D 0002/04 () of 7.9.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:D000204.20050907
Datum der Entscheidung: 07 September 2005
Aktenzeichen: D 0002/04
Anmeldenummer: -
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: -
Name des Einsprechenden: -
Kammer: DBA
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

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Angeführte Entscheidungen:
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Anführungen in anderen Entscheidungen:
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Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer hat die europäische Eignungsprüfung im Jahre 2002 erstmalig und vollständig abgelegt. Dabei wurden seine Prüfungsaufgaben A, B und C jeweils mit der Note "nicht bestanden" bewertet. Seine Prüfungsaufgabe D wurde mit der Note "Nichtbestehen mit Ausgleichsmöglichkeit" bewertet.

Im Jahre 2003 hat der Beschwerdeführer die Eignungsprüfung erstmalig und vollständig wiederholt.

Seine Leistungen sind mit den folgenden Noten bewertet worden:

A: 58 bestanden

B: 45 nicht bestanden

C: 45 nicht bestanden

D: 70,5 bestanden.

Mit Schreiben der Prüfungskommission vom 30. September 2003 wurde ihm mitgeteilt, daß er die Eignungsprüfung nicht bestanden hat.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2003 hat er, unter gleichzeitiger Zahlung der passenden Gebühr, gegen diese Entscheidung Beschwerde eingereicht. Die entsprechende Begründung wurde am 26. November 2003, d. h. rechtzeitig, eingereicht.

Der Beschwerdeführer beantragte:

- die Entscheidung der Prüfungskommission die europäische Eignungsprüfung 2003 als nicht bestanden zu werten, aufzuheben, die erste Wiederholung der vollständigen Prüfung als erstmaliges Ablegen im Sinne von Artikel 17 (1) VEP gelten zu lassen, die Sache an die Prüfungskommission zurückzuverweisen mit der Auflage, die Prüfungsaufgaben B und C mit der Note "Nichtbestehen mit Ausgleichsmöglichkeit" zu bewerten und die europäische Eignungsprüfung 2003 gemäß Artikel 17 (1) i. V. m. Regeln 4 (4) und 5 AusführungsB als bestanden zu erklären.

II. Zur Begründung seiner Beschwerde hat er folgendes schriftlich vorgebracht.

Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bewerber:

- Dieses Prinzip ist höherrangiges Recht, das die Vorschriften des EPÜ sowie die VEP und deren Ausführungsbestimmungen (AusführungsB) dominiert.

- Die Anwendung dieses Prinzips verlangt, daß alle Bewerber, die alle vier Prüfungsaufgaben an dem gleichen Prüfungstermin und somit unter den gleichen Prüfungsbedingungen ablegen, gleich behandelt werden. Dies bedeutet, daß nicht einzelne Bewerber von der Ausgleichsmöglichkeit gemäß den Regeln 4 (4) und 5 AusführungsB ausgeschlossen werden dürfen.

Da in seinem Fall die erste Wiederholung der vollständigen Prüfung nicht als erstmaliges Ablegen gewertet wurde, wurde er bei der Bewertung seiner Prüfungsarbeiten schlechter gestellt:

1. gegenüber Bewerbern die im Jahre 2003 zum ersten Mal an allen Prüfungsaufgaben teilgenommen haben, und dieselben Punktzahlen wie er erzielt haben;

2. gegenüber Bewerbern die bei erster Teilnahme die Prüfung in zwei Modulen ablegten und sich dafür entschieden haben, die ganze Prüfung erstmalig und vollständig zu wiederholen;

3. gegenüber Bewerbern die zum Ablegen einer Teilprüfung im Jahre 1993 berechtigt waren oder die Prüfung 1993 nicht bestanden hatten und die Prüfung 2003 erstmalig und vollständig wiederholt haben.

III. In einem Bescheid vom 6. Mai 2005 wurde ihm mitgeteilt, daß die Kammer nicht beabsichtige, von ihrer ständigen Rechtsprechung abzuweichen.

Insbesondere wurde in der Mitteilung auf folgendes hingewiesen:

- Das Gleichbehandlungsprinzip kann nur verletzt werden, wenn Bewerber, die sich in einer gleichen Lage befinden, unterschiedlich behandelt werden, d. h. es gilt: "gleich in der Gleichheit".

- Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Regeln 4 (4) und 5 der AusführungsB, unterschiedliche Gruppen von Bewerbern, nämlich Erstableger und Wiederholer vorgesehen und die Prüfungsbedingungen entsprechend differenziert.

- Diese Maßnahme stellt "per se" keine Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips dar.

