European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:D000300.20020503 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 Mai 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | D 0003/00 | ||||||||
Anmeldenummer: | - | ||||||||
IPC-Klasse: | - | ||||||||
Verfahrenssprache: | EN | ||||||||
Verteilung: | A | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | - | ||||||||
Name des Anmelders: | - | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | DBA | ||||||||
Leitsatz: | Bei der sachlichen Bewertung seiner Prüfungsarbeit hat ein Bewerber nicht per se für jede Antwort auf eine Teilfrage oder ein Teilelement einer Prüfungsaufgabe Anspruch auf die höchste von einem der Prüfer vergebene Punktezahl, wenn die beiden Ausschußmitglieder (Prüfer), die die Arbeit nach Artikel 8 b) VEP bewertet haben, in ihrer Bewertung einer solchen Teilfrage oder eines solchen Teilelements voneinander abweichen (Nr. 3 der Entscheidungsgründe). | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | europäische Eignungsprüfung Wert der Arbeit eines Bewerbers nicht per se höchste Punktezahl bei den Teilnoten |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Prüfungskommission vom 22. September 1999, daß der Beschwerdeführer die europäische Eignungsprüfung ("EEP") vom 24. bis 26. März 1999 nicht bestanden habe. Bei dieser Prüfung hatte der Beschwerdeführer die Aufgaben C und D wiederholt. In Aufgabe C erhielt er 46 Punkte und in Aufgabe D 48,5 Punkte für seine Leistung.
II. Mit einem am 26. November 1999 eingegangenen Schreiben legte der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung der Prüfungskommission Beschwerde wegen der Vergabe der Punkte für die Aufgabe D ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 23. Dezember 1999 eingereicht.
III. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2001 teilte die Kammer dem Beschwerdeführer ihre vorläufige Meinung mit, wonach die von ihm angeführten Gründe für die Forderung nach einer höheren Punktezahl für seine Aufgabe D ihrer Art nach nicht Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle durch die Kammer sein könnten.
IV. Der Beschwerdeführer antwortete nicht auf diese Mitteilung. Der Geschäftsstellenbeamte der Kammer erhielt in einem Telefongespräch die Auskunft, der Beschwerdeführer sei nicht mehr an der Beschwerde interessiert. Der Geschäftsstellenbeamte wies darauf hin, daß die Beschwerdegebühr erstattet werden könne, wenn die Beschwerde zurückgenommen werde. Der Beschwerdeführer meldete sich allerdings nicht mehr.
V. Der Beschwerdeführer beantragt, daß die Entscheidung, für die Aufgabe D 48,5 Punkte zu vergeben, revidiert wird und gemäß Regel 4 (2) der Ausführungsbestimmungen zu den VEP 50 oder mehr Punkte für diese Aufgabe vergeben werden.
Zur Begründung seines Antrags geht der Beschwerdeführer Punkt für Punkt auf seine Antworten zu den Fragen in Aufgabe D, Teile I und II, ein und zieht den Schluß, daß er für jede dieser Antworten mehr Punkte als die tatsächlich vergebenen und für die meisten seiner Antworten zumindest die höchste Punktezahl hätte erhalten müssen, die von einem der beiden Prüfer, die seine Aufgabe korrigiert hätten, vergeben worden sei.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten hat in ihrer Rechtsprechung immer wieder festgestellt, daß sich ihre Zuständigkeit in Fragen der EEP darauf beschränkt zu ermitteln, ob die Prüfungskommission die VEP oder eine bei ihrer Durchführung anzuwendende Bestimmung verletzt hat. Dies ergibt sich aus Artikel 27 (1) VEP, der folgendermaßen lautet: "Gegen die Entscheidungen der Kommission und des Sekretariats kann nur wegen Verletzung dieser Vorschriften oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmung Beschwerde erhoben werden."
Somit kann die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten Entscheidungen der Prüfungskommission nur darauf überprüfen, ob nicht die VEP, die bei ihrer Durchführung anzuwendenden Bestimmungen oder höherrangiges Recht verletzt sind. Es ist nicht Aufgabe der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten, das Prüfungsverfahren sachlich zu überprüfen, und sie ist auch nicht zuständig für Ansprüche auf eine andere Bewertung der Aufgaben, sofern nicht schwerwiegende und so eindeutige Fehler vorliegen, daß sie ohne Wiedereröffnung des gesamten Bewertungsverfahrens festgestellt werden können (s. beispielsweise D 1/92, ABl. EPA 1993, 357, Nrn. 3 bis 5 der Entscheidungsgründe und D 6/92, ABl. EPA 1993, 361, Nrn. 5 und 6 der Entscheidungsgründe). Meinungsverschiedenheiten über die Zahl der für eine bestimmte Antwort zu vergebenden Punkte spiegeln dagegen Werturteile wider, die grundsätzlich gerichtlicher Kontrolle entzogen sind (s. o. D 1/92, Nr. 4).
2. Die vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall angeführten Gründe bieten keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Bewertung der Antworten des Beschwerdeführers auf die Fragen in Aufgabe D von einem Fehler eines der beiden oder beider Prüfer beeinflußt worden wäre. Die Beschwerdebegründung zeigt lediglich, daß der Beschwerdeführer den Wert seiner Antworten anders einschätzt als die Prüfer und daß er die Ansicht vertritt, für seine Antworten hätten ihm mehr Punkte zugestanden als die von den Prüfern tatsächlich vergebenen.
