzlich zum dreijährigen Praktikum den Nachweis von mindestens weiteren drei Jahren Erfahrung auf dem Gebiet des Patentwesens oder einem anderen einschlägigen Gebiet verlangen. Als ein solcher Abschluss ist u.a. das "Diplom einer Fachhochschule" erwähnt.

3. Artikel 2 der Anweisungen nennt andererseits unter den Abschlüssen, die nur ein dreijähriges Praktikum erfordern, den "Bachelor's degree with honours".

4. Im vorliegenden Fall geht es um die Einstufung eines 4-jährigen Studiengangs für Elektrotechnik und Informationstechnik an einer deutschen Fachhochschule, der mit einem Diplom (FH) abgeschlossen wird. Gemäss den vom Beschwerdeführer eingereichten Nachweisen, insbesondere dem Beschluss der deutschen Kultusministerkonferenz vom 5. März 1999 (Ziff. 3.4), entspricht dieses Diplom im internationalen Vergleich dem vierjährigen "Bachelor honours", was durch einen entsprechenden, offiziellen Vermerk auf dem Deckblatt der Diplomurkunde des Beschwerdeführers bekräftigt wird.

5. Es fragt sich somit, was aus dieser Gleichsetzung des deutschen Diploms(FH) mit dem vierjährigen "Bachelor honours" des angelsächsischen Bildungssystems durch die deutschen Behörden für die Anwendung der genannten Bestimmungen der Anweisungen auf den vorliegenden Fall zu schliessen ist.

6. Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die Europäische Patentorganisation als internationale Organisation über ein eigenständiges Rechtssystem verfügt. Rechtlich gesehen sind daher weder die Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten noch die von ihnen unterzeichneten internationalen Abkommen Teil dieses eigenständigen Rechtssystems (G 2/02, ABl. 2004, 483, Ziff. 8.3; D 19/04, Ziff. 5.2). Insofern kann der vom Beschwerdeführer zitierte Beschluss der deutschen Kultusministerkonferenz vom 5. März 1999 für das Prüfungssekretariat rechtlich nicht verbindlich sein.

7. Andererseits ist nach ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten in den Verfahren der europäischen Eignungsprüfung das Prinzip der Gleichbehandlung der Bewerber zu beachten. Es ist dann verletzt, wenn Bewerber, die sich in einer gleichen oder entsprechenden Lage befinden, in rechtlich relevanter Weise unterschiedlich behandelt werden (vgl. D 4/02, Ziff. 3.2). Diesem Prinzip haben auch die Zulassungsbedingungen zur Eignungsprüfung zu genügen.

8. Die Kammer hat in diesem Zusammenhang bereits früher auf Unstimmigkeiten in den Artikeln 2 und 3 der Anweisungen hingewiesen (vgl. z.B. D 8/04, Ziff. 4 ff.). Die in diesen Bestimmungen vorgenommene Zuordnung von Studienabschlüssen scheint der neueren Entwicklung in den europäischen Bildungssystemen, die sich zunehmend am sog. Bologna-Modell orientieren, kaum mehr gerecht zu werden. Ihre unkritische Anwendung kann zu widersprüchlichen Ergebnissen führen, was wiederum die Gleichbehandlung von Bewerbern mit inhaltlich vergleichbaren Ausbildungen in Frage stellt. Im vorliegenden Fall zeigt sich dies konkret daran, dass "Diplome von Fachhochschulen" in Artikel 3 der Anweisungen aufgeführt sind, während der - zumindest nach Auffassung der deutschen Behörden - im internationalen Vergleich entsprechende Abschluss "Bachelor's degree with honours" in Artikel 2 der Anweisungen erscheint. Die Rechtsfolgen dieser Zuordnung für die Bewerber sind erheblich (siehe Ziff. 2 und 3, oben).

9. Auch wenn die Kammer selbst nicht abschliessend beurteilt, inwieweit die - zumindest plausible - Auffassung der deutschen Behörden über die Gleichwertigkeit der genannten Abschlüsse sachlich zutrifft, kann eine solche Rechtsunsicherheit nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Vielmehr ist es am Prüfungssekretariat, Gründe dafür anzugeben, weshalb das deutsche Diplom(FH) entgegen der Auffassung der deutschen Behörden und der Angaben im Informationssystem "ananbin" (siehe oben Ziff. IV) nicht dem Abschluss "Bachelor honours" gleichgestellt werden kann und ein um drei Jahre verlängertes Praktikum rechtfertigt. Entsprechende Ausführungen fehlen aber in der angefochtenen Entscheidung. Ein rein formeller Hinweis auf die in sich widersprüchlichen Artikel 2 und 3 der Anweisungen reicht als Begründung nicht aus.

10. Bei dieser Sachlage erscheint es der Kammer gerechtfertigt, den Beschwerdeführer nicht schlechter zu stellen, als einen Bewerber mit einem Abschluss "Bachelor's degree with honours" gemäss Artikel 2 der Anweisungen. Deshalb wird der Beschwerde stattgegeben.

11. Da die Ursache der erfolgreichen Beschwerde nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten ist, entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr gemäss Artikel 27(4) letzter Satz VEP zurückzuzahlen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, den Beschwerdeführer zur europäischen Eignungsprüfung 2008 zuzulassen.

3. Die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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