- Der Beschwerdeführer kann daher nicht behaupten, der gleichen Gruppe anzugehören, wie Bewerber, deren erste Wiederholung als erstmaliges Ablegen im Sinne von Artikel 17 (1) VEP i. V. m. Regeln 4 (4) und 5 gilt.

IV. Eine nicht-öffentliche mündliche Verhandlung fand am 7. September 2005 statt.

Der Beschwerdeführer hat seine ursprünglichen Anträge wie folgt präzisiert:

1) Hauptantrag:

- die Entscheidung der Prüfungskommission, die europäische Eignungsprüfung 2003 als nicht bestanden zu werten, aufzuheben,

- die erste Wiederholung der vollständigen Prüfung gemäß Absatz 2, Seite 314 der Bekanntmachung der europäischen Eignungsprüfung 2003 (ABl. 6/2002, 311ff) als erstmaliges Ablegen im Sinne von Artikel 17 (1) VEP gelten zu lassen,

- die Prüfungsaufgaben B und C mit der Note "Nichtbestehen mit Ausgleichsmöglichkeit" zu bewerten,

- und die europäische Eignungsprüfung 2003 gemäß Artikel 17 (1) VEP in Verbindung mit den Regeln 4 (4) und 5 der AusführungsB als bestanden zu erklären.

2) Hilfsantrag:

- die Entscheidung der Prüfungskommission, die europäische Eignungsprüfung 2003 als nicht bestanden zu werten, aufzuheben,

- die erste Wiederholung der vollständigen Prüfung gemäß Absatz 2, Seite 314 der Bekanntmachung der europäischen Eignungsprüfung 2003 (ABl. 6/2002, 311ff) als erstmaliges Ablegen im Sinne von Artikel 17 (1) VEP gelten zu lassen,

- die Sache an die Prüfungskommission zurückzuverweisen mit der Auflage, die Prüfungsaufgaben B und C mit der Note "Nichtbestehen mit Ausgleichsmöglichkeit" zu bewerten und

- die europäische Eignungsprüfung 2003 gemäß Artikel 17 (1) VEP in Verbindung mit den Regeln 4 (4) und 5 der AusführungsB als bestanden zu erklären.

(...)

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Haupt- bzw. Hilfsantrag ist nicht gewährbar.

2.1 Die Beschwerdekammer vermag die Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung in der europäischen Eignungsprüfung nicht nachzuvollziehen, und schon gar nicht, daß sich daraus direkt das Bestehen der Prüfung ableite.

2.1.1 De Jure

Gemäß Artikel 17 und Artikel 18 der für die Prüfung 2003 geltenden Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP):

- hat, einerseits, ein Bewerber die Prüfung bestanden, wenn er für jede Prüfungsaufgabe eine ausreichende Bewertung erzielt oder wenn er bei erstmaliger Ablegung der Prüfung die nach den Ausführungsbestimmungen erforderlichen Mindestnoten erreicht;

- darf, andererseits, ein Bewerber, der die Prüfung nicht besteht, nur die ungenügende Arbeit bzw. die ungenügenden Arbeiten wiederholen.

Die derzeit geltende Fassung der Ausführungsbestimmungen zu den Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung sieht folgendes vor:

1) Regel 4 (4) AusführungsB

Erhält ein Bewerber, der erstmals an der Prüfung teilnimmt, für eine Arbeit mindestens 45, aber weniger als 50 Punkte, so kann er zur Ausübung der Tätigkeit eines zugelassenen Vertreters für geeignet befunden werden, wenn er die in Regel 5 festgelegten Bedingungen erfüllt. Eine solche Arbeit ist mit der Note "Nichtbestehen mit Ausgleichsmöglichkeit" zu bewerten. Hat der Bewerber jedoch die Prüfung bei erstmaliger Ablegung nicht gemäß Regel 5 bestanden, so muß er die Arbeit wiederholen.

2) Regel 5 AusführungsB

Ein Bewerber, der erstmals an der Prüfung teilnimmt, hat die Prüfung nur bestanden, wenn er die folgenden Bedingungen sämtlich erfüllt:

1) Er hat für keine der Prüfungsaufgaben die Note "Nicht bestanden" erhalten.

2) Er hat für die vier Prüfungsaufgaben zusammen mindestens 200 Punkte erhalten und damit die für das Bestehen der Prüfung nötige Mindestpunktzahl erreicht.

3) Er hat für mindestens zwei Arbeiten die Note "Bestanden" erhalten.

3) Regel 7 AusführungsB

Ein Bewerber, der die Prüfung bei erstmaliger Ablegung gemäß den Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung vom 9. Dezember 1993 nicht besteht, darf bei einem späteren Prüfungstermin nur eine oder mehrere der nicht bestandenen Arbeiten wiederholen.