Die Punkte, die die beiden Prüfer (Ausschußmitglieder) des Prüfungsausschusses III für die Antworten des Beschwerdeführers auf die einzelnen Teilfragen der Aufgabe D gemäß dem vom Prüfungsausschuß III festgelegten Bewertungsschema vergeben haben, unterscheiden sich nur in Nuancen, in denen zum Ausdruck kommt, daß die Ergebnisse von Werturteilen zweier Personen, so objektiv diese Personen auch sein mögen, kaum in allen Aspekten identisch sein können. Die Unterschiede bei der Bewertung mancher Antworten des Beschwerdeführers auf Fragen in der Aufgabe D lassen daher nicht auf einen Irrtum oder Fehler eines der Prüfer schließen. Gleiches gilt für die Gesamtzahl der Punkte, die die beiden Prüfer für die Leistung des Beschwerdeführers in der Aufgabe D vergeben haben, nämlich 48 bzw. 49 Punkte. Beide Ergebnisse zeigen, daß beide Prüfer der Meinung waren, die Leistung des Bewerbers in Aufgabe D rechtfertige keine Punktezahl, die für ein "Bestanden" ausreichend wäre - nämlich mindestens 50 Punkte gemäß Regel 4 (2) der Ausführungsbestimmungen zu den VEP in der für die europäische Eignungsprüfung von 1999 geltenden Fassung (ABl. EPA 1998, 364).
3. Da der Beschwerdeführer weder bewiesen noch geltend gemacht hat, daß die Bewertungsergebnisse eines der Prüfer auf einen Irrtum oder Fehler zurückzuführen sind, kann die Kammer die Forderung des Beschwerdeführers, er hätte für jede Teilantwort zu Aufgabe D immer zumindest die jeweils höchste von einem der Prüfer vergebene Punktezahl erhalten müssen, nicht überprüfen.
Sollte der Beschwerdeführer damit gemeint haben, daß ein Bewerber per se für jede Antwort auf eine Teilfrage oder ein Teilelement einer Prüfungsaufgabe immer Anspruch auf die höchste von einem der Prüfer vergebene Punktezahl hat, wenn die beiden Ausschußmitglieder (Prüfer), die die Arbeit nach Artikel 8 b) VEP bewertet haben, in ihrer Bewertung einer solchen Teilfrage oder eines solchen Teilelements voneinander abweichen, so sieht die Kammer für diese Meinung keine Rechtsgrundlage.
Was die sachliche Bewertung der Prüfungsarbeit eines Bewerbers betrifft, so obliegt es gemäß Artikel 8 b) VEP jedem der Prüfer (Ausschußmitglieder), die Arbeit als ganzes zu bewerten, d. h. sie zu analysieren und sachlich zu beurteilen und dann die Gesamtzahl der Punkte anzugeben, die für die Leistung des Bewerbers vergeben werden sollte. Auf dieser Grundlage legt der Prüfungsausschuß die Punkte fest und übermittelt der Prüfungskommission nach Artikel 8 c) VEP seinen Notenvorschlag für die Leistung des Bewerbers.
Die Gesamtzahl der Punkte, die ein Prüfer für die Gesamtleistung des Bewerbers in einer Prüfungsaufgabe vergeben hat, ergibt sich zwar aus der Bewertung der einzelnen Teile der Arbeit gemäß der Untergliederung in Teilantworten und der Zahl der Höchstpunkte, die für jede einzelne im Bewertungsschema festgelegt worden ist, zugleich hat aber jeder Prüfer letztlich die Gesamtleistung des Bewerbers in der Aufgabe zu beurteilen und zu einer Schlußfolgerung zu gelangen. Die Bewertung einer Prüfungsarbeit und die Beurteilung der Leistung des Bewerbers ist für jeden der Prüfer ein in sich geschlossener Prozeß und ist getrennt von der Bewertung des anderen Prüfers zu sehen. Daher kann das Urteil eines Prüfers über einen Teil der Antworten des Bewerbers nicht aus dem Zusammenhang - nämlich dem Werturteil dieses Prüfers über die Antworten des Bewerbers insgesamt - gerissen werden und mit der Bewertung eines anderen Teils der Antworten des Bewerbers durch einen anderen Prüfer kombiniert werden.
Der vorliegende Fall zeigt dies deutlich. Beide Prüfer kamen gleichermaßen und unabhängig voneinander mit einer fast identischen Gesamtpunktezahl und ohne Fehler oder Irrtum (s. o. Nr. 2) zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer keine Punktezahl verdient habe, die für ein "Bestanden" ausreicht. Nach Meinung der Kammer würde dieses einheitliche Ergebnis der beiden Prüfer bei der Bewertung der Leistung des Beschwerdeführers verzerrt, wenn jeweils die besten Punktezahlen für die einzelnen Teilantworten aus der Bewertung eines Prüfers herausgegriffen und mit den jeweils besten Punktezahlen des anderen Prüfers kombiniert würden, um zu einer besseren Gesamtnote als der vom Prüfungsausschuß vorgeschlagenen und von der Prüfungskommission festgelegten zu gelangen.
4. Daher ist die Beschwerde auf der Grundlage der der Kammer vorliegenden Beschwerdebegründung zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.