4) Regel 8 AusführungsB

Artikel 18 VEP findet auf Bewerber Anwendung, die die Prüfung beim Prüfungstermin 1994 und bei späteren Terminen nicht bestehen.

Bewerber, die zum Ablegen einer Teilprüfung im Jahr 1993 berechtigt waren oder die Prüfung 1993 nicht bestanden haben, können bei ihrem ersten Wiederholungsversuch wählen, ob sie Artikel 18 VEP in Anspruch nehmen oder die Prüfung vollständig wiederholen wollen; auf die vollständige Wiederholung ist die Regel 5 anzuwenden.

Artikel 18 VEP gilt nicht für Bewerber, die die Prüfung im Jahre 1992 oder in den vorangegangenen Jahren nicht bestanden haben und nicht zur Ablegung einer Teilprüfung im Jahr 1993 berechtigt waren. Diese Bewerber müssen die Prüfung vollständig wiederholen; auf diese vollständige Wiederholung ist Regel 5 anzuwenden.

Vorschriften, die untereinander in Zusammenhang stehen, müssen so ausgelegt werden, daß sie nicht bedeutungslos werden.

Die Absätze (1) und (2), in fine, der Regel 8 AusführungsB stellen zugunsten der Bewerber, die die Prüfung im Jahre 1993 oder in den vorangegangenen Jahren nicht bzw. nur teilweise bestanden hatten, eine Ausnahme dar, nämlich die abschließende Möglichkeit einer vollständigen Wiederholung, die als erstmalige Ablegung der Prüfung gelten soll. Diese Ausnahme bildet Teil von Übergangsbestimmungen im Hinblick darauf, daß im Jahr 1994 eine neue Regelung in Kraft trat, die wesentliche Änderungen in der Bewertung der Prüfungsarbeiten einführte, und daß eine Benachteiligung der Kandidaten in der Übergangszeit vermieden werden sollte.

Als Ausnahmebestimmung muß sie folglich einschränkend ausgelegt werden.

2.1.2 De facto

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im März 2002 erstmalig eine vollständig abgelegte Prüfung nicht bestanden. Da er für keine seiner damaligen Arbeiten eine ausreichende Bewertung erzielte, hat er sich im Jahre 2003 für eine vollständige Wiederholung entschieden.

Durch die Bewertung seiner Arbeiten wurde aber das Prinzip der Gleichbehandlung nicht verletzt. Dies wäre nur der Fall, wenn Bewerber, die die Prüfung 1993 oder früher abgelegt haben, zu Unrecht besser behandelt wurden, als diejenigen die, wie der Beschwerdeführer, bei einer erstmaligen vollständigen Wiederholung dieselben Noten bekommen haben.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann nur dann verletzt sein, wenn Bewerber, die sich in einer gleichen gesetzlichen Lage befinden, unterschiedlich behandelt werden; d. h. es gilt der Grundsatz:

"Gleiches ist gleich zu behandeln, Ungleiches ungleich."

Eine derartige Ungleichbehandlung im Rechtssinn liegt bei der zu beurteilenden Beschwerde nicht vor, indem der Beschwerdeführer nicht in der gleichen gesetzlichen Lage war wie Bewerber, die im Jahre 1993 oder vorher die Prüfung schon abgelegt hatten und die somit wohlerworbene Rechte in Anspruch nehmen konnten, da unter der alten Regelung von 1991 eine Ausgleichsmöglichkeit auch bei Wiederholung der Eignungsprüfung vorgesehen war (siehe ABl. EPA, 1991, Seiten 79 bis 89).

2.2 Auch durfte der Beschwerdeführer die Bekanntmachung der europäischen Eignungsprüfung 2003 (ABl. EPA, 6/2002, Seiten 313 in fine und 314), wonach die erste Wiederholung einer vollständigen Prüfung nach Inkrafttreten der VEP in der Fassung vom 9. Dezember 1993 als erstmaliges Ablegen im "Sinne von Artikel 17 (1)" gilt, nicht so verstehen, daß dieser Hinweis für alle "erstmaligen vollständigen" Wiederholer gelten würde.

Liest man diesen Hinweis in seinem Kontext, so kann er sich in logischer Übereinstimmung mit den oben zitierten Vorschriften (Artikel 17 (1), 18 VEP i. V. m. Regeln 5 und 8 AusführungsB), nur auf Bewerber beziehen, die die Prüfung im Jahre 1993 bzw. in den vorgegangenen Jahren abgelegt und nicht bzw. nicht vollkommen bestanden hatten.

Demzufolge war die obengenannte Bekanntmachung nicht irreführend, und daher ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht verletzt worden.

2.2.1 Daher wird die Beschwerde zurückgewiesen.

(...)

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

(...)